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Lass uns kochen - für 100 Millionen!


Ein Erdbeercocktail. 19 Millionen Aufrufe.
Ein Drei-Zutaten-Apfelkuchen. 52 Millionen.
Eine käsegefüllte Pizza-Brezel. 108 Millionen Aufrufe. In Worten: Hundertacht Millionen. Die ersten 37 Millionen davon innerhalb von 24 Stunden.



 


Wer immer noch nicht verstanden hat, dass man mit Koch-Videos astronomische Traffic-Zahlen erreichen kann, hat etwas verpasst. Food Content ist der neue Cat Content, könnte man sagen.

Dabei kommt es allerdings ganz darauf an, wie man es anstellt. Tasty, ein Facebook-Themenkanal von BuzzFeed und Quelle der drei genannten Beiträge, ist seit seiner Gründung im Juli 2015 auf sagenhafte 55 Millionen Abonnenten explodiert. Zum Vergleich: Die BuzzFeed-Hauptseite steht bei gerade mal sieben Millionen. Der Erfolg von Tasty findet auch in Deutschland bereits Nachahmer.

Das Prinzip der Beiträge ist simpel: Kurze Step-by-Step-Videorezepte aus der Perspektive des Kochs. Übersichtliche Oberflächen, einfache Haushaltsgeräte, meistens nur eine Schüssel. Die Arbeitsschritte und die Zutaten werden möglichst knapp vertextlicht. An den richtigen Stellen verwandelt der Zeitraffer langweiliges Mixen in zauberhaft-schnelle Endresultate – meist dauern die Clips weniger als eine Minute. Garniert wird das Ganze mit passender Musik im Hintergrund.



 


 

Der Facebook-Algorithmus liebt Videos


Warum laufen diese Videos gerade bei Facebook so erfolgreich?
Videos genießen auf Facebook erhöhte Priorität. Sie starten automatisch – zwar ohne den Ton, aber der ist bei den Rezepten auch eigentlich nicht nötig. Schon nach drei Sekunden „zählt“ der View. Doch in den allermeisten Fällen endet er danach nicht.

Facebook-Videos, über die die User in ihrer Timeline scrollen, leben von den ersten Sekunden. Der User entscheidet blitzschnell, ob er weiter scrollt oder nicht. Genau da trumpfen die Food-Videos auf: Es existiert wohl kaum eine so universell bekannte und doch ständig veränderte Storyline wie das Kochen. Sieht man die ersten Schritte eines Rezepts, möchte man wissen, was daraus am Ende entsteht. Die Videos sind leicht konsumierbar, die Rezepte leicht nachzukochen – und haben doch immer eine Besonderheit, die man im Alltag nicht findet. Oder wann haben Sie zum letzten Mal Schokobananen gegrillt?



 

„Futtern“ integriert Werbung in seine Food-Clips (siehe Video-Ende)


Das Prinzip greift auch in Deutschland. Bild hat seinen Tasty-Klon „Futtern“ Anfang des Jahres ins Rennen geschickt und ihn seither stark gepusht. Die Zahlen sprechen für sich: Futtern hat auf Facebook 160.000 Likes. Jedes Video erreicht hunderttausende Views. Andere deutschsprachige Video-Food-Portale sind Kuqui („Kulinarische Quickies“) aus der Schweiz und der Heftig.co-Ableger „Leckerschmecker“, dessen Video-Views regelmäßig die Millionengrenze überschreiten. Nicht zu vergessen die deutsche Version von „Tasty“, „Einfach Tasty“.
 
Einen anderen Ansatz verfolgt „Foodboom“ (240.000 Likes), ein Startup, das sich ausschließlich auf Food-Videos spezialisiert hat und nach eigenen Angaben von Beginn an kostendeckend gewirtschaftet hat. Möglich war dies durch Native Advertising- und Shopping-Integration. Gründer Sebastian Heinz betreibt auch das Portal kochschule.de und lässt seine Koch-Clips von einem zehnköpfigen Team in einem 500 Quadratmeter großen Kochstudio in Hamburg produzieren. 20 neue Mitarbeiter, darunter Profiköche, Produzenten und Videocutter sollen folgen, damit die Qualität hoch bleibt. Selbst der Discounter Edeka wartet mit einem eigenen Kochkanal bei YouTube auf, der mittlerweile sehr respektable 114.000 Abonnenten zählt.

 

Extreme Reichweite, wenige Klicks


Die Food-Videos generieren zunächst keine Klicks oder gar Erträge. Natürlich enthält jeder Post einen Link zum vollen Rezept, der zur eigenen Seite führt, doch im Vergleich zu den Abrufzahlen sind die Klickzahlen auf die Links kaum nennenswert. Ein Beispiel: Nur 18.000 User klickten auf den Link des Tasty-Rezepts von „Stuffed Steak Rolls“ – 18.000 von 68 Millionen Views, das sind 0,26 Prozent.

Die Monetarisierung der Koch-Clips ist trotz der extremen Aufrufzahlen also schwierig. Native Advertising - auch innerhalb der Videos - soll deshalb auch die in Zukunft von Tasty präferierte Lösung sein. Das kündigte BuzzFeed zu Beginn des Jahres an. Bisher sind die meistgeklickten Food-Videos des Planeten allerdings immer noch werbefrei. Was sie aber definitv generieren, ist fast noch mehr wert: Unmengen von Aufmerksamkeit. Und wenn die Marke dadurch erst etabliert ist, verkaufen sich die Werbeplätze irgendwann ganz von allein.




 


Tastys bisher erfolgreichstes Video: „Pizza Puff Pastry Twists“. Das Rezept steht bei 152 Millionen Aufrufen