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Nachwuchs verzweifelt gesucht...
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Nachwuchs verzweifelt gesucht...

Der Fachkräftemangel ist auch in der bayerischen Medienbranche zu spüren. Vor allem die Branchen Audio/Radio und Extended Reality (XR) haben viele offene Stellen und brauchen lange, um sie zu besetzen, wie eine aktuelle Studie zeigt. Was Medien tun (sollten), um die Generation Z für einen Job zu begeistern.

Text Bernd Oswald

Die Zeiten, in denen es im Trend lag, beruflich „was mit Medien“ machen zu wollen, scheinen vorbei zu sein. Der Fachkräftemangel ist auch in der Medienbranche zu spüren. Das zeigt auch die Studie „Fachkräfte für die Medien – was braucht die Branche?“ vom mmb Institut. Im Auftrag von Start Into Media, der Ausbildungsinitiative der Medien.Bayern GmbH, einer Tochter der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), wurde die Bedarfsstudie im Herbst 2022 auf den Medientagen München präsentiert.

„War for Talents“ um IT- und Data-Fachkräfte

Im Schnitt hat die bayerische Medienbranche demnach 5,5 Prozent offene Stellen. Das ist eine deutlich höhere Quote als auf dem gesamten deutschen Arbeitsmarkt, wo im 2. Quartal 2022 „nur“ 4,09 Prozent der Stellen vakant waren.

Besonders stark ist der Fachkräftemangel in den Bereichen Audio und Radio sowie Extended Reality zu spüren, gefolgt von Marketing, PR und Werbung. In diesen drei Teilbranchen gibt es eine hohe Zahl an offenen Stellen. Zugleich dauert es relativ lange Zeit, diese Stellen zu besetzen.

Außerdem hat die gesamte Medienbranche in Bayern große Schwierigkeiten, IT- und Data-Fachkräfte zu bekommen. Speziell in diesen Bereichen befinden sich Medienunternehmen nach Ansicht der Studienautoren in einem „War for Talents“ mit anderen Branchen.

Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen aus fast allen Teilbranchen vermissen bei den jungen Fachkräften, die neu in den Markt kommen, analytische und strategische Grundkompetenzen wie wirtschaftliches Denken, Zielgruppenorientierung und Trendbeo­bachtung.  

Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel

Um den Fachkräftemangel zu beheben oder zumindest zu mildern, werden in der Studie folgende Maßnahmen empfohlen:

  1. Aus- und Weiterbildung verbessern, z.B. wirtschaftliches Denken, Trendbeobachtung und Zielgruppenorientierung stärker vermitteln.
  2. Fachkräfte selbst aus- und weiterbilden: z.B. weitere Kompetenzen in der Personalentwicklung aufbauen.
  3. Kooperationen zwischen Ausbildungsinstitutionen und Medien­unternehmen forcieren: etwa durch gemeinsame Entwicklung von Bildungsangeboten wie dem Bachelor-Studiengang „Produktionsmanagement Film und TV“ an der Hochschule Ansbach.
  4. Attraktive Arbeitsbedingungen schaffen: sowohl zeitlich durch flexiblere Arbeitszeitmodelle als auch finanziell durch attraktive Entlohnungs- und Beteiligungsmodelle.

Auch Lina Timm, Geschäftsführerin der Medien.Bayern GmbH, betont, wie wichtig attraktive Arbeitsbedingungen sind: „Die Medienunternehmen müssen im Kampf um gute Bewerber und Bewerberinnen dringend mit der Zeit gehen. In einem Markt, in dem sich die Nachwuchs-Kräfte ihren Arbeitgeber aussuchen können, verliert derjenige, der keine flexiblen Arbeitszeitmodelle und eine attraktive Entlohnung anbietet.“

Recruiting über persönliche Kontakte

Und wie sieht das die Praxis? Torsten Mieke, Geschäftsführer von Radio 8 in Ansbach, versucht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglichst langfristig zu halten, um Personalmangel gar nicht erst entstehen zu lassen: „Soweit es außerhalb der Schichtdienste in Moderation und Redaktion möglich ist, bieten wir flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit mobilen Arbeitens an.“ Das Recruiting für die Redaktion funktioniere am besten über persönliche Kontakte, z.B. zu den Studiengängen Multimedia/Kommunikation und Ressortjournalismus an der Hochschule Ansbach.

Zudem bietet Radio 8 regelmäßig Praktika an, „um aus Praktikanten ggf. Volontäre zu machen“, sagt Mieke. Um die Volontäre bei der Stange zu halten, ist Mieke zufolge eine adäquate Bezahlung „unabdingbar“. Radio 8 zahlt seinen Volos Mindestlohn, was 2076 Euro im Monat entspricht – mehr als manch anderer Radiosender. Um speziell die Generation Z für einen Job im Radio zu gewinnen, ist es Mieke zufolge wichtig „Begeisterung für unser Medium zu vermitteln und die vielen Möglichkeiten aufzuzeigen, schnell etwas bewegen zu können“.

Die Generation Z braucht kreative Freiräume

Auch Marcel Tuljus, Geschäftsführer bei der Digitalagentur Konsole Labs, beobachtet bei der jungen Generation einen ausgeprägten Gestaltungswillen: „Die Generation Z braucht kreative Freiräume, will sich auch mal Zeit nehmen, um eine neue Idee auszuprobieren.“ So wie im vergangenen Jahr, als Volontäre des Münchner Ausbildungskanals M94,5 eine neue App für den Sender entwickelten,  gecoacht von Tuljus: „Ich habe eigentlich nur die richtigen Fragen gestellt, die Antworten hat sich das Team selbst erarbeitet.“

Warum haben Medien, speziell aus der Audiobranche, Probleme, Nachwuchs zu finden? Das liege auch daran, dass sich das Produkt Radio nicht so sehr verändert habe wie der Zeitgeist, so Tuljus. „Den jungen Leuten sind Themen wie Klima, Rassismus, Gleichstellung wichtig. Wenn man als Medienhaus solche Themen behandelt und Haltung bewahrt, dann wird man auch als Arbeitgeber attraktiver. Sie wollen keinen „Dudelfunk“ betreiben“, sagt Tuljus. Als Positivbeispiele nennt er Hörfunksender wie EgoFM oder Radio Gong 96,3 in München, die 2022 beide den Deutschen Radiopreis für besonders gelungene Sendungen oder Aktionen bekommen haben.


Illustration: rosepistola.de

Bild Bernd Oswald
Bernd Oswald ist freier Journalist für Themen an den Schnittstellen von Medien, Technologie und Politik, unter anderem im Netzwelt-Ressort von BR24. Für Start Into Media betreute er die Studie „Fachkräfte für die Medien – was braucht die Branche“.
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