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- 2001
What's next? - Technik für die Zukunft des lokalen Rundfunks - Nichts als Zukunftsmusik?
Welche Chancen hat der lokale Rundfunk durch die neuen Technologien? Gibt es Alternativen zu den klassischen Übertragungswegen? Werden die neuen Technologien die alten substituieren oder ergänzen? Antworten auf diese Fragen, potenzielle Lösungen und Geschäftsmodelle diskutierten Vertreter die Workshop-Teilnehmer auf den diesjährigen Lokalrundfunktagen Nürnberg.
Eine Satellitenlösung wurde von Klaus Gootjes präsentiert. Sein Unternehmen Global Radio in Luxembourg liefert europaweites Satellitenradio mit regionalen Programm-schwerpunkten an mobile Empfänger. Die Zielgruppe sind - weit gefasst - über 200 Mio. Fahrzeuge in Europa und 1,5 Mio. Lastwagenfahrer täglich. Dabei stellt Global Radio die Technik zur Verfügung, die auch lokale Radiostationen nutzen können. Das Programm wird via Internet zu Global Media geliefert, wo dann der Uplink zum Satelliten passiert. Die Empfangsgeräte, an deren Herstellung unter anderem Blaupunkt und Grundig beteiligt sind, werden am Außenspiegel des Autos angebracht und sollen möglichst nach europäischem Standard produziert werden.
Helwin Lesch prophezeite dem Hörfunk einen Paradigmenwechsel: Werden heute noch 95% der Bevölkerung über einen Distributionsweg erreicht, nämlich die UKW-Frequenz, stehen dem Radio der Zukunft verschiedene Plattformen zur Verfügung. Die Stärken des Lokalfunks werden dann in den Location Based Services (LBS) liegen. Standortbezogene Informationen wie Verkehrsnachrichten, Blitzwarnungen etc. werden von klassischen lokalen Diensten, an die Netzwerkbetreiber geliefert und an den Nutzer gefunkt. Die Lokalsender können so ihre Marke als Gütezeichen prägen und ihr Archivmaterial zweitverwerten. Christof Becker, kündigte an, MobilCom könne bereits Mitte 2002 den UMTS-Frequenzbetrieb aufnehmen und mit höchsten Datentransfergeschwindigkeiten Streamings in Videoqualität anbieten.
Etwas gegenwartsbezogener gestalteten sich die Ausführungen von Michael Westphal. Technologie brauche schließlich auch Anwender, die bereits bestehenden Kommunikationswege müssten genutzt und ausgeschöpft werden. Deshalb müsse in erster Linie Content geliefert werden, der den Ansprüchen der Nutzer Genüge leistet. Er warnte vor zu hohen Erwartungen vom technischen Fort-schritt, mahnte ein Umdenken an "weg von der klassischen journalistischen Denke hin um Online-Journalismus." Die Lokalsender müssten sich anpassen an die Interaktivität, die Multidirektionalität und die On-Demand Produktion. Er plädierte für eine Kompaktlösung, die dem Nutzer Content-Pakete auf die Festplatte liefert, die er dann nach Bedarf abrufen kann. In nicht allzu weiter Ferne liege auch die T-DSL-Lösung der Telekom, wie sie Rüdiger Feustel dem Auditorium vorstellte. Blitzschneller Seitenaufbau, Downloads in Rekordzeit und RealAudio/Video von hoher Qualität soll dann Realität werden.
Die Empfehlung an die Lokalsender lautete: um sich rechtzeitig gut zu platzieren, ist es sinnvoll, mit dem örtlichen Netzbetreiber zu kommunizieren, welcher Content am besten mit welcher technischen Lösung verteilt wird. So soll am Ende für beide Beteiligten eine Win-Win-Situation entstehen.
Sehr viel konkreter stellten sich die Geschäftsmodelle dar, die in der anschließenden Veranstaltung "SMS-Hörerservice - Vom Radio aufs Handy" vorgestellt wurden. Hörfunk und Handy sind eine nahezu ideale Kombination, einerseits durch ihre Mobilität, andererseits weil sie in Deutschland eine äußerst hohe Verbreitungsdichte haben. Der vom Heuschnupfen geplagte Hörer kann die Pollenflugvorhersage von seinem Radiosender per SMS aufs Handy anfordern. Alles was er noch angeben muss, ist seine Postleitzahl um seinen Standort zu definieren, der Service ist kostenlos. Analog zu den sogenannten Pollenbeam gibt es auch den Songbeam, Blitzbeam und den Fußballergebnisbeam. Die Vorteile, die der Radiosender davonträgt, nannte Tobias Metzger: der Sender bekommt ein innovatives Image, jeder Dienstabruf bewirkt Branding-Effekte und nicht zuletzt ist durch die SMS ein Rückkanal eröffnet, der ein Feedback ermöglicht. Moritz von Negelein fasste zusammen worüber sich alle Referenten einig waren: "Nur Internet alleine wird in Zukunft nicht reichen - alles wird mobiler werden."