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Abschiebedrama um Familie Mbaeri

Das Martyrium der Familie Mbaeri beginnt im April 2021. Zu diesem Zeitpunkt lebt die Familie seit mittlerweile über acht Jahren in Haibach. 2018 war das Ehepaar aus Angst vor Verfolgung aus der Ukraine an den Untermain geflüchtet.

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O-Ton 1: Die Angst rührt daher, dass sie eben farbige Kinder haben und dass die Mutter eben einen farbigen Mann hat und bereits aus der Ukraine geflüchtet sind, aufgrund dessen, dass sie dort geschlagen ist. Selbst im schwangeren Zustand ist ihr damals in den Bauch geschlagen worden.

Die Familie hat sich über die Jahre voll integriert. Die Eltern haben Jobs, die Kinder sind hier geboren, alle gehen hier zur Schule – alles läuft gut. Doch dann erhält die Familie plötzlich ein Schreiben, dass ihre Duldung in Deutschland aufgehoben wurde. Die Abschiebung in die Ukraine droht. Für Mutter Irina ein Schock.

O-Ton 2: Ich bin Angst. Ich bin tödlich Angst. Ich kann seit Wochen nicht schlafen. Es ist angstliche Leben jetzt bei uns. Wir haben Angst, dass wir abgeschoben nach Ukraine würden von unserer Familie. Mein Sohn ist 12, Tochter acht Jahre und Kleiner ist drei.

In und um Haibach entbrennt daraufhin eine Welle der Hilfsbereitschaft. Vor allem die Mitschüler des ältesten Sohns Justin organisieren mehrere Aktionen, um auf das Schicksal der Familie aufmerksam zu machen.

O-Ton 3: Zuerst waren sie geschockt, weil ich hab denen alles verheimlicht. Aber dann haben sie es erfahren und wollten mir alle helfen und wollten alle, dass ich hier bleibe.

O-Ton 4: Er ist sehr nett. Ich hab ihn auch noch nie blöde Sachen machen sehen oder gehört. Ich fänds echt toll, wenn er bleiben darf.

O-Ton 5: Wir wollen, dass Justin und seine Familie bleibt.

O-Ton 6: Ich freu mich sehr, dass sie hinter mir stehen. Mein großer Wunsch ist hierzubleiben, wie die anderen zu leben und normal zu leben, zum Beispiel, dass mein Papa arbeitet, meine Mama auch.

Doch die Hoffnungen auf ein mögliches Happy End zerplatzen in der Nacht auf den 31. November 2021. Mitten in der Nacht steht plötzlich die Polizei vor dem Haus der Mbaieris und bringt die Familie von jetzt auf gleich nach München zur Abschiebung. Alles was bleibt, ist eine Sprachnachricht.

O-Ton 7: Ich bin jetzt aufgewacht und die Polizei ist jetzt hier, ich wird jetzt abgeschoben, tschüss. Sagt allen goodbye und hey Leute, ich wird euch nie wiedersehen. Leider kann ich auch nichts mehr dagegen machen. Jetzt ist es endgültig. Polizei steht vor der Tür und jetzt haben wir Stress. Das war wohl mein letzter Schultag für das ganze Schuljahr. Ich möchte euch noch alle bedanken, hab euch lieb. Hoffentlich seh ich euch alle mal wieder.

Und was muss in einem Jungen vorgehen, der eine solche Sprachnachricht, mitten in der Nacht, in die Klassengruppe abschickt. Wir sind dabei, telefonieren und recherchieren und werden sie hier bei Radio Primavera natürlich auf dem Laufenden halten. Wir haben auch mit dem Bürgermeister schon gesprochen, Andreas Zenglein. Alles dazu in den Nachrichten um halb und nachzulesen auf primavera24.de.

Haibachs Bürgermeister Andreas Zenglein setzt daraufhin alle Hebel in Bewegung und wendet sich direkt an das bayerische Innenministerium.

O-Ton 8: Ich habe einen kleinen Funken Hoffnung und warte sehnsüchtig, eigentlich zu jedem Zeitpunkt, auf das Telefonat aus München und frage, ob man möglicherweise die Familie doch nochmal aus dem Flugzeug nehmen kann oder nicht ins Flugzeug steckt.

Alle Versuche sind jedoch vergebens. Lange Zeit war jetzt nicht klar, wo die Familie ist. Man wusste gar nichts, vielleicht ist sie noch in München, vielleicht schon in der Ukraine, vielleicht im Flieger, vielleicht auch nicht. Jetzt gibt’s Neuigkeiten. Haibachs Bürgermeister Andreas Zenglein.

O-Ton 9: Ja, der aktuelle Stand ist ein nicht schöner. Die Familie Mbaeri ist bereits in der Ukraine, seit früh um 10:25 Uhr, in die Maschine gesetzt worden, in München und nach Kiew geflogen worden. Da sind sie mittlerweile. Im Moment ist da leider nichts mehr zu machen. Wir versuchen jetzt möglicherweise irgendwo mal eine Rückführung nach Deutschland wieder zu organisieren. Das heißt aber jetzt erst einmal, es ist jetzt eine Wiedereinreisesperre von drei Jahren. Die ist wirklich tatsächlich da. Die ist auch unumgänglich, aufgrund der Rechtslage.

Was für eine tragische Geschichte heute aus Haibach. Wir bleiben da natürlich weiter für sie dran. Da wird das letzte Wort sicher noch nicht gesprochen sein, mit dem Ziel natürlich, der Familie zu helfen. Wir halten sie auf dem Laufenden.

Doch auch nach der Abschiebung reißt die Unterstützung nicht ab. Bürgermeister Andreas Zeglein hat aber noch nicht aufgegeben.

O-Ton 10: Ja natürlich bin ich persönlich, aber auch die ganze Gemeinde ist im Moment so ein bisschen in Aufruhr. Ich selbst hab jetzt zwei Mails geschrieben: Eine an die ukrainische Botschaft, eine an den Bürgermeister von Kiew. Das ist ja uns ein Bekannter, zumindest den Sportlern Bekannter, der Vitali Klitschko. Ich weiß nicht, ob das funktioniert, aber ich wollte es nicht unversucht lassen.

Bürgermeister Andreas Zenglein gelingt es schließlich, Plätze für die Kinder an einer deutschen Schule in Kiew zu finden. Aber die Familie kann die jährlichen Schulkosten nicht stemmen. Genau deswegen haben wir gesagt: Wir werden helfen. Zusammen mit Allemania Haibach und uns, dem Funkhaus Aschaffenburg, sammelt die Gemeinde Spenden, damit die Kinder in der Ukraine auf eine deutsche Schule gehen können. Die kostet die Familie allerdings jährlich 22.000 Euro und das Geld hat die Familie natürlich nicht. Die ganze bewegende Geschichte und natürlich auch alle Daten zum Spenden, gibt´s auf Primavera24.de Auf unserer Homepage können sie übrigens auch zusätzlich an einer Versteigerung teilnehmen, zu Gunsten der Familie. Bürgermeister Zenglein versteigert nämlich sein eigenes, heißgeliebtes Originaltrikot der deutschen Fußballnationalmannschaft vom WM-Finale 2014 in Rio de Janeiro mit allen Unterschriften der Spieler drauf. Also, geben sie ihr Gebot ab, machen sie mit und tun sie gutes mit Radio Primavera. Schönen Guten Morgen.

Insgesamt kommen über 15.000 Euro zusammen – die Freude ist groß, bis zum 24. Februar.

Die schlimmen Nachrichten aus der Ukraine reißen leider nicht ab. Immer wieder gibt´s Meldungen über neue Explosionen, neue Angriffe und neue Tote. Die Lage im Land ist sehr sehr unübersichtlich. Und die große Frage, die wir uns natürlich stellen: Wie geht´s der Familie Mbaeri, über die wir ja schon des Öfteren berichtet hatten? Zuletzt waren wir, in den letzten Wochen gerade dabei, Spenden zu sammeln, um den Kindern in der Ukraine eine Schule bezahlen zu können, eine deutsche Schule, denn die Familie ist ja aus Haibach abgeschoben worden, vor noch nicht allzu langer Zeit und findet sich jetzt mitten im Krieg wieder. Wir haben mit Haibachs Bürgermeister Andreas Zenglein über den aktuellen Stand der Dinge gesprochen.

O-Ton 11: Seine letzte Mail dann hat mich schon ein kleines bisschen erschüttert: Bitte helfen Sie uns, wir haben Angst. Wir suchen irgendwelche Chancen, zur Grenze nach Polen zu kommen, um dort Schutz zu erfahren. Und daraufhin hab ich ihm geschrieben: Hallo Justin – das hab ich tatsächlich gemacht. Ich habe die deutsche Botschaft angeschrieben und warte auf eine Antwort. Passt bitte auf euch auf und macht nichts überstürzt.

Danach kam allerdings vom Sohn der Familie, von Justin, bis jetzt noch keine weitere Antwort. Wir bleiben da natürlich dran, drücken die Daumen und hoffen, dass die Familie da irgendwie rauskommt. Die Familie begibt sich alleine auf eine schier nicht enden wollende Flucht von Kiew zurück nach Deutschland. Der Kontakt nach Haibach bleibt lange abgerissen. Am 28. Februar dann die erlösende Nachricht.

Die Odyssee der Mbaeris aus Haibach, sie steht kurz vorm Ende. Aus dem Bombenhagel von Kiew geflüchtet, sind die Eltern und ihre drei Kinder wieder zurück in Deutschland. Markus Giesbert aus der Primavera Nachrichtenredaktion, was ist denn so der aktuelle letzte Stand?

Ja, Haibachs Bürgermeister Andreas Zenglein, der hat mir gerade erzählt, dass die Familie in der Früh in Hof angekommen ist. Dort haben sie Freunde und da ruhen sie sich erstmals aus, sagt Zenglein. Die sind völlig fertig. Wir haben die traumatische Flucht der Mbaeris aus Kiew ja die letzten Tage verfolgt. Am Wochenende hatten sie es dann endlich bis an die ukrainisch-polnische Grenze und dann ist es ihnen irgendwie gelungen, rüberzukommen. Dabei haben sie aber wohl ihr ganzes Hab und Gut zurücklassen müssen und sie besitzen wohl derzeit nur das, was sie am Leib tragen. Zenglein hat jetzt schon eine Wohnung für die Mbaeris organisiert. Er will sie morgen abholen und sucht aktuell dafür auch noch einen Kleinbus. Alle sind fix und fertig nach diesem Kraftakt, aber auch irgendwie auch froh, dass alles nochmal gut gegangen ist.

Wir sind ihr Radio von hier, Radio Primavera. Meine Heimat, meine Hits.