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Wie Diversität nach innen und außen gelebt werden kann
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Wie Diversität nach innen und außen gelebt werden kann

Vielfalt bzw. Diversität ist ein Thema, das angesichts der gesellschaftlichen Debatten über Rassismus, Gleich­berechtigung und Inklusion gerade für die Medienbranche an Relevanz gewonnen hat. Doch was bedeutet der Begriff im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsstrategien überhaupt? Damit können mediale Rollenbilder und die Art der aktuellen Berichterstattung genauso wie divers besetzte Redaktionen gemeint sein.

Text Bettina Pregel

Für Susanne Aigner, Geschäftsführerin Discovery GSA & BNLX, zeigt sich Diversity „in der Verwirklichung von Gleichberechtigung, Inklusion und gegenseitigem Respekt.“ Discovery, so Aigner im Interview mit dem Blog der Medientage München, glaube, dass die innovativsten Ideen und Lösungen aus einem möglichst breiten Spektrum an Gedanken und Perspektiven kommen. „Dem wollen wir Raum geben: sowohl in den Strukturen, in den Zusammensetzungen der Teams, als auch in unserer Haltung nach außen sowie unserem Storytelling, den Inhalten und der Machart vieler unserer Sendungen“, betont die Chefin des international tätigen Medienkonzerns, der Diversity als Unternehmensziel verankert hat.  

Unterschiedliche Lebenswirklichkeiten

Mit Hilfe des Programms Mosaic sollen die Themen Diversity, Equity und Inclusion in der täglichen Arbeit vorangetrieben und umgesetzt werden: durch Initiativen wie  Respekt & Integrität, Rekrutierung und Karriereentwicklung oder Content Diversity. Die Discovery-Geschäftsführerin ist auch Beirätin in der Initiative „Beyond Gender Agenda“, die sich für Chancengleichheit von Führungskräften – unabhängig von Geschlecht, Alter, kultureller und sozialer Herkunft – einsetzt und langfristig einen Kulturwandel herbeiführen will, der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft einbindet.

Vermutlich funktioniert das nur Schritt für Schritt. So warb die Redakteurin Hadija Haruna-Oelker vom Hessischen Rundfunk beim „MTMdigitalk“ Mitte 2020 für ein größeres „intersektionales Verständnis“ in Medienhäusern, um in den Redaktionen und beim journalistischen Output „verschiedene Lebenswirklichkeiten zu verschränken“ und viele Minderheiten angemessen zu Wort kommen zu lassen. Diese unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten können Alter und Geschlecht, Religion und Ethnie, kulturelle und soziale Herkunft sowie die sexuelle Orientierung betreffen, sind sich entsprechende Initiativen und Netzwerke einig.

Warum tragen die Medien eine besondere Verantwortung?

Vielfalt nicht nur als imageträchtiges Unternehmensthema zu propagieren, sondern auch zu leben, erfordert also einige Anstrengungen von Medienunternehmen. Warum gerade diese Branche eine besondere Verantwortung für das Thema hat, begründet Susanne Aigner im MTM-Blog so: „Medienunternehmen setzen sich von anderen Branchen dadurch ab, dass sie mit ihren „Produkten“ – Artikel, Radio-, Fernsehbeiträge – für andere Menschen Informationen auswählen, Denkanstöße liefern und Meinungen prägen, etwa, indem sie Geschlechter-Rollen zementieren oder eben hinterfragen. Medien müssen daher eine Vorbild- und Vorreiterfunktion übernehmen, denn sie haben in punkto Reichweite und Meinungsbildung die stärksten Hebel (…). Doch je gleichförmiger und homogener Redaktionsteams gestaltet sind, desto schwerer dürfte es fallen, bei dieser Arbeit vielfältige Perspektiven und Themen der Gesellschaft vorurteilsfrei aufzugreifen.“

Doch führt der Weg zu mehr Vielfalt auf der Arbeitsebene auch zu mehr Geschäftserfolg? Durchaus, zeigt die im Mai 2020 veröffentlichte Studie „Diversity Wins – How Inclusion Matters“ von McKinsey. Die Unternehmensberatung hat 1.000 Unternehmen in 15 Ländern befragt. Das Ergebnis: je diverser, desto erfolgreicher. Die Wahrscheinlichkeit überdurchschnittlich profitabel zu sein, liege bei Unternehmen mit hoher Gender-Diversität um 25% höher. Beim Faktor der ethnischen Diversität erhöhe sich dieser Wert sogar auf 36 Prozent. Kein Wunder also, dass Fabian Tobias, Geschäftsführer des Produktionshauses Endemol Shine Germany, betont: „Es gibt gerade zwei sehr präsente Themen, in denen wir als Unternehmen und als Branche gefordert sind: Klimawandel und Diversität. Am erfolgreichsten können wir mit diesen Fragen umgehen, wenn wir das im Schulterschluss tun.“ (MTM-Blog vom 10. August 2021).  

Bündnis „Vielfalt für Medien“

Diesen Schulterschluss haben Anfang 2021 die Medienhäuser ARD, ZDF, Deutsche Welle, Deutschlandradio, die Mediengruppe RTL und ProSiebenSat.1 Media SE gesucht und auf Initiative der Bremischen Landesmedienanstalt das Bündnis „Vielfalt für Medien“ gegründet. Es soll den Austausch über Diversität nach innen und außen fördern. Für Medien bedeute das klare Bekenntnis zu Vielfalt in der Branche „Verantwortung und Chance zugleich“, betonen die Medienanstalten in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Die Medienhäuser selbst sehen im Einsatz für mehr Diversität Kooperationsmöglichkeiten mit den Medienanstalten. So nennt Annette Kümmel, die bei ProSieben.Sat1 Media SE die Nachhaltigkeit managt, z.B. die Punkte „Meinungsvielfalt und Demokratieförderung, den Kampf gegen Hass und Hetze sowie Desinformation und Verschwörungsmythen, aber auch alle Themen rund um Antidiskriminierung. Auch im Bereich der Medienpädagogik und damit Bildung machen Kooperationen Sinn.“ (vgl. Interview S. 22-24)

Die Medienvielfalt und damit auch die Meinungsfreiheit zu sichern, ist eine ureigene Aufgabe der Medienanstalten. Demokratie braucht den offenen Diskurs. Einen Diskurs, der sich übrigens nicht nur in den Informationsangeboten, sondern auch im Entertainment-Bereich widerspiegeln sollte. Denn gerade in der Unterhaltung dauert es lange, bis sich Rollenbilder verändern. Man denke nur an TV-Formate wie den „Bachelor“ oder „Germanys next top model“, die auch heute noch nicht so weit entfernt von den „James Bond-Girls“ der 60er Jahre sind.

Mehr Themen- und Perspektivenreichtum

Sicher gibt es nicht nur einen richtigen Weg, um Veränderungen in Richtung „Vielfalt für Medien“ anzustoßen. Die Realität von „Diversity im Journalismus“ beschreibt der Verein „neue deutsche medienmacher*innen“ nach einer Umfrage in deutschen Chefredaktionen 2020 kurz und bündig mit „Viel Wille – kein Weg“. Mit einer Ausnahme konnte keiner der 90 Befragten verlässliche Angaben zur diversen Besetzung der Chefredaktionen machen. Doch wie soll etwas verändert werden, dessen Status Quo nicht einmal dokumentiert wird? Aufgrund dieser Erfahrungen hat der Verein nun ein Diversity-Handbuch mit dem Titel erarbeitet: „Wie deutsche Medien mehr Vielfalt schaffen“.  Es liefert Argumente und Fakten für mehr Vielfalt sowie Checklisten, Best Practice-Beispiele und Tipps für mehr Themen- und Perspektivenreichtum.

Diesen Perspektivenreichtum zu fördern, um mehr gesellschaftliche Vielfalt abzubilden und auch nach innen zu leben, darum wird es auf dem Weg zu mehr Diversität in den Medien gehen. Doch ein Kulturwandel braucht Zeit! 


Illustration: rosepistola.de

Bild Bettina Pregel
Bettina Pregel ist stellvertretende Bereichsleiterin im Bereich Technik, Medienwirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit in der BLM. Die gelernte Redakteurin und Pressereferentin arbeitete zuvor bei Tageszeitungen und Fachzeitschriften.
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