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Start-ups: von der Idee bis zur Umsetzung
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Start-ups: von der Idee bis zur Umsetzung

Der Schritt von der Festanstellung zur Gründung eines (Medien-)Start-ups fällt gar nicht so leicht. Die Idee oder eine „vermeintliche“ Marktlücke alleine reichen da nicht aus, auch wenn Idealismus, Freiheitsdrang oder Frustration meist die Triebfeder für den Gründungsprozess sind. Unterstützung bieten Förderprogramme, die außer finanziellen Mitteln auch Kontakte und Basics vermitteln.

Text Christian Simon

Wenn man ehrlich ist, gibt es eigentlich nur drei Motivationen, Start-up-Gründer bzw. -Gründerin zu werden: Frustration, Freiheitsdrang oder Idealismus. Frustration, oft in der Form des „Mein-Blöder-Chef“-Syndroms, findet sich bei denjenigen, die nach endlosen Auseinandersetzungen endlich in Ruhe arbeiten wollen, ohne sich auf der Nase herumtanzen zu lassen. Freiheitsdrang treibt oft Gründungswillige an, die schon in traditionellen Unternehmen erfolgreich waren, aber nach oder neben dieser Karriere noch einmal „ihr eigenes Ding“ machen wollen. Und Idealismus haben Menschen, die an ein Produkt oder eine Idee glauben, und daran, diese in Form eines Start-ups am besten verwirklichen zu können. Die Verteilung dieser drei Idealtypen ist von Branche zu Branche unterschiedlich. Natürlich gibt es Ausnahmen und Mischformen, aber im Grunde findet man sie bei allen Gründerinnen und Gründern.

Idealismus ist nicht alles

In der Medienbranche zieht es vor allem Idealistinnen und Idealisten in die Start-up-Welt. Denn das ganz große Geld ist mit Medien-Startups nicht zu machen. Mit journalistischen Medien-Start-ups schon gar nicht. Die Unicorns, also die Start-ups mit mehr als einer Milliarde Börsenwert, sind eher in klassischen Technologiebereichen oder in der Finanzbranche zu finden. Dafür ist die Medienbranche die Arena, in der die gesellschaftlichen Debatten unserer Zeit ausgetragen werden. Fragen von Repräsentation, Gerechtigkeit und staatlicher Kontrolle werden hier verhandelt und die Demokratie gegen ihre Feinde verteidigt. „Medien besser zu machen“, ist deshalb für viele Entrepreneure Motivation genug.

Ein Beispiel für ein solches Startup ist The Buzzard, ein Nachrichtenportal, das unterschiedliche Perspektiven auf aktuelle Nachrichtenthemen bieten und damit Filterblasen und Polarisierung bekämpfen will. Das Team wurde im Media Lab Bayern gefördert; aber natürlich war allen Beteiligten klar, dass dieses Thema wohl kaum Investoren zu Millionenzahlungen verleiten wird. Die beiden Gründer, Felix Friedrich und Dario Nassal, haben ihren Prototypen auch nicht gebaut, um damit leichtes Geld zu verdienen. Sie starteten ihr Projekt, weil es ein schwieriges, aber wichtiges Problem zu lösen gab.

Nichtsdestotrotz sind Start-ups auch Firmen - und mit Idealismus allein lässt sich keine Medienfirma langfristig betreiben. Deshalb bemühen sich in Deutschland verschiedene Player darum, Gründungswillige im Medienbereich zu unterstützen. Sie tragen mit Geld, Rat und Know-How dazu bei, dass aus idealistischen Projekten nachhaltige Firmen werden. Beispiele dafür sind der Next Media Accelerator in Hamburg, das Medieninnovationszentrum Babelsberg, das Lokaljournalismus-Labor Vor Ort NRW und natürlich das Media Lab Bayern in München, um nur einige zu nennen.

Das Media Lab Bayern unterstützt mehrmals im Jahr Start-ups mit dem Media Startup Fellowship. Die teilnehmenden Teams bekommen Workshops, Kontakte und bis zu 50.000 Euro Prototyping-Budget. Mit Erfolg: Überdurchschnittlich viele der Start-ups bestehen auch nach der Förderung weiter, machen Umsatz und schaffen Arbeitsplätze. Die idealistischen Ideen bekommen die Chance, echte Veränderungen anzustoßen.

Ideen hat das Gründerteam selbst – gute Förderprogramme liefern Basics

Diese Unterstützung ist nötig, weil der erste Schritt für viele Gründer eben nicht im Erstellen eines Business Plans, eines simplen Prototypen oder der Überprüfung ihrer Idee auf Markttauglichkeit besteht. Für viele ist es eben eher die Wahrnehmung eines (gesellschaftlichen) Missstands und der Drang, diesen zu beheben. Ein gutes Beispiel dafür ist RosaMag, ein Start-up aus der sechsten Förderrunde des Media Lab Bayern.

RosaMag ist das erste Newsportal für afrodeutsche Frauen, eine vom Mainstream sträflich vernachlässigte Zielgruppe. Gründerin Ciani-Sophia Hoeder hat ein erfolgreiches neues Angebot geschaffen und mit Community-Finanzierung mehr Sichtbarkeit für die Anliegen Schwarzer Frauen erzeugt. Best of both worlds, sozusagen.

Viele idealistische Gründungsteams scheitern, weil sie die Basisarbeit der erfolgreichen Gründung vernachlässigen: das Testen, das Planen und das Geldverdienen.

„X braucht es doch“ oder „Y sollte es geben“ ist für viele Zielgruppen noch kein ausreichendes Kaufargument. Und ohne Geld ist es mit der Idee schnell wieder vorbei. Selbst, wer seine Zielgruppe zu kennen glaubt, gewinnt im gezielten Austausch mit ihr neue Erkenntnisse. An diesen Punkten setzen gute Förderprogramme an. Genauso übrigens beim Teambuilding: Denn nur, weil man eine Vision teilt, ist man noch nicht auf die Debatten und Auseinandersetzungen bei der eigenen Firmengründung vorbereitet. Wenn im Media Lab mal ein Startup scheitert, liegt es oft an Konflikten innerhalb des Teams.

Wenn die Idee und die Grundlagen stimmen, steht der tatsächlichen Gründung nicht mehr viel im Wege. Die rechtlichen Fragen – zum Beispiel, ob eine GbR oder eine GmbH die richtige Rechtsform ist – lassen sich mit etwas Beratung schnell beantworten. Die größere Hürde für viele angehende Gründerinnen und Gründer ist es eher, den Schritt aus einer sicheren Stelle oder einer erfolgreichen Karriere in die unsichere Welt des Entrepreneurship zu gehen.

Die Start-up-Transformation

Peter Lutsch ist Gründer der Plattform sidepreneur, die sich mit nebenberuflichem Gründen auseinandersetzt. Sein Ziel ist es, diejenigen zu unterstützen, für die das Risiko eines Vollzeit-Start-ups aus den verschiedensten Gründen zu groß ist. „Grundsätzlich ist es nicht zwangsweise notwendig, einen Job für eine Gründung aufzugeben. Nebenberufliches Gründen steht sogar hoch im Trend!“, sagt Lutsch.

Gründung und Festanstellung müssen kein „entweder-oder“ sein. Auf dem Weg, der oder die CEO eines eigenen Startups zu werden, gibt es viele mögliche Zwischenschritte. Auch über diesen Weg aufzuklären, gehört zum Portfolio der Start-up-Förderer. Und dann steht der Gründung wirklich nichts mehr im Wege.

Übrigens: Egal, aus welcher Motivation man über eine Gründung nachdenkt. Die Schritte von der Idee über Validierung und Geschäftsmodell bis hin zur rechtlichen Umsetzung ändern sich nicht. Gerade für Medien-Start-ups bietet Bayern mit dem Media Lab Bayern ideale Unterstützung in diesem Prozess. Teams aus ganz Deutschland zieht es für die Programme des Labs nach München.

Und wenn alles gut läuft, entstehen dabei nicht nur neue Start-ups, sondern aus Frustrierten werden Begeisterte, aus Menschen mit Freiheitsdrang werden Zufriedene, und aus idealistisch motivierten Gründungsteams werden verantwortungsbewusste Geschäftsleute. Wenn diese dann gefragt werden, „Warum hast du ein Startup gegründet?“, können sie antworten: „Darum“.


Artwork: rosepistola.de

Bild Christian Simon
Christian Simon ist seit 2018 Innovation Editor beim Media Lab Bayern, das Förderung, Networking und Coaching für Medien-Start-ups anbietet. Der Journalist und frühere News-Editor der Süddeutschen Zeitung gehört zu den Gründern des Start-ups Snäckable.
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