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Hilferuf aus dem Pflegeheim

Gewinnerbeitrag Radio Mainwelle: Hilferuf Pflegeheim

Aktuelle Berichterstattung: Kuschka, Grützner

Moderation: Schönen guten Morgen! Zwölf Minuten nach sieben, hier ist die Mainwelle.  Seit Wochen sind wir jetzt im Lockdown. Und wir reden über alle, aber nie reden wir über unsere alten Menschen, die gerade ganz besonders unter dieser Isolation durch den Lockdown leiden. Auch hier im Mühlhofer-Stift in Bayreuth ist das so. Dort hat er Kollege Christian Höreth mit einer Bewohnerin, einer Angehörigen und mit einer Pflegerin gesprochen. Stimmen, die ans Herz gehen.

Beitrag

Hildegard Zack: Ich find’s halt sehr schrecklich, dass die Leute jetzt keinen Kontakt mit ihren Angehörigen haben. Und ich seh’s ja auch jeden Tag, wenn ich hier bin. Die Leute werden einsam.

Christian Höreth: Darunter leidet auch Herzensmensch Hildegard Zack, die Hilde, Betreuungsassistentin im Mühlhofer-Stift, wie alle ihre Kollegen. Und die Hilde sagt: „Alle versuchen ja hier das Beste aus der Situation zu machen. Aber wenn sich nicht bald was ändert, dann gehen unsere alten Menschen kaputt“.

Hildegard Zack: Sie bauen ab, sie weinen viel. Ich denke sie gehen in die Einsamkeit und viele denke ich jetzt mal, ich sag’s jetzt einfach wie ich’s denke, viele werden auch daran sterben, an der Einsamkeit.

Christian Höreth: Es fehlen: die Nähe, die Umarmungen. Und dann sind da auch noch diese Masken.

Hildegard Zack: Generell sehe ich auch wie entsetzt die Leute sind, wenn ich auf sie zukomme mit meiner Maske. Was ich dann mach‘, den Abstand einhalten, die Maske runter tun und sagen: „Gell, jetzt kennst mich“. Und dann sehe ich, dass sie doch lächeln und sie wissen wer dann hinter der Maske steckt.

Christian Höreth: Und dennoch wird die Verzweiflung bei den Bewohnern immer größer, auch bei der 85-jährigen Dora Tröger. Es geht ihr…

Dora Tröger: (mit Akzent) …schlecht. Sag ich zu meiner Tochter immer. Sag ich, Liane, ihr wisst es gar nicht wie das ist. Wenn man den ganzen Tag [?] und dann den ganzen Tag im Zimmer.

Christian Höreth: Dora ist den Tränen nahe. Ihr fehlt die Hoffnung, dass es bald wieder besser wird.

Dora Tröger: (mit Akzent) Ja, wie lang werden wir’s noch aushalten. Ich krieg keine Besuche, man fühlt sich wie in einem Gefängnis. Na, so ist das doch. Das macht uns kaputt.

Christian Höreth: Genau so geht es Elisabeth Büring. Sie wird bald 100. Ihre Tochter Christa könnte heulen. Als die Tochter die Mutter nach sechs Wochen Besuchsverbot das erste Mal wieder sieht ist sie geschockt.

Christa Büring: Also mir geht’s im Augenblick sehr schlecht, weil ich seit der Schließung, also Mitte März, zum ersten Mal meine Mutter heute‘ gesehen habe. Und es ist ein massiver Abbau, körperlich und geistig, der mich wirklich schockiert.

Christian Höreth: Sie darf die Mutter an diesem Tag nur über den Zaun sehen, aus vier Metern Entfernung.

Christa Büring: Es ist für alte Menschen wichtig, dass jemand sie in den Arm nimmt. Sie brauchen die körperliche Berührung. Also auch beim Sprechen und Hören. Und von daher ist das richtig grausam, was im Augenblick mit ihnen passiert.

Christian Höreth: Natürlich weiß auch Christa, dass diese Maßnahmen die alten Menschen besonders schützen sollen, aber…

Christa Büring: Was mich wirklich stört und was ich ganz stark kritisiere, dass ist das im Augenblick im Bereich der Alten- und Pflegeheime meiner Meinung nach an gar keinen Konzepten gearbeitet wird. Es heißt immer auch die Seele des Menschen ist wichtig, deswegen werden jetzt offensichtlich demnächst Kirchen geöffnet. Da gibt’s Konzepte, die Leute sitzen weiter getrennt voneinander, aber sie dürfen wieder in die Kirche gehen und Gottesdienst abhalten, weil es für die Seele wichtig ist. Kein Mensch hat mir bisher irgendwas erzählt von einem Konzept für ein Altersheim, dass man an die Seele der alten Menschen denkt. Und dass kann ich beim besten Willen nicht verstehen. Das macht mich auch zornig.

Christian Höreth: Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber da läuft einem ja das Herz aus. Immerhin: Markus Söder hat die Lage in den Alten- und Pflegeheimen nun zum ersten Mal thematisiert. Da muss sich jetzt was tun, schnell.