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Selbstbewusst und optimistisch in den Beruf starten
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Selbstbewusst und optimistisch in den Beruf starten

Das Smartphone ist immer dabei: Die Generation Z, geboren zwischen 1995 und 2010, unterscheidet sich nicht nur im Mediennutzungsverhalten von den vorhergehenden Generationen. Sie trennen auch klar zwischen „Work“ und „Life“ und wünschen sich vor allem ein gutes Arbeitsklima im Job. Tendenz hat sich beim Nachwuchs umgehört, was er sich vom Einstieg in den Journalismus erwartet.

Text Stefanie Witterauf

Durch das Wischen mit dem Daumen über den Touchscreen wird eine Strecke von 178 Meter pro Tag zurückgelegt. Jugendliche und junge Erwachsene sind vier bis sechs Stunden in digitalen Kanälen unterwegs, 80 Prozent davon auf Social Media-Kanälen wie Instagram und TikTok. Dafür wird vor allem das Smartphone als Endgerät genutzt. Das Wischen führe zu einer Veränderung im Sensomotorischen Cortex, sodass der Daumen mittlerweile ein vielfach größeres Abbild hat. „Da steckt eine Wucht dahinter“, sagt Generationenforscher Rüdiger Maas.

Die Generation Z umfasst die Geburtsjahrgänge 1995 bis 2010. Es ist die erste, die mit Sozialen Medien aufgewachsen ist und bei der das Internet nicht mehr wegzudenken ist. Sie wird deswegen auch Digital 2.0 oder Generation Youtube genannt. Anders als ihre Vorgänger unterscheidet die Generation Z nicht mehr zwischen der digitalen und analogen Welt. Das Smartphone ist immer dabei, „wie eine dritte Hand“, so Maas. Und diejenigen, die gerade nicht dabei sind, werden in WhatsApp-Chats mit Fotos und Sprachnachrichten dazu geholt.

Dieses veränderte Mediennutzungsverhalten wirkt sich auch auf das Berufsleben aus. Wie also haben sich die Erwartungen von Journalistinnen und Journalisten der Generation Z an den Beruf verändert?

Ein wesentlicher Grund, eine Festanstellung als Digital-Redakteur bei der Augsburger Allgemeinen anzunehmen, war für Jonathan Lindenmaier das Arbeitsklima. „Ich kannte das Team und wusste, dass ich mich mit den Kollegen verstehe”, sagt der 25-Jährige. Davor hatte er als freier Journalist schon in der Online-Redaktion Schichten übernommen und Artikel umgesetzt. 

Das Arbeitsklima muss stimmen

Ausschlaggebend für die Attraktivität eines Arbeitgebers sind für die Generation Z das Betriebsklima und die Stimmung im Team. Bei einer Befragung von mehr als 2.000 Vertreterinnen und Vertretern der Generation Z haben 88,4 Prozent angegeben, dass ihnen ein angenehmes Arbeitsklima wichtiger ist als eine interessante Tätigkeit (84,1 Prozent). Das liege daran, dass sie eine niedrige Frustrationstoleranz hätten und mit Kritik häufig schlechter umgehen könnten, sagt Generationenforscher Maas. Eine Abgrenzung zu den Eltern, ein Streben nach Rebellion, würde es nicht geben, eher eine Übernahme der Werte aus dem Elternhaus.

Während die Generation Y ein „Work-Life-Blending“ wünscht, eine Vermischung von Arbeits- und Privatleben, lehnt das die nachfolgende Generation ab. „Das nennt sich Work-Life-Separation“, so Maas. Mit den Arbeitskolleginnen oder -kollegen nach Feierabend noch etwas unternehmen? „Die wollen ihre Familie sehen, ihre Freunde, nicht die Kollegen“, sagt Maas. Er nennt es einen wesentlichen Unterschied zwischen den Generationen. Deswegen würde die Generation Z ein reines Homeoffice ablehnen, da es dort zu einer stärkeren Überlappung zwischen Freizeit und Job käme.

„Work-Life-Separation“ erwünscht

„Zeit mit meiner Familie ist mir wichtiger als Arbeit und Geld“, stellt zum Beispiel Christian von Stülpnagel klar. Der 22-Jährige hat die Deutsche Journalistenschule in München besucht. Als der Journalist vor zwei Jahren anfing, wollte er für die großen Leitmedien schreiben: Spiegel, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Zeit und Süddeutsche Zeitung. Während seiner Ausbildung hat er die Vielfältigkeit der deutschen Medienlandschaft kennengelernt und begonnen, mehr Podcasts von freien Journalistinnen und Journalisten zu hören. Nun hat sich sein Karriereziel verändert: “Große Medienmarken sind für mich nicht mehr ausschlaggebend.”

Die Journalistenschul-Absolventin Ekaterina Astafyeva nutzt die Skills, die sie während ihrer Ausbildung gelernt hat, für ihren privaten Instagram-Kanal. „Ich bin wie die Heldin, der man in meinen Storys folgen kann“, sagt die 25-Jährige. Sie erzählt von ihrem Leben in München, von ihrem Alltag, von den deutschen Medien. An der Journalistenschule hatte sich die gebürtige Russin beworben, weil es eine vergleichbare Ausbildung in ihrem Heimatland nicht gab. „Ich wollte Investigativ-Journalismus machen“, sagt sie. Während der Ausbildung hat sie jedoch gemerkt, dass es ihr mehr Spaß macht, journalistische Inhalte so zu verpacken, dass sie auf Social Media-Kanälen ausgespielt werden können. „Ich kann mir gut vorstellen, als Social-Media-Redakteurin Inhalte für Redaktionen zu generieren, die über Instagram dann auch die Zielgruppe erreichen“.

Mit Selbstbewusstsein und Optimismus in den Beruf starten

Wie sich der Journalismus durch die Generation Z verändert, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen. Sicher ist, dass die Berufseinsteiger selbstbewusst und optimistisch in die Redaktionen gehen. „Ich habe nicht das Gefühl, dass der Journalismus eine Gruppe von Einzelkämpfern ist“, sagt Christian von Stülpnagel. Seiner Erfahrung nach würde es trotz Hierarchien innerhalb der Redaktion eine große Offenheit gegenüber jungen Kolleginnen und Kollegen und deren Ideen geben. Die Konkurrenz ist da, das sei klar. Aber am Ende würden alle Aufträge annehmen, Jobs besetzen und Geld verdienen wollen.

Und wie sehen das diejenigen, die noch vor Studium und/oder Ausbildung stehen? „Ich glaube, dass Journalismus total spannend ist. Was mich daran so neugierig macht, ist, dass man heutzutage merken kann, was für einen großen Einfluss Medien auf das politische Geschehen haben“, sagt Olivia, 18, Schülerin aus Heidelberg. „Durch Social Media verbreiten sich Fake News schnell und Journalistinnen und Journalisten halten dagegen – das ist eine riesige Aufgabe“, findet die Heidelbergerin, die sich gerade auf ihr Abitur vorbereitet.

Ob sie nach der Schule Journalistin werden will, weiß Olivia heute noch nicht. Aber Erfahrungen hat sie bereits gesammelt. Beim „Youth Think Tank Heidelberg“ hat sie eine Show für Youtube mit­ entwickelt, in der es in der ersten Folge um Rassismus und weiße Privilegien geht. Für die Lokalzeitung „Rhein-Neckar-Zeitung“ führte Olivia ein Interview im Rahmen eines Schulprojekts. Sie hat ein klares Bild vom Beruf der Journalistin: „Sorgfältig Hintergründe und Zusammenhänge recherchieren, relevante Themen behandeln und Menschen aufklären.“


Artwork: rosepistola.de
Portrait Christian von Stülpnagel: David Pierce Brill
Portrait Jonathan Lindenmaier: David Pierce Brill
Portrait Ekaterina Astafyeva: Sonja Yaroshenko

Bild Stefanie Witterauf
Stefanie Witterauf arbeitet als freie Journalistin für Tageszeitungen und Magazine wie die Süddeutsche, die Zeit oder den Spiegel. Witterauf ist Absolventin der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München.
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