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Bericht des Präsidenten zur 19. Sitzung des Medienrats

22.05.2025 | 19/2025

Neue Bundesregierung / Koalitionsvertrag

Die neue Bundesregierung hat die Arbeit aufgenommen. Was steht medienpolitisch auf der Agenda? Dazu ein paar Anmerkungen in meinem ersten Berichtspunkt.

Was uns in den nächsten vier Jahren medienpolitisch vom Bund erwartet, steht im Koalitionsvertrag, der wichtige Medienthemen anspricht.

Erfreulich: Medienvielfalt bleibt Schlüsselthema. Und der Koalitionsvertrag trägt eine klar föderale Handschrift – das verraten Themen wie Förderung des lokalen Journalismus, Medienfreiheit und das Bekenntnis zu einer staatsfernen Aufsicht. Letzteres stellt klar, dass man hier weiter auf die bestehenden Strukturen der Medienanstalten setzt.

Weiterer Schwerpunkt: Künstliche Intelligenz (KI) – na klar. Der Koalitionsvertrag betont die Chancen von Künstlicher Intelligenz und die Notwendigkeit, dass der AI-Act praxistauglich umgesetzt werden muss. Hier stehen wir als BLM mit dem KI.M als Impulsgeber bereit.

Die positivste Überraschung aus meiner Sicht? Die Einführung einer Abgabe für Online-Plattformen, deren Erlöse dem Medienstandort zugutekommen, soll genauso geprüft werden, wie eine verschärfte Haftung von Plattformen für Inhalte. Das könnten wichtige Schritte für ein Level-Playing-Field im Medienbereich werden.

Mindestens genauso wichtig wie der Koalitionsvertrag sind natürlich die Personen, die den Koalitionsvertrag umsetzen werden.

Die Überraschung hier: Zwei Seiteneinsteiger mit Wolfram Weimer als Beauftragter für Kultur und Medien und Karsten Wildberger als Bundesdigitalminister. Gerade Wolfram Weimer ist bereits vor Amtsantritt viel Kritik vor allem aus der Kulturbranche entgegengeschlagen. Ich bin gespannt und hoffnungsvoll, dass er als Journalist und Verleger (FAZ, Axel Springer, Burda u.a.) ein offenes Ohr für die medienpolitischen Themen hat, die uns umtreiben. Und das ist neben den Rahmenbedingungen vor allem auch die Finanzierung.

Apropos: Wer sich innerhalb der Bundesregierung für die Prüfung einer Plattformabgabe zugunsten der Medien oder die verschärfte Haftung von Plattformen für rechtswidrige Inhalte verantwortlich fühlt, wird sich noch erweisen. Eigentlich ein klassisches Thema für den neu geschaffenen Bundesdigitalminister. Vielleicht ergibt sich hier über die Achse Bayern – Bund ein neuer Impuls, die Schieflage bei Finanzierung und Haftung in den Blick zu nehmen. Ich denke, hier wird auch Staatsminister Dr. Fabian Mehring eine klare Agenda haben.

Debatte um Desinformation / Meinungsfreiheit ist nicht Beleidigungsfreiheit

Apropos Haftung für rechtswidrige Inhalte: Der Koalitionsvertrag hat eine kontroverse Diskussion darüber ausgelöst, ob Maßnahmen gegen Desinformation ein klarer Hinweis auf die Einführung eines staatlichen Lügenverbots seien. Das ist – wenn man die gesamte Passage im Koalitionsvertrag liest – natürlich gerade nicht gemeint. So werden beispielhaft manipulative Techniken wie der Einsatz von Bots oder Fake-Accounts als Beispiele für Maßnahmen genannt.

Vor allem aber wird die Staatsferne betont. Und damit ist vollkommen klar: Als Medienanstalten sind wir in erster Linie der Meinungsfreiheit und deren Verteidigung verpflichtet. Und diese Verpflichtung haben wir und nehmen wir immer sehr ernst. Das heißt aber auch, dass wir einschreiten müssen, wenn die Meinungsäußerungsfreiheit durch strafrechtliche relevante oder eindeutig rechtswidrige Inhalte, wie Beleidigung oder Hassrede bedroht wird.

Dass es um den Koalitionsvertrag große Diskussionen gegeben hat, sehe ich übrigens nicht nur kritisch, sondern finde eine gesellschaftliche Debatte über das Thema „Desinformation“ gut und wichtig. Sie gibt Gelegenheit, in diesem Zusammenhang das eine oder andere richtig zu stellen.

Der BLM ist es ein wichtiges Anliegen, sich mit ihrer Arbeit für mehr Sachlichkeit und weniger Emotionalität in dieser gesellschaftlichen Debatte einzusetzen.

Dazu passt auch mein nächstes Thema…

Studie Meinungsbildungstypen

Ich möchte Sie auf eine neue Studie im Auftrag der BLM (in Zusammenarbeit mit dem rheingold Institut und der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz) aufmerksam machen, die sich mit der Meinungsbildung in diesen turbulenten Zeiten befasst.

Sind wir überhaupt noch an den Diskurs angebunden oder bereits abgekoppelt?
35 Prozent der Menschen sind bereits auf dem Rückzug, so ein Ergebnis der Forschenden. Die Gründe dafür: Wut, Empörung und Orientierungslosigkeit. Dazu tragen auch Algorithmen bei, die auf Social-Media-Netzwerken besonders emotionale Inhalte pushen. Ein Ergebnis, das uns zu denken geben sollte – auch wenn umgekehrt die gute Nachricht der Studie ist: Die Mehrheit der Bevölkerung ist fest im demokratischen Diskurs verankert.

Fazit der Studie: Damit alle Menschen am öffentlichen Diskurs teilnehmen können, müssen bei der Informationsvermittlung unterschiedliche Bedürfnisse bedient werden.

Um hier gezielt ansetzen zu können, hat die Studie sechs psychologische Typen der Meinungsbildung identifiziert. Jeder Mensch hat – je nach Typ – ein eigenes Muster der Informationsnutzung. Die sechs Meinungsbildungstypen helfen Medien, ihre Zielgruppen alltagsnäher und psychologisch klug anzusprechen – mit klarer Sprache, alltagsnahen Formaten und glaubwürdigen Akteuren. Denn wenn das nicht mehr gelingt, haben wir nicht nur ein Kommunikationsproblem, sondern ein Demokratieproblem.

Alle Informationen zur Studie finden Sie auf unserer Website www.blm.de.

ProSiebenSat.1 / Stellenabbau / Übernahmeangebote MFE und PPF

Sie haben es bestimmt den Medien entnommen: ProSieben.Sat.1 plant einen weiteren Abbau von 430 Vollzeitstellen – laut Mitteilung „sozialverträglich durch ein Freiwilligenprogramm“. Begründet wird das mit der strategischen Neuausrichtung des Konzerns und der Fokussierung auf das Entertainment-Geschäft. Zudem liegt neben einem Angebot der MEDIAFOREUROPE (MFE) zur Übernahme weiterer Aktien an ProSieben.Sat.1 ein deutlich höheres Angebot des tschechischen Investors und Mitaktionärs PPF vor.

MFE hält bereits gut 30 Prozent der Aktien; PPF besitzt 15 Prozent und will diesen Anteil nun – unter bestimmten Voraussetzungen – auf ebenfalls fast 30 Prozent ausbauen. Der Vorstand von ProSiebenSat1 unter der Leitung von Bert Habets begrüßte das neue Angebot ausdrücklich. Auch Medienminister Dr. Florian Herrmann wertete es als „positives Signal für den Medienstandort Bayern…, dass sich … auch ein zweiter internationaler Investor ganz offen zu diesem Medienkonzern bekennt“.

Als BLM haben wir uns in diesem Zusammenhang mit Bewertungen sehr zurückgehalten. Das liegt zum einen daran, dass wir gerade über PPF zu wenig wissen. Daran arbeiten wir – einerseits über eine Anfrage bei P7S1, die das Informationsgefüge betrifft. Zum anderen wollen wir ähnlich wie bei MFE den direkten Kontakt aufbauen.

Insgesamt hätte ich mir gewünscht, dass P7S1 angesichts der sehr schwierigen Rahmenbedingungen, zumindest intern etwas zur Ruhe kommt und alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Ein drohender Machtkampf zwischen den beiden größten Gesellschaftern könnte zu einer weiteren Belastungsprobe werden. Wie dies ausgeht, wird sich vielleicht schon auf der virtuellen Hauptversammlung des Konzerns am 28. Mai zeigen.

Einladung LRFT 25

Herzliche Einladung an Sie alle auch heuer wieder zu den Lokalrundfunktagen in Nürnberg. Die Branche trifft sich am 25./26.06 (Mittwoch/Donnerstag) im NCC Mitte.

Wir werden nicht nur die neuen Ergebnisse der Funkanalyse Bayern hören und erstmals die BLM-Medienpreise verleihen, sondern – natürlich! – über aktuelle Entwicklungen, Herausforderungen und Chancen im lokalen Radio und Fernsehen diskutieren. Wir wollen aber auch über das demokratische Grundversprechen reden, das Lokalmedien der Gesellschaft jeden Tag geben – nah bei den Menschen, relevant für ihren Alltag, verlässlich in der Berichterstattung.

Ein Versprechen, das in diesen Zeiten gar nicht so leicht einzulösen ist, denn technologische Innovationen, verändertes Nutzungsverhalten und ökonomischer Druck fordern die Sender täglich neu heraus. Wie können Künstliche Intelligenz, neue Erzählformate oder innovative Vertriebswege sinnvoll eingesetzt werden? Wie sichern wir journalistische Unabhängigkeit und wirtschaftliche Tragfähigkeit? Diese Fragen stehen im Zentrum des vielfältigen Konferenzprogramms.

Diskutieren Sie mit, tauschen Sie sich aus, knüpfen Sie neue Kontakte – bei den Panels, in den Masterclasses oder im Rahmen des Medienfests im Alten Rathaus.

Rückblick Veranstaltungen

Rückblick Fachtagung Jugendschutz und Nutzerkompetenz

Kurzer Rückblick auf unsere gestrige Fachtagung Jugendschutz und Nutzerkompetenz, bei der ich ein paar von Ihnen auch gesehen habe.

Unter dem Motto „medienkompetent und meinungsstark“ haben wir uns diesmal damit auseinandergesetzt, wie junge Menschen in Zeiten von TikTok und Künstlicher Intelligenz am demokratischen Diskurs teilhaben können.

„Wie gestalten wir Technologien so, dass sie demokratische Diskurse stärken statt sie zu untergraben?“ – das ist aus Sicht der Keynoterin Dr. Lara Kobilke von der Ludwig-Maximilians-Universität München dabei eine ganz entscheidende Frage. Mit dieser und vielen weiteren Herausforderungen, die aktuell mit dem Prozess der demokratischen Meinungsbildung einhergehen, beschäftigten sich an dem spannenden Tag gestern zahlreiche Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und medienpädagogischer Praxis.

40 Jahre BLM

Zuletzt noch zu unserer kleinen 40 Jahre BLM-Feier im Anschluss an den vergangenen Medienrat: Es gab viele positive Rückmeldungen – vor allem auch zu
Prof. Dr. Martin Andree mit seinen prägnanten Anmerkungen zu den Auswirkungen der digitalen Transformation auf Wirtschaft, Demokratie und Medien sowie dem Impuls des Medienministers.

Es kam zudem gut an, dass wir uns nicht primär selbst gefeiert, sondern das Jubiläum vor allem auch dazu genutzt haben, im Rahmen eines Radio- und eines TV-Tages Anregungen für die künftige Weiterentwicklung der lokalen Rundfunkbranche in Bayern zu sammeln. Über die Ergebnisse erfahren Sie später mehr unter TOP 7.