Etabliert sich Ultra High Definition Television (UHD) als Nonplusultra der TV-Zukunft? Immer mehr neue TV-Geräte verfügen über UHD-Technologie. Doch die großen Datenmengen der 4K-Auflösung erfordern große Bandbreiten und höhere Produktionsetats. Prognosen darüber, wann UHD den Massenmarkt erobert, sind deshalb schwierig.
Text Wolfgang Scheidt
Beim Finale von Deutschland sucht den Superstar im April 2019 erstrahlte alles ultra-scharf: Auf den Bildern des Ultra-HD-Kanals von RTL funkelte das schillernde Konfetti der Glitterkanone in einer Auflösung von 3.840 x 2.160 Bildpunkten. „Da sah man wirklich alle Schnipsel blinken, und am Schluss konnte ich zählen, wie viele davon bei Dieter Bohlen auf den Haaren gelandet sind“, scherzt Andre Prahl, Vorstandvorsitzender der Deutschen TV-Plattform. Ultra HD bietet gegenüber Full HD die vierfache Auflösung. „Dadurch wirken Fernsehbilder in UHD im Vergleich erheblich schärfer, detaillierter und plastischer“, verdeutlicht Prahl. „Außerdem ist das Bild ruhiger und flimmerfrei, weil bei UHD mit 50 Vollbildern in der Sekunde gesendet wird.“
Nach Angaben von GfK Retail & Technology wurden bis Ende Februar 2019 in Deutschland 10,5 Millionen Fernsehgeräte mit ultrahoher Auflösung verkauft. Im laufenden Jahr sollen mit 4,6 Millionen UHD-Flachbildschirmen fast Dreiviertel aller verkauften TV-Geräte dem neuen Standard entsprechen. „Es ist heute möglich, ein gutes UHD-/HDR-fähiges Display für unter 800 Euro zu kaufen“, berichtet Nicholas Goodwin, Head of Post Production bei Constantin Film. Die drei Buchstaben HDR stehen für High Dynamic Range, also Hochkontrastbilder mit einem viel größeren Farb- und Helligkeitsbereich, als er bei herkömmlichen HD-Geräten möglich ist. Technisch werden UHD-Inhalte über Satellit, Kabel, IPTV und Internet verbreitet. Via DVB-T2 stehen für UHD, erklärt Andre Prahl, zu wenige Frequenzressourcen zur Verfügung.
Streaming-Anbieter als Vorreiter
Sind die Tage des Fernsehens mit niedriger Standard-Bildauflösung (SD, Standard Definition) also gezählt? Nach Ansicht von Stefan Kunz, Vice President Broadcast Services bei Sky Deutschland, ist der Ausbau des UHD-Angebots nicht direkt an die Abschaltung von SD-Sendern gekoppelt. „Da SD-Sender bei der Abschaltung in der Regel durch HD-Sender ersetzt werden und UHD parallel ausgebaut wird, sind beide Aspekte gute Nachrichten für alle Kunden.“ Beim UHD-Programmangebot sind zurzeit Streaming-Anbieter in der Pole-Position: Apple TV bietet rund 500 Filme und Serienstaffeln in UHD-Auflösung an, Netflix und Amazon Prime jeweils rund 200 Produktionen. „Gerade Streaming-Anbieter haben in der Distribution den großen Vorteil gegenüber den linearen Verbreitungswegen, effizient parallel verschiedene Qualitätslevel und neueste und somit effiziente Codecs wie zum Beispiel H.265 einsetzen zu können“, erläutert Johannes Züll, Vorsitzender der Geschäftsführung der Studio Hamburg Gruppe, die Vorteile.
Sender wie ZDF, RTL, ProSieben oder Sat.1 produzieren zurzeit nur wenige Formate in UHD. Der Eventkanal RTL UHD startete im vergangenen Jahr und ist auf Sport, Shows und hochwertige Eigenproduktionen fokussiert. Auch die Sendergruppe ProSiebenSat.1 zeigt seit 2018 erste Sendungen im ultrahochauflösenden Format UHD mit HDR. Sky Deutschland hingegen präsentierte als Vorreiter bereits 2014 ein Fußball-Livespiel in Ultra HD. Aktuell nutzen 1,5 Millionen Kunden einen Sky-Q-Receiver für hundert verfügbare Spielfilme, Serienfolgen und 130 Live-Sport-Events (Saison 2019/20) in UHD-Qualität. Angesicht von weit über tausend Live-Sport-Events insgesamt ist dies nach Ansicht von Kunz erst der Anfang.
Vor allem bei Inhalten mit aufwändigen visuellen Effekten oder Bildern, die – wie beim Sport – schnelle Bewegungen zeigen, können UHD und HDR mit ihrer höheren Auflösung, besseren Kontrasten und erweitertem Farbraum trumpfen. Die höhere Auflösung liefert „mehr Pixel“, mit HDR werden daraus „bessere Pixel“. Andre Prahl bringt das wie folgt auf den Punkt: „Wenn man HDR mit SDR vergleicht – also das, was wir bisher von einem HD-Fernseher kennen – dann ist das so, als würde ich einen Schleier vom Bild ziehen.“
Für Jasmin Mittenzwei, Pressesprecherin bei Astra Deutschland, wird der Qualitätssprung am deutlichsten „bei Formaten, die eine schnelle Bildabfolge erfordern oder bei denen die Tiefenschärfe der Bilder maßgebend ist.“ Dazu zählen Sportarten wie Fußball, Eishockey, Badminton, Tennis und Golf.
„Geschwindigkeiten werden auf einmal sichtbar – und das auch ohne Slow Motion“, ergänzt Züll. Hochwertige fiktionale Produktionen wie „Babylon Berlin“ oder Natur- und Musik-Dokumentationen profitieren ebenso von UHD. „Bei Actionszenen und opulenten Bildern sind die Tiefenschärfe und der Detailgrad von UHD Gold wert“, lobt Kunz. Bei Live-Shows hingegen steht nach Ansicht von Züll der hohe Aufwand einem geringen Repertoirewert entgegen.
Immer größere Datenmengen
Noch ist die Produktion von UHD-Programmen relativ teuer. Damit sich die Investitionen lohnen, sollen zwei Pilotprojekte Schwung in die Entwicklung bringen: Astra Deutschland betreibt mit HDplus einen UHD-Testkanal für Simulcast und Programmschleifen. Dieses Angebot werde rege genutzt, erklärt Pressesprecherin Mittenzwei: „Sowohl für Sportübertragungen als auch für Unterhaltungsprogramme.“ Auch Sky Deutschland hat von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) ein UHD-Pilotprojekt genehmigt bekommen. Sky-Manager Kunz will technische Neuerungen vorantreiben und Erfahrungen über Kunden austauschen. Die Umstellungsphase vom HD- auf den UHD-/HDR-Workflow läuft längst. Kameratechnik, Studiobetrieb, Postproduktion und Sendeabwicklung werden sukzessive umgerüstet.
Die zu transportierenden Datenmengen bei UHD-Übertragungen der 4K-Generation sind immens. Kunz berichtet von einer im Vergleich zu HD-Bildern zehnfach größeren Datenmenge: „Alle Komponenten der gesamten Wertschöpfungskette sowie Leitungen der Infrastruktur müssen auch in der Lage sein, mit dieser Datenmenge zu arbeiten.“ Ökonomisch ist das kein Pappenstiel. In Japan scheint das kaum zu irritieren: Dort sollen die TV-Bilder der Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio sogar in 8K-Qualität produziert werden.
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Standard-Auflösung mit meist 720×576 Pixeln, Seitenlängenverhältnis in der Regel: 16:9 (SD-Programme, DVD) |
High Definition (HD) |
Auflösung von 1.920×1.080 Pixeln (Full-HD, gelegentlich auch als 2K bezeichnet) oder 1.024x768 Pixeln (HD-ready), Seitenlängenverhältnis: 16:9 (HD-Programm, Blu-ray Disk) |
Ultra-HD (UHD) |
Auflösung von 3.840×2.160 Pixeln, Seitenlängenverhältnis: 16:9 (UHD-Programm, Ultra HD Blu-ray Disk) |
Auflösung 4K oder 8K |
Eine 4K-Auflösungbezeichnet eine horizontale Bildauflösung in der Größenordnung von etwa 4.000 Pixeln (Ultra-HD), bei 8K liegt eine horizontale Bildauflösung in der Größenordnung von 8.000 Spalten vor. |
Foto: Cornel Constantin/Shutterstock.com
Porträt Wolfgang Scheidt: privat