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Grußwort BLM-Präsident Dr. Thorsten Schmiege zur 7. Fachtagung Jugendschutz und Nutzerkompetenz am 18.05.2022

18.05.2022 |

- Es gilt das gesprochene Wort! - 


Meine sehr geehrten Damen und Herren,

gleich zu Beginn des Angriffskriegs gegen die
Ukraine kursierte ein sog. Deep-Fake-Video im Netz:

Der ukrainische Präsident Selenski rief darin sein Volk zur Kapitulation auf. Hacker hatten das Video bei dem – an sich seriösen – Fernsehsender Channel 24 platziert. Dieses Video war gut gemacht. So gut, dass die Fälschung mit bloßem Auge kaum zu erkennen war. Daher die Bezeichnung „Deep Fake“.

Das ist nur ein Beispiel für die zahllosen Fake News, Desinformationen und Verschwörungstheorien in diesem entsetzlichen Krieg, der nicht zuletzt, sondern vor allem auch ein Propagandakrieg ist.

Das Beispiel macht deutlich: Man kann selbst bislang für authentisch gehaltenen Informationen und Kanälen nicht mehr grundsätzlich trauen.

Falsche Nachrichten und verdrehte Verschwörung können uns immer und überall im Netz und vor allem auf Social Media begegnen. Sie greifen das Fundament unserer Informationsgesellschaft und damit auch unserer Demokratie an.

Hier ganz entschieden gegenzusteuern ist eine zentrale Aufgabe aller demokratischen Kräfte in Deutschland, Europa und der Welt.

Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) möchte mit der heutigen Veranstaltung einen kleinen Beitrag dazu leisten, für dieses wichtige Thema zu sensibilisieren, aufzuklären, über nötige Kompetenzen zu sprechen – und natürlich den teilnehmenden Fachkräften praxisnahe Tipps zu vermitteln und Gegenstrategien vorstellen.

Bei all dem ist es unser bewährter Ansatz, interdisziplinär vorzugehen. Damit Ihnen allen ein ganz herzliches Willkommen zur 7. Fachtagung Jugendschutz und Nutzerkompetenz der BLM!

Klar ist: Verschwörungstheorien, Fake News und Staatspropaganda sind keine neuen Phänomene.

Mit dem zunehmenden Tempo und der Schlagkraft digitaler Technologien sind sie aber omnipräsenter und damit auch gefährlicher denn je.

Das hat sich auch während der Pandemie gezeigt.Was hat die Landeszentrale mit diesen Themen zu tun?Hier gibt es mehrere Ansatzpunkte: Zum einen das Themenfeld der Regulierung. Es geht um Jugendschutz, der im Lauf der Veranstaltung noch Thema sein wird. Es geht aber auch um die Überwachung anerkannter journalistischer Grundsätze. Eine in dieser Form neue Aufgabe der Medienanstalten. Und ein nicht selten schwieriger Spagat. Denn natürlich ist ein offener Diskurs essentiell für unsere Demokratie.

Es ist gut, dass die freie Meinungsäußerung und vielfältige Meinungsbildung dank Internet einfacher geworden ist. Einfach ist es umgekehrt bei dem eingangs beschriebenen Beispiel einer bewussten Fälschung. Aber: Es gibt eine Fülle von Grenzfällen, von schwer erträglichen Meinungsäußerungen, die aber eine Demokratie bis zu einem gewissen Grad aushalten muss.

Die Maxime lautet: Im Zweifel FÜR die Meinungsfreiheit. Das heißt aber auch, dass eine neutrale, staatsferne Regulierung hier an ihre Grenzen kommt. Ein zweiter, wie ich finde noch wesentlicherer Ansatzpunkt ist die Stärkung der Medien- und Nutzerkompetenz. Schließlich ist es eine Tatsache: Manche Jugendliche verbringen mittlerweile fast so viel Zeit in den sozialen Medien wie in der Schule. Hinterfragen, reflektieren halten sie dabei – zurückhaltend ausgedrückt – für eher unwichtig.

Schließlich belohnen die digitalen Medien Unmittelbarkeit und Impulsivität, Emotion statt Sachlichkeit. Es bleibt allerdings das ungute Gefühl, dass da was nicht stimmen kann. In der Folge steigen Unsicherheit und Misstrauen in jegliche Form von Informationen – leider auch von seriösen Quellen. So paradox es klingt: Und damit steigt auch die Empfänglichkeit für Verschwörungstheorien und Fake News. Hier müssen wir entschieden gegensteuern. Das Vertrauen in Qualitätsmedien muss wieder steigen.

Was können wir tun?

Die Medienkompetenz-Projekte der BLM und ihrer medienpädagogischen Stiftung muss ich Ihnen nicht vorstellen – sei es der Medienführerschein Bayern, das Referentennetzwerk Bayern oder FLIMMO. Speziell zur Wirkung von Verschwörungsmythen und Fake News auf Jugendliche haben wir in Kooperation mit der Aktion Jugendschutz die Borschüre entwickelt.

Und damit bin ich bei einem zentralen Punkt: Die Angebote sind da, wir müssen hier noch stärker in die Breite wirken. Insofern bedienen Sie sich und nutzen Sie Ihre Rolle als Multiplikatoren.

Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen versichern, die heutige Veranstaltung basiert auf den Kriterien des Qualitätsjournalismus:

Wir wollen uns aus unterschiedlichsten Perspektiven und vorurteilsfrei dem Thema Verschwörungstheorien und Fake News annähern.

Allen Referentinnen und Referenten, die hierzu Ihren Teil beitragen, an dieser Stelle mein ganz herzlicher Dank!    

Erlauben Sie mir zum Schluss eine ganz persönliche Anmerkung, die mich angesichts der aktuellen Entwicklungen umtreibt:

Wir haben in Deutschland aus unserer Geschichte die Lehren gezogen: Freie unabhängige Medien und eine staatsferne Aufsicht haben bei uns Verfassungsrang.

Gleichzeitig beobachten wir eine Art Renaissance der staatlichen Einflussnahme auf Medien in Europa und der ganzen Welt.

Meine Frage:

Hätte es Putin genauso leicht gehabt, einen Angriffskrieg zu führen, wenn in Russland eine freie und plurale Medienordnung existieren würde? Hat der Krieg nicht bereits mit der Ausschaltung einer staatsfreien Berichterstattung viel früher als am 24. Februar begonnen?

Mein Appell daher: Wir haben es in der Hand, Jugendlichen den Wert einer freien Presse und unabhängigen Medien zu vermitteln.

Insofern dient die Vermittlung von Medienkompetenz nicht nur dem Jugendschutz, sondern vor allem auch dem Schutz unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung – und damit letztlich auch der Friedenssicherung.

Und nun wünsche ich Ihnen allen eine spannende und aufschlussreiche Fachtagung.

Nochmals herzlich Willkommen in der BLM und vor den Bildschirmen!