Ein Start-Up boomt nicht immer sofort. Der Weg der „Blogbox“ App zeigt, dass es oft eine weitere Idee braucht, bis ein Projekt auch finanziell Erfolg hat.
Der erste Gedanke kam Moritz Orendt und Bernhard Hering vor ungefähr zwei Jahren. Sie hatten ein Problem und noch niemand anderes eine Lösung dafür gebaut. Was sie gebraucht hätten? „Eine App, die eine Sammlung an Blogs zu den Special Interests der User bietet.“ Moritz wusste etwas über Finanzen und Bernhard wusste, wie man eine App programmiert. Sie holten sich Samy Ateia, einen zweiten Informatiker, Kadir Kara fürs Design und Marco Eisenack als Blogger mit ins Boot und bauten Blogbox.
Blogs für alle!
Bis September 2013 hatte das Team die iPad-App entwickelt und die ersten Blogger von der Idee überzeugt. Am 20. September starteten sie die App offiziell mit einer großen Launch-Party und dem Slogan „Blogs für alle!“. Das ist es, was die App bietet. Blogs für (fast) alle. User können bei Start entweder Blogs auswählen und Blogbox schickt ihnen alle neuen Beiträge davon direkt aufs Handy. Oder sie bestimmen Leidenschaften, zu denen Blogbox die beliebtesten Beiträge anzeigt. Politik, Essen oder Musik. So entsteht „Dein Magazin“. Autoren können ihre Blogs in der Blogbox anmelden und dadurch – im Optimalfall – ihre Reichweite vergrößern.
Launch und EXIST-Gründerstipendium
Durch die Launchparty erfuhr die App gerade am Anfang viel Aufmerksamkeit. Sie bauten das Blogger-Netzwerk schnell aus, die App stieg in den App Store Charts nach oben. „An einem Tag waren wir auf Platz sieben in der Kategorie Nachrichten. Zwischen den Apps von Bild und Spiegel“, erzählt Moritz. Gleichzeitig mit diesem Höhenflug kam die Zusage für das EXIST-Gründerstipendium. Insgesamt 77 000 Euro für Lebensunterhalt, Sachausgaben und Coaching. „Da war schon sehr viel Euphorie dabei, dafür sind wir dann umso unsanfter gelandet.“
Zunächst flaute es nur ein wenig vor sich hin. Das Team optimierte Blogbox für die Suchmaschinen und den Appstore. Das half, „aber auf das Nach-Launch-Niveau sind wir nie wieder zurückgekehrt“. Etwas, das Moritz im Nachhinein anders gemacht hätte, ist die Fokussierung von Blogbox auf das iPad. Dadurch wurden viele Nutzer ausgeschlossen, die auf dem „Anfangshype“ vielleicht mitgeschwommen wären. Erst drei Monate nach Launch gab es die App auch für das iPhone, ein ganzes Jahr später für Android.
Die Nischen-App
Auch das Geschäftsmodell fanden die Nutzer nicht so super wie die Macher von Blogbox. Die Ursprungsidee: Über ein Micropayment-System, ähnlich dem von „flattr“, sollte Geld an die Blogger ausgeschüttet werden. Doch über die sogenannten Bonbons kommt bis heute nicht so wahnsinnig viel zusammen. 30 Euro und 48 Cent waren es insgesamt – innerhalb von einem Jahr. „Zu sagen, wir wären gescheitert, finde ich ein bisschen krass“, meint Moritz. „Die App ist nicht zum Reichweiten-Monster geworden, aber sie hat ihre Nische gefunden.“ Genug Leser habe die App und sei in der Blogosphäre bekannt.
Als die Blogboxer merkten, dass es kurz- und mittelfristig nicht ausreicht, um mit dem Bonbon-Modell Geld zu verdienen, schwenkten sie um. Jetzt hieß der Ansatz: „Wie können wir die Existenz der Blogbox sichern?“ Die Technik, eine Personalisierungsfunktion und ein Netzwerk an Bloggern waren vorhanden. Warum also die vorhandenen Strukturen nicht nutzen, um Unternehmen einen Mehrwert anzubieten?
Geschäftsmodell für Unternehmen
Ende April 2014 hatten die Blogboxer ihr zweites Geschäftsmodell erdacht: Sie nahmen die Blogbox App und passten sie an Unternehmen an. Die Unternehmen zahlen einen monatlichen Betrag und bekommen dafür ein Magazin als App, das speziell an ihre Kunden und ihr Unternehmen angepasst ist. Erster Kunde war der „DAV Summit Club“, der sich eine Reise-App aus acht Blogs der Blogbox zusammenstellen ließ. Besonders wichtig war Moritz und den anderen bei dem Konzept, dass auch die Blogger profitieren: „Entweder soll Geld oder Traffic beim Blogger ankommen. Mit der Zweitverwertung kommt vor allem Geld an.“
Im Oktober letzten Jahres lief das Stipendium des Bundeswirtschaftsministeriums aus – aber Blogbox steht jetzt auf eigenen Beinen. Die zweite Idee läuft, die Jungs haben schon die nächsten Ideen im Kopf. Zum Beispiel den „Content Captain“, der vor kurzem angelaufen ist. Dieser hilft Unternehmen in Sozialen Netzwerken das Richtige zu posten. Sie finden Vorschläge für Themen in den Blogs der Blogbox, die sie auf ihrer Facebook-Seite per Drag-and-Drop veröffentlichen können.
Ein steiniger Weg - aber frei und selbstbestimmt
Trotz des nicht immer einfachen Weges würde Moritz sich wieder dafür entscheiden, ein Start-Up zu gründen: „Es ist einfach der Drang nach Freiheit und Selbstbestimmtheit“, sagt er. „Dass man so arbeiten kann, wie man es gerne möchte.“ Allerdings müsse man auch eine gewisse Leidensfähigkeit mitbringen, mit Rückschlägen umgehen können und natürlich, speziell bei Apps, die technischen Kompetenzen an Bord haben. Am schwersten sei es gewesen, den ersten Blogger zu finden und später den ersten Kunden.
An die Zukunft der Blogosphäre glaubt Moritz nach wie vor. Dem selbstbestimmten Publizisten gehöre die Zukunft. „Und da müssen noch Geschäftsmodelle gefunden werden, davon können wir nur profitieren.“ Als Ziel für die nähere Zukunft haben sich die Blogboxer vorgenommen, das Gesamtkonzept noch mehr abzurunden: „Im Moment ist es noch ein bisschen ein Flickerlteppich“, sagt Moritz. Außerdem auf der Agenda: Mehr Kunden, mehr Blogger von sich überzeugen – und endlich mehr Geld an sie ausschütten können.
Autor: Caspar von Au