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Bericht des Präsidenten zur 21. Sitzung des Medienrats

30.10.2025 | 21/2025

Top 5 Bericht des Präsidenten

Es gilt das gesprochene Wort!

Rückblick MTM25

Beginnen möchte ich mit einem Rückblick auf die MEDIENTAGE MÜNCHEN 2025: Sie waren heuer mehr denn je ein starker Impulsgeber in diesem „Herbst der Entscheidungen“. Wie sehr die Branche inmitten rasanter Transformation, Innovation und geopolitischer Umbrüche unter Druck steht, zeigte nicht zuletzt die am Vortag verkündete Entscheidung der Medienholding Media for Europe (MFE), (fast) den gesamten Vorstand von Pro Sieben Sat.1 auszutauschen.

Das diesjährige Motto der MEDIENTAGE, WTFuture?!“ war provokant, spielt aber die Stimmungslage relativ gut wider. So haben wir einen Eröffnungsgipfel erlebt, der politisch wie selten war. Die Hauptthemen, die sich wie ein roter Faden durch den gesamten Kongress zogen, waren:

  • die Dominanz globaler Plattformen im Medienmarkt und die damit verbundende Gefährdung etablierter Geschäftsmodelle,
  • Innovation und Disruption durch KI,
  • sowie die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die Meinungs- und Medienvielfalt, auf unsere Demokratie.


Aus meiner Sicht bedeutet intelligente Regulierung in erster Linie, endlich ein Level-Playing-Field im Wettbewerb der Plattformen und der traditionellen Medien zu schaffen – mit so wenig Regulierung wie möglich (Konzentrations- und Kartellrecht) und so viel Aufsicht wie nötig, indem wir die Verbindung von Freiheit und Verantwortung auch im digitalen Raum verankern.

Es gab viele Höhepunkte der 39. MEDIENTAGE MÜNCHEN mit mehr als 350 Speakerinnen und Speakern und über 5.000 Teilnehmenden im House of Communication. Ich will drei herausgreifen, die mir persönlich wichtig waren:

Am ersten Tag konnte ich mit Bayerns Justizminister Georg Eisenreich die Kooperation für unsere wichtige Initiative „Justiz und Medien – konsequent gegen Hass“ um ein weiteres Jahr verlängern und mit einem toll besetzten Podium das Thema „Meinungsfreiheit heißt nicht Beleidigungsfreiheit“ diskutieren.

Ein wichtiges Panel am zweiten Tag war für mich die Verleihung des Nachhaltigkeitspreises Medien – gemeinsam mit Landtagspräsidentin Ilse Aigner, der Schirmherrin des Nachhaltigkeitspakts Medien. Fast 30 Bewerbungen aus dem ganzen Bundesgebiet und ein eindrucksvoller Gewinnerbeitrag („WTF is Jule?“, ZDF) illustrieren: Der Nachhaltigkeitspakt Medien, den wir vor gut vier Jahren ins Leben gerufen haben, ist in Deutschland angekommen.

Die Präsentation und Diskussion einer neuen BLM-Studie zum Thema „Lokaljournalismus und Demokratie“ war ein Highlight an Tag drei. Denn sie zeigt deutlich: Lokale Inhalte sind die erste und letzte Instanz der Demokratie. Unsere Aufgabe als Aufsicht ist es, für ihre Sichtbarkeit zu sorgen, indem wir sie als Public Value berücksichtigen.

Abseits von der hohen inhaltlichen Relevanz der MEDIENTAGE MÜNCHEN, ist aus meiner Sicht ihr großes Erfolgsgeheimnis: Es gelingt dieser Veranstaltung wie keiner anderen, alle an einen Ort zu bringen. Das reicht vom Ministerpräsidenten über Geschäftsführer bis zu den Techies – also von den Entscheidern bis zu den Anwendern, die sich über große politische Themen genauso wie über auch ganz konkrete Anwendungsfälle austauschen. Mein großer Dank geht an alle, die diesen Event vorbereitet haben – natürlich an das Team der Medien.Bayern, aber auch an die Mitarbeitenden in der BLM.

Nächstes Jahr stehen die 40. MEDIENTAGE MÜNCHEN an. Ein Jubiläum, für das wir bereits spannende Gäste im Kopf haben… Bitte merken Sie sich den 21. bis 23. Oktober 2026 schon einmal in Ihren Kalendern vor.

Preisregen über Bayern

Wir haben es beim Blauen Panther gesehen, genauso wie auf den anderen Medienpreis-Galas dieses Herbstes: Es gibt keine Standort-Krise – zumindest nicht, was die Qualität betrifft. Das beweisen zahlreiche Anbieter aus Bayern, die jüngst ausgezeichnet wurden:

Beim Deutschen Radiopreis gab es drei Nominierungen aus Bayern und einen Gewinner: Der DAB+-Sender egoFM dürfte sich über den deutschen Radiopreis für die „Beste Sendung“ („Hoffmann & Kollmann Radioshow“) freuen.

Zudem gab es sechs deutsche Fernsehpreise für bayerische Anbieter. Besonders erfolgreich war ProSiebenSat.1 Media mit acht Nominierungen und drei Preisen, etwa für die „Beste Show“ und die „Beste Moderation/Einzelleistung/Unterhaltung“.

Last but not least gingen insgesamt drei Blaue Panther an Sender und Streaming-Anbieter mit Sitz in Bayern, u.a. an Prime Video für „Mein Name ist Otto“ – mein emotionaler Höhepunkt der Panther-Gala letzte Woche.

ProSiebenSat. 1 / MFE

Wohin geht die Reise bei ProSiebenSat.1 nach dem Austausch des Vorstands vergangene Woche?

Ich hatte es zu Beginn meines Berichts bereits kurz angesprochen: Die Nachricht von dem Komplettwechsels im Pro Sieben Sat.1-Vorstand so kurz vor den MEDIENTAGEN kam überraschend. Zumal sich MFE-Chef Pier Silvio Berlusconi erst wenige Tage vorher in der Bayerischen Staatskanzlei mit Ministerpräsident Dr. Markus Söder getroffen und ein eindeutiges Bekenntnis zum Standort München und lokalen Inhalten, u.a. durch die Installierung eines „Center of Excellence“, abgegeben hatte. Mit der Einsetzung des bisherigen MFE-CFO Marco Giordani als Vorstandsvorsitzenden bei P7S1 setzt MFE – nicht einmal zwei Monate nach der Übernahme von ProSiebenSat.1 – ein klares Zeichen für einen Neubeginn.

Eine Bewertung von Personal-Entscheidungen, die über die formale Prüfung, ob der neue Vorstand (bzw. die Geschäftsführung) die gesetzlichen Anforderungen in Bezug auf seine Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit erfüllt, hinausgeht, ist nicht Aufgabe der BLM. Auftrag der Landeszentrale bleibt es aber zu überwachen, ob – auch unter einer neuen Geschäftsleitung – zwingende Erfordernisse wie die redaktionelle Unabhängigkeit, die Erfüllung von Vielfaltsverpflichtungen oder das Informationsgefüge von ProSiebenSat.1 sichergestellt sind.

Die erwähnten Vereinbarungen zwischen MFE und der Bayerischen Staatsregierung entfalten selbstverständlich keine unmittelbare Bindungswirkung für das Ergebnis der Prüfung. Dennoch sind die Bekenntnisse zur Bedeutung von Nachrichten und dem Medienstandort Bayern Indizien dafür, dass unmittelbar keine negativen Auswirkungen durch die Übernahme oder den Vorstandswechsel zu erwarten sind. Sofern von der Vereinbarung erkennbar abgewichen würde, könnte dies zu einer anderen Bewertung führen.

Entscheidend ist jetzt, wie MFE auf die Krise im Medienbereich reagiert. Klar ist: Klassische Fernsehsender – nicht nur ProSieben oder Sat.1, auch RTL/Sky – haben mit ihrem Geschäftsmodell ein Problem. Die Werbeeinnahmen sinken und die Reichweiten bröckeln. MFE will hier Synergien schaffen etwa bei Werbevermarktung, Kosten oder bei der Technik und Distribution. Aber: Gelingt der Turnaround nicht, werden Sparmaßnahmen am Standort kommen. MFE ist ein gewinnorientiertes Unternehmen und wird entsprechend reagieren, sollten die Erwartungen nicht erfüllt werden.

Neue Studien / Forschungen

Rundum die MEDIENTAGE MÜNCHEN werden immer zahlreiche spannende Studien veröffentlicht, die wichtigen Input für unsere Arbeit geben. Es ist mir ein Anliegen, Ihnen hier einen kurzen Überblick zu verschaffen – vielleicht wollen Sie sich ja mit der ein oder anderen Studie näher befassen:

  • Die BLM-Studie zu Lokaljournalismus und Demokratie habe ich eingangs schon in Zusammenhang mit einem MEDIENTAGE-Panel erwähnt. Sie illustriert die wichtige Wächterfunktion lokaler Medien für die Demokratie. In der zweiten Novemberhälfte wird der finale Studienbericht auf unserer Website www.blm.de veröffentlicht.
     
  • Zur politischen Wirkung von (Kurz)Videos auf Plattformen und sozialen Netzwerken sind auf den #MTM25 gleich zwei Studien präsentiert worden. Eine Sonderanalyse im Rahmen des Online-Video-Monitors von BLM und der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) zeigt deutlich: Emotion schlägt Information beim Wahlkampf im Feed.
     
  • Die Videotrends 2025 der Medienanstalten belegen: Der Diskurs über politische und gesellschaftliche Themen verschiebt sich zunehmend auf soziale Netzwerke wie TikTok, Instagram und YouTube. Aber nehmen diese Plattformen ihre Verantwortung wahr oder setzt das Haftungsprivileg hier klare Fehlanreize?
     
  • Die Integration von Künstlicher Intelligenz in Suchmaschinen (z.B. AI Overviews bei Google) und ihre Auswirkungen auf die Informations- und Meinungsvielfalt hat ein Gutachten der Medienanstalten untersucht. Fazit: Wenn KI und Suche verschmelzen, ist das ein Thema für die Vielfaltssicherung.
     
  • Der Online-Audio-Monitor (von BLM u.a.) zeigt: Die Nutzung von Online-Audio-Angeboten (Musikstreaming, Webradio, Podcasts, Hörspiele) erreicht mit 53 Millionen Nutzenden Rekordniveau. Bemerkenswert: Obwohl neue Formate wie Video-Podcasts an Relevanz gewinnen, behauptet sich das Webradio in einer immer vielfältigeren Audiowelt.
     
  • Zuletzt noch brandaktuell ein Hinweis auf die BLM-Studie Eltern besser erreichen – Handlungsansätze für die Medienpädagogik, die wir vorgestern in einer Online-Veranstaltung vorgestellt haben. Sie untersucht die Bedürfnisse von Eltern und die Barrieren, die sie abhalten, Medienkompetenz-Angebote zu nutzen. Ich meine: Wir müssen medienpädagogische Angebote noch zielgruppenspezifischer, lebensnäher und leichter verständlich konzipieren – Erkenntnisse und vielfältige Handlungsansätze aus dieser Studie werden uns dabei helfen.