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Das Magazin der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien

Berufswunsch: Irgendwas mit Medien
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Berufswunsch: Irgendwas mit Medien

Blogs, Newsletter, Podcasts, Online-Videos oder Audiobeiträge: Jeder Mensch kann heute im Internet mit geringen technischen Hürden Inhalte veröffentlichen. Und sich als Journalistin oder Journalist bezeichnen. Ist es also noch notwendig, Journalismus als Beruf zu erlernen? Die klare Antwort: unbedingt! Es ist sogar wichtiger denn je angesichts der Zunahme von Fake-News und Desinformation. In Bayern führen viele Ausbildungswege in den Journalismus.

Text Kerstin Prange

Eine gute Ausbildung ist Voraussetzung für qualitätsvollen Journalismus. Wie wichtig solide recherchierte Informationen als starker Gegenpol zur wachsenden Anzahl von Fake-News, Desinformation und unvollständigen, oberflächlichen Meinungsstücken im Internet sind, zeigt die Corona-Pandemie.

Berufsbild Journalismus im Wandel

Das Handwerkzeug professioneller Journalisten hat sich in der digitalen Welt nicht generell gewandelt: Sie müssen sorgfältig recherchieren können, treffsicher analysieren und die Ergebnisse ansprechend aufbereiten und präsentieren. Zur Analyse gehört auch die Einordnung der Fakten. Oder wie es Judith Wittwer, Chefredakteurin der Süddeutschen Zeitung, beim Journalism Summit der Medientage München 2020 formulierte: „Journalismus ist es, miteinander im Gespräch zu bleiben, einzuordnen und richtigzustellen. Die Welten auszublenden, ist nicht unsere Aufgabe.“

Aber das ist natürlich nicht alles. Das Berufsbild Journalismus befindet sich im Wandel, zum Anforderungsprofil gehören auch immer mehr technische Fertigkeiten: fotografieren, Videos drehen und schneiden, die verschiedenen digitalen Kanäle und Social Media-Plattformen bespielen, Datenanalyse und vieles mehr. Crossmedial zu arbeiten, ist für angehende Journalistinnen und Journalisten heute meist selbstverständlich.

Es gibt viele Wege, das Handwerk zu erlernen. Egal ob Print-, Audio- oder Bewegtbild-Medien: Der Journalismus ist ein Beruf mit einem hohen Anteil akademisch Gebildeter. Daher wird immer häufiger die Frage aufgeworfen, ob es in den Redaktionen nicht mehr Diversität geben sollte. Müssen nicht mehr Menschen ohne Abitur und Studium einen leichteren Zugang zum Journalismus bekommen? Findet sich in den Redaktionen mit Blick auf Bildung, Geschlecht, Alter und Herkunft ein angemessener Querschnitt unserer vielfältigen Gesellschaft wieder?

Der zuverlässigste Weg in den Journalismus ist derzeit immer noch ein Studium. Die Wahl des Studienfachs spielt dabei keine große Rolle. Im Studium erworbenes Fachwissen kann zwar bei der Qualifizierung für gewisse Sparten durchaus Sinn machen. Im Sport-, Medizin- oder Wirtschaftsjournalismus ist ein entsprechendes Fachstudium zum Beispiel hilfreich. Aber auch jedes andere nach Interesse gewählte Studium ebnet den Weg zu einem in der Regel zweijährigem Volontariat, um den Journalismus in der Praxis zu erlernen.

Im lokalen Radio und Fernsehen den Redaktionsalltag von der Pike auf lernen

Eine Vielzahl von Volontariatsplätzen bietet beispielsweise die stark wachsende bayerische Medienlandschaft. Allein im lokalen Hörfunk und Fernsehen in Bayern werden derzeit jährlich ca. 130 Volontärinnen und Volontäre ausgebildet. Im landesweiten Hörfunk und Fernsehen in Bayern kommen noch einmal knapp 20 hinzu. Der Vorteil der lokalen und landesweiten Stationen ist es, dass  die Volontärinnen und Volontäre hier von Anfang an in allen Bereichen mitarbeiten können. Durch sehr viel Praxiserfahrung lernt der Nachwuchs den Alltag in den Redaktionen von der Pike auf kennen.

Um die Volontärsausbildung im lokalen Rundfunk in Bayern zu unterstützen und die Praxiserfahrungen zu ergänzen, bietet die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) seit über 30 Jahren Workshops mit erfahrenen Profis aus der Praxis an. Im ersten Jahr ihrer Ausbildung können die Volontärinnen und Volontäre an einem zwölftägigen Basiskurs teilnehmen. In kleinen Gruppen mit maximal 12 Teilnehmenden werden die wichtigsten Themen wie Interview, Moderation, Sprechen, Texten, Nachrichten, Kamera, Reportage sowie Medienrecht und Medienaufsicht behandelt. Wobei die neuen digitalen Entwicklungen natürlich in allen genannten Themenbereichen viel Raum einnehmen.

Corona hat das Workshop-Angebot verändert. Seit Anfang 2020 waren fast nur noch Fortbildungen in Form von Videokonferenzen möglich. Das Resümee einer Teilnehmerin zu den Online-Workshops: „Neue Anstöße, neue Ansätze. Genau das, was mir die letzten zwei Wochen eigentlich gefehlt hat. Gute Hinweise auch für ein besseres Miteinander in Corona-Zeiten.“

In Basiskursen und Volocamps Erfahrungen sammeln

Nach diesen positiven Erfahrungen werden die Basiskurse seit diesem Jahr in hybrider Form durchgeführt. Zu Beginn steht eine E-Learning Phase. Alle journalistischen Themen, die auch bislang Teil der Basiskurse waren, stehen als Video-Tutorials auf einer E-Learning-Plattform zur Verfügung, verknüpft mit vielen Übungen, Quizfragen und Materialien zum Thema.

Die Tutorials produziert die BLM in Zusammenarbeit mit der Mediaschool Bayern exklusiv für die Volontärinnen und Volontäre in den bayerischen Lokalstationen. Im Anschluss an die E-Learning-Phase folgt mit kurzem zeitlichem Abstand eine Live-Workshop-Woche, in der die selbst erlernten Inhalte vertieft und durch  Praxisübungen gefestigt werden. Einmal im Jahr gibt es, wenn die Pandemie es zulässt, auch ein Volocamp in Nürnberg im Vorfeld der Lokalrundfunktage. So ging es 2017 zum Beispiel um das Thema „Mobile Reporting“ – mit Interviewübungen beim Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly. Antonia Hilpert, damals Volontärin bei Hitradio rt1 in Augsburg, zeigte sich beeindruckt: „Wir haben gelernt, mit einfachen Mitteln hochwertige Beiträge zu drehen. Außerdem durften wir Oberbürgermeister Ulrich Maly freche Fragen stellen. (…) Ich fühle mich auf jeden Fall gerüstet für den nächsten Mobile Reporter-Einsatz.“

Übrigens: Radiostationen, die ein besonders gutes, fundiertes und multimediales Volontariat anbieten, können dafür sogar ausgezeichnet werden. Die Initiative „Radiosiegel“ vergibt das Gütesiegel seit 2011 jährlich an private Radiostationen in ganz Deutschland. Das Besondere daran: Die Bewerbung erfolgt durch die Volontäre selbst. Nach der Prüfung durch sogenannte „Senderchecker“ verleiht eine unabhängige Jury das Siegel. In der Radiosiegel-Initiative haben sich Landesmedienanstalten, Verbände, Institutionen und Ausbildungseinrichtungen zusammengeschlossen, um die Journalistenausbildung zu fördern.

Mangelnde Ausbildungsleistung der Öffentlich-Rechtlichen?

Auch die Zeitungsverlage in Bayern bilden jährlich ca. 150 Volontärinnen und Volontäre aus. Zusätzlich zur praktischen Ausbildung in den Verlagen erhält der Nachwuchs ähnlich wie im lokalen Rundfunk in Bayern Fortbildungskurse bei der Akademie der Bayerischen Presse (abp). In den zehntägigen Grundkursen Zeitung I und Zeitung II lernen die angehenden Redakteurinnen und Redakteure grundlegende Inhalte wie u.a. Sprache im Journalismus, Lokalberichterstattung, Recherche und Unterscheidung der Darstellungsformen, Presserecht und crossmediale Aspekte.

Auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bieten einen Einstieg in den Journalismus. Beim Bayerischen Rundfunk (BR) bekommen jährlich zwölf Volontärinnen und Volontäre diese Chance. Diese Anzahl ist seit Jahrzehnten nicht gestiegen. Damit sei der Bedarf des BR abgedeckt, lautet die Begründung. Die privaten Rundfunkanbieter in Bayern üben an dieser aus ihrer Sicht mangelnden Ausbildungsleistung schon länger Kritik. Die ungleiche Wettbewerbssituation, so ihre Argumentation, ermögliche es dem BR, Fachkräfte aus dem lokalen und landesweiten Rundfunk in Bayern abzuwerben.

Journalistenschulen als begehrte Alternative

Außer im Rundfunk und bei den Tageszeitungen gibt es in Bayern natürlich auch in Zeitschriftenverlagen, nationalen TV-Sendern, Produktionsfirmen  und PR-Agenturen viele Möglichkeiten, sich in einem Medienberuf ausbilden zu lassen.

Wenige, sehr gute fachspezifische Journalismus-Studiengänge, wie beispielsweise an der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München, qualifizieren die Absolventinnen und Absolventen so umfassend und praxisnah, dass ein Volontariat nicht mehr zwingend notwendig für den Eintritt ins journalistische Berufsleben ist. Die Plätze dort sind jedoch begrenzt und bundesweit sehr begehrt. Jedes Jahr bekommen 45 junge Frauen und Männer die Chance, das hoch angesehene Studium an der DJS zu absolvieren.

Die Leiterin der DJS, Henriette Löwisch, nennt im Newsletter vom 24. Februar 2021 die Voraussetzungen für die Aufnahme: „Wer an die DJS will, braucht Mut, Talent, Fleiß und Leidenschaft.“ Außerdem muss ein mehrstufiges Aufnahmeverfahren durchlaufen werden, wozu u.a. ein Wissenstest zum aktuellen Zeitgeschehen gehört. Wer das geschafft hat, bekommt eine crossmediale Ausbildung. Neben gutem Schreiben wird die Gestaltung von Radio- oder Fernsehbeiträgen vermittelt und verstärkt auch Social Media-Kenntnisse. Andere Journalistenschulen, wie z.B. die katholische Journalistenschule ifp, sowie Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten an privaten Akademien wie der Bayerischen Akademie für Fernsehen und digitale Medien (BAF), der Akademie der Bayerischen  Presse (abp) oder der Akademie für neue Medien in Kulmbach runden das Angebot in Bayern ab. Ständige Fortbildungen sind im Journalismus Pflicht angesichts der rasanten Entwicklungen in der Medienbranche. Neben der Vielzahl an Medienstudiengängen – der Klassiker ist hier sicher die „Kommunikationswissenschaft“ – bereiten neue Studiengänge oder Fortbildungsangebote auf Berufsbilder vor, die es in der Medienlandschaft vor zehn Jahren noch nicht in dieser Form gab. Dazu gehören beispielsweise Data Scientists oder Podcaster. Viele Podcast-Profis sind gelernte Journalisten wie Susanne Klingner, die mit Katrin Rönicke in München und Berlin das Label hauseins ins Leben gerufen hat. Ihr Tipp an den Nachwuchs: „Das Wichtigste ist die Leidenschaft, um sich im gut gefüllten Podcast-Markt noch abheben zu können.“

Orientierung auf dem Weg in die Medien geben

Alle, die zwar „irgendwas mit Medien“ machen wollen, aber noch nicht so konkret wissen, in welche Richtung es gehen soll, finden bei der neuen Initiative „Start into media“ einen Überblick über Medienaus- und -weiterbildung in Bayern. Start into media bietet Schülerinnen und Schülern, Studierenden und Auszubildenden Orientierung auf ihrem Weg in die Medien – vom Überblick über verschiedene Studien- und Ausbildungsmöglichkeiten bis hin zur Erklärung unterschiedlicher Berufsbilder. Mit dem Angebot soll auch die Medienbranche unterstützt werden, den Nachwuchs- und Fachkräftebedarf in Bayern langfristig zu decken.

Events, Studien und Vernetzungsprojekte runden die Initiative ab. In diesem Jahr sind beispielsweise Studien zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Medienausbildung sowie eine Bestands- und Bedarfsanalyse der Medienaus- und -weiterbildung geplant. Start into media ist eine von der Bayerischen Staatskanzlei geförderte Initiative zur Stärkung des Medienstandorts Bayern und gehört zur Medien.Bayern GmbH, einer 100%-Tochter der BLM. 

Ein bundesweit einzigartiges Netzwerk für Medienstudiengänge bietet der MedienCampus Bayern. Zu den 120 Mitgliedern zählen zahlreiche Hochschulen, Universitäten, Akademien, Verbände sowie auch einige Medienunternehmen. Allein die Mitgliederliste bietet einen aufschlussreichen Überblick über die bestehenden Ausbildungsangebote im Freistaat.

Schon in Schul- und Studienzeiten journalistisch arbeiten

Eine gute Möglichkeit, schon im jungen Alter die Medien durch aktive Mitarbeit kennenzulernen, ist das BLM-Projekt „Mach Dein Radio“. Schülerinnen und Schüler aller Schultypen arbeiten an kreativen Radioprojekten mit. Unterstützt werden die Schulen dabei von erfahrenen Radio-Coaches. In der praktischen Radioarbeit lernt der Nachwuchs, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen und sich auf ein Gegenüber einzulassen. Eigene Lebenswelten können eingebracht und akustisch umgesetzt werden.

Alle, die noch unsicher sind, ob der Journalismus oder ein anderer Beruf in den Medien wirklich das Richtige ist, sollten es selbst praktisch ausprobieren. Bei der Mediaschool Bayern ist das in unterschiedlichen Bereichen und ohne kommerziellen Druck möglich. Das Aus- und Fortbildungsangebot von M94.5 und der Mediaschool Bayern wendet sich unter dem Motto „Wir machen anders“ an künftige Journalisten und Moderatoren, Musikplaner, Radioproduzenten, Filmemacher, Kameraleute, Cutter und Social Media-Experten sowie Medientechniker und Mediengestalter. 

2018 sind die Münchner Aus- und Fortbildungskanäle afk tv und das Radio afk M94.5 strukturell in der Nachfolgeorganisation Mediaschool Bayern aufgegangen. Diese bündelt seitdem die verschiedenen Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten für Radio/Audio, TV/Video und Web in einem modularen Kursangebot. Der Grundgedanke: Zunächst geht es ums Thema und dann wird überlegt, über welchen Kanal der geplante Inhalt am besten ausgespielt werden soll.

Gearbeitet wird unter nahezu realistischen Bedingungen –Posts, Bilder, Videos, Beiträge oder Moderationen werden über M94.5 im Radio (DAB+), im Fernsehen (bei münchen.tv) oder via Social Media (YouTube, Instagram, Facebook, Twitter) veröffentlicht. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten so direktes Feedback und lernen, für eine reale Zielgruppe zu produzieren. Mit „max neo“ ist die Mediaschool Bayern auch in Nürnberg vertreten. Für die Ausspielung der Audio-Inhalte steht dort eine eigene 24-Stunden UKW-Frequenz zur Verfügung.

Aus- und Weiterbildungswege gemeinsam ausbauen

Solche Praxiserfahrungen sind bei privaten wie bei öffentlichrechtlichen Rundfunkanbietern gefragt. Viele der Mediaschool Bayern-„Absolventen“ gehen beispielsweise zum BR. „Der Bayerische Rundfunk profitiert sehr von den Ausbildungsangeboten der Mediaschool Bayern“, sagt Siegfried Schneider, BLM-Präsident und Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Media School Bayern. Bei der Neuschaffung des BR-Jugendangebots „PULS“ etwa sei mehr als die Hälfte der neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Mediaschool gekommen. Hier brauche es ein höheres Maß an Kooperation.

Schneiders Appell für die Zukunft: „Alle Wege, die Qualität der Medien unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft mit Aus- und Weiterbildung zu verbessern, sollten künftig mit aller Kraft gemeinsam ausgebaut werden. Dabei gilt es, insbesondere den lokalen Journalismus zu schützen. Wenn der verloren geht, verliert die Gesellschaft eine wichtige Kontrollinstanz.“

Artwork: rosepistola.de
Fotos Workshops: BLM
Portrait Judith Wittwer: Süddeutsche Zeitung
Portrait Ciani-Sophia Hoeder: Medientage München
Portrait Antonia Hilpert: BLM
Portrait Siegfried Schneider

Bild Kerstin Prange
Kerstin Prange ist stellvertretende Bereichsleiterin Inhalte und Programmaufsicht in der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). Sie leitet dort das Referat Fernsehen und organisiert die Aus- und Fortbildungsangebote der Landes­zentrale. Die Kommunikationswissenschaftlerin (MA) hat berufsbegleitend Medienmarketing an der Bayerischen Akademie für Werbung (BAW) studiert. 
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