TOP 5 Bericht des Präsidenten
Es gilt das gesprochene Wort!
Künstliche Intelligenz: KI-Verordnung / KI.M und KI-Reallabor
Den ersten Teil meines Berichts möchte ich dem Thema Künstliche Intelligenz (KI) widmen. KI wird die Medienbranche tiefgreifend verändern. Neben vielen Innovationschancen bringt sie auch nicht unerhebliche Risiken mit sich – vor allem durch KI-generierte Desinformation und aktuell noch schwer absehbare Auswirkungen auf Medienvielfalt und Ausgewogenheit. Diese Fragen waren und sind Kernbereiche der medienrechtlichen Vielfaltsregulierung und damit reine Ländersache.
Diese Besonderheiten der Branche hatte der europäische Gesetzgeber im Rahmen der KI-Verordnung offensichtlich und bedauerlicherweise nicht im Blick: Bei der nationalen Umsetzung der KI-Verordnung soll die zentrale Zuständigkeit für die Umsetzung der Regelungen an die Bundesnetzagentur (BNetzA) gehen. Der Bund beruft sich hier auf seine Gesetzgebungskompetenz für das „Recht der Wirtschaft“. Damit wäre erstmals eine Staatsbehörde für die Medienaufsicht zuständig – ein Dammbruch in der Geschichte der Bundesrepublik.
Aus Sicht der Medienanstalten würde die bisher geplante Umsetzung nicht nur die erwähnten verfassungsrechtlichen Probleme, sondern auch Rechtsunsicherheit, Doppelstrukturen sowie vor allem eine fachlich unzureichende Aufsicht über die Medienunternehmen nach sich ziehen. So verfügt die BNetzA weder über die Expertise noch den Fokus, die bei KI-Anwendungen für Medien relevanten Gesichtspunkte (Desinformation, Verantwortlichkeit, Vielfalt, Jugendmedienschutz, Diskriminierungsfreiheit u.a.) zu berücksichtigen.
Einer Schwächung oder Aushöhlung der bei den Landesmedienanstalten bereits etablierten Strukturen und ihrer Expertise (bereits aufgebautes Vertrauen der Branche im Bereich KI) muss entschieden entgegengetreten werden.
Ich bin der Rundfunkkommission der Länder, aber auch Sendern wie ProSiebenSat.1 und dem Bayerischen Zeitungsverlegerverband dankbar, dass hier klar gegen den aktuellen Referentenentwurf zur Durchführung der KI-Verordnung in Deutschland Stellung genommen wurde: die Glaubwürdigkeit, Unabhängigkeit und Verlässlichkeit der privaten Medien ist in Gefahr, wir müssen hier zu einer innovationsfreundlichen und bürokratiearmen Lösung kommen.
Innovationsfreundlich und bürokratiearm – das sind passende Stichpunkte für unser KI.M bzw. das KI-Reallabor, zu dem ich Ihnen ebenfalls ein Update geben möchte. Unser KI-Kompetenzzentrum Medien, das wir erst im Juni gestartet haben, hat sich in kurzer Zeit sehr gut entwickelt. Das Motto des KI.M, „nicht reden, sondern machen“, trifft den Nerv.
Mit dem KI.M war der Freistaat auf Initiative der BLM und der Medien.Bayern vorangegangen und hat ein öffentlich zugängliches Versuchslabor geschaffen, das es so noch nicht gab: Das KI.M hat sowohl die technischen (H200) als auch fachlichen (drei KI-Ingenieure) Möglichkeiten, mit Medienunternehmen funktionsfähige Prototypen zu entwickeln. Ziel ist es, dass Medienhäuser KI nutzen können – ohne ihre Souveränität an globale Plattformen zu verlieren.
Deshalb geben wir im KI-Reallabor Medienhäusern die Möglichkeit, KI-Anwendungen unter realen Bedingungen zu testen, bevor sie in eigene Lösungen investieren.
So wurde beispielsweise mit dem Partner Antenne Bayern ein KI-Chatbot entwickelt, der vollautomatisiert (also ohne jegliche menschliche Beteiligung) mit Hörenden von Antenne Bayern sicher interagieren kann und weiß, was aktuell im Live-Programm passiert ist. Außerdem wurde im KI.M mit der Medienwerkstatt Franken und München TV ein KI-System entwickelt, das weitgehend fehlerfrei alle Inhalte eines Bewegtbildbeitrags erkennen, beschreiben und archivieren kann. Videomaterial wird automatisiert, korrekt verschlagwortet und dadurch für die Produktion auf Dauer nutzbar gemacht – dank KI.
Zwei konkrete und für viele Medienunternehmen relevante Anwendungsbeispiele von KI, die sich bereits herumgesprochen haben: So gibt es schon Kooperations-Anfragen von Unternehmen und Akteuren aus Nachbarländern (Österreich, Schweiz, Liechtenstein), die im Moment nicht in der Lage sind, zeitnah ähnliche Kapazitäten aufzubauen. Auch gibt es Überlegungen zu einer Kooperation des KI.M mit dem bei ProSiebenSat.1 geplanten „Center of Excellence“ für die Bereiche Künstliche Intelligenz, Streaming und Werbetechnologie.
Dieses positive Feedback ist eine schöne Bestätigung. Wir sind mit dem KI.M und seinem Reallabor, das bald in der BLM einziehen wird, auf dem richtigen Weg. Ein Weg allerdings, der in eine Sackgasse führen wird, wenn die KI-Verordnung künftig wie geplant durch die BNetzA umgesetzt wird. Das möchte ich an dieser Stelle sehr deutlich sagen...
Extremismus-Prävention
Der zweite Schwerpunkt meines heutigen Berichts ist die Extremismus-Prävention, die für die BLM ein immer wichtigeres Thema wird. Die Videotrends 2025 der Medienanstalten haben zuletzt erneut belegt: Der Diskurs über politische und gesellschaftliche Themen verschiebt sich zunehmend auf soziale Netzwerke wie TikTok, Instagram und YouTube. Hier werden auch immer häufiger Jugendliche radikalisiert – von links- und rechtsextremen bis zu islamistischen Gruppierungen.
Dabei nutzen diese Gruppierungen soziale Netzwerke, Messenger und Videoplattformen längst nicht mehr nur zur Propaganda, sondern auch für gezieltes „Influencing“. Mit Lifestyle-Ästhetik, Musik, Gamification oder Memes werden Jugendliche emotional angesprochen und für extremistische Inhalte empfänglich gemacht. Die Radikalisierung der Jugendlichen geschieht dabei oft schleichend. Je eher Prävention dagegenwirkt, desto besser.
Die Landeszentrale ist hier – gemeinsam mit Partnern – auf vielen verschiedenen Ebenen tätig, um Nutzerinnen und Nutzer zu sensibilisieren, Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen und gemeinsam Kompetenzen zu stärken, um Extremismus im Netz wirksam entgegenzutreten.
Auf einige unserer aktuellen Aktivitäten möchte ich kurz hinweisen:
Vorgestern haben wir das Gutachten „(Rechts)Extremismus im Gaming-Bereich“ im Auftrag der BLM und des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales vorgestellt. Es sollte klären, wie extremistische Aktivitäten in digitalen Gaming-Welten verbreitet werden und ob diese Inhalte Einfluss auf Radikalisierungsprozesse haben. Fazit des Gutachtens: Es gibt vielfältige extremistische Aktivitäten mit Gaming-Bezug, z.B. durch die Produktion eigener Propagandaspiele, die Instrumentalisierung kommerzieller Spiele oder die Nutzung gaming(-naher) Plattformen. Die BLM wird das Gutachten zum Anlass nehmen, ihren Dialog mit der Gamesbranche weiter zu vertiefen, um gemeinsam Maßnahmen zu entwickeln, gegen Extremismus jeglicher Art im Gaming vorzugehen.
Um den Islamismus im Netz zu entschlüsseln und zu begegnen, ist die Landeszentrale in engem Austausch mit verschiedenen Partnern, vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz bis zur interministeriellen Arbeitsgruppe des Netzwerks „Antworten auf Salafismus“ der Bayerischen Staatsregierung. Auch unsere kommende Fachtagung Jugendschutz und Nutzerkompetenz am 20. Mai nächsten Jahres wird Strategien islamistischer Online-Kommunikation und salafistische Narrative in den Blick nehmen, überprüfen, welche Plattformen hier eine Rolle spielen und Best-Practice-Beispiele aufzeigen, wie man den damit verbundenen Gefahren begegnet.
Mit der Bayerischen Polizei, der Generalstaatsanwaltschaft und dem Bayerischen Innenministerium sind wir außerdem in ersten Gesprächen über ein mögliches gemeinsames Präventionsprojekt (an Schulen) gegen Hass, Hetze, Extremismus und Desinformation in Gaming und in Social-Media-Plattformen wie TikTok und Co.
Drei Ansätze, die alle das Ziel eint, der Radikalisierung von Jugendlichen im Netz vorzubeugen – ein Thema, das aus meiner Sicht immer wichtiger wird. Wir dürfen digitale Räume nicht extremistischen Akteurinnen und Akteuren überlassen. Deshalb gehen wir in der Jugendmedienschutz-Aufsicht konsequent gegen Hass, Hetze und Extremismus im Netz – ganz egal aus welcher Richtung – vor.