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Bericht des Vorsitzenden zur 35. Sitzung des Medienrats

23.07.2015 | 35 2015
Bei der Sitzung des Medienrates am 21. Mai hatte ich kritisch Stellung genommen zur Ablehnung des geplanten Verbotes regionaler Werbung für nationale TV-Sender durch die Bayerische Staatsregierung. Meine Kritik daran wurde vom Gremium in der anschließenden Diskussion geteilt und ein Brief des Vorstandes an den Ministerpräsidenten angeregt, in dem die Position des Medienrats erläutert werden sollte. Das mit Frau Geiger und Dr. Kempter abgestimmte Schreiben ging am 8. Juni hinaus. Ich zitiere die entscheidende Passage: „Dass die Bayerische Staatsregierung … dem geplanten Verbot dieser Werbung durch eine Regelung im Rundfunkstaatsvertrag nicht zugestimmt hat, hat uns alle im Medienrat überrascht. Wir sehen mit Sorge, dass die erwartbaren negativen Auswirkungen einer solchen Werbung den lokalen Rundfunk in Bedrängnis bringen können. Die in der Bundesrepublik einmalige private Hörfunklandschaft Bayerns ist – darauf haben wir immer wieder verwiesen – auf Dauer nur dann überlebensfähig, wenn sie politisch gewollt und durch einen entsprechenden regulatorischen Rahmen unterstützt wird.“ Weiter heißt es in dem Schreiben: „Wir können die Hörfunkanbieter in unserem Land nicht gegen die wachsende digitale Konkurrenz schützen – aber wir müssen sie wirtschaftlich und inhaltlich stärken, damit sie dem zunehmenden Wettbewerb, auch durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, standhalten können.“ Der Brief, der als unterstützende Maßnahme eine Beschränkung der Hörfunkwerbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf 60 Minuten anregt, endete mit dem Appell an den Ministerpräsidenten: „Wir bitten Sie herzlich, Ihre Haltung gegenüber dem Verbot regionaler Werbung für nationale TV-Sender noch einmal zu überdenken. Aus der Sicht des Medienrats ist ein solches Verbot ein wichtiger Beitrag zur Konsolidierung des privaten Hörfunk- und Fernsehsystems in unserem Land.“
 
Nun nehme ich nicht an, dass dieser Brief allein ausschlaggebend für den Sinneswandel in der Bayerischen Staatsregierung gewesen ist. Dazu hat maßgeblich beigetragen der Druck durch die regionalen Zeitungsverleger, denen freilich jetzt, nachdem sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu ihren Gunsten geklärt haben, auch eine gesteigerte Verantwortung für die inhaltliche Qualität der lokalen und regionalen Angebote zuwächst. Darauf hat mein Brief an den Ministerpräsidenten ebenfalls Bezug genommen. Ich zitiere noch einmal: „Bei unseren Überlegungen (zum Hörfunk- und Fernsehprogrammkonzept 2020 der BLM) wollen wir die regionalen/lokalen Anbieter, insbesondere die bayerischen Zeitungsverleger, mitnehmen und von ihnen ein verstärktes Engagement einfordern, damit der journalistische Anspruch ihrer Hörfunk- und Fernsehmedien noch deutlicher als bisher wird.“  Machen wir uns da nichts vor: Die letzte Informationssitzung des Medienrats hat uns gezeigt, dass hier vieles entwicklungsfähig ist. Die Zukunft der lokalen/regionalen Hörfunk- und Fernseh­medien unseres Landes hängt ganz wesentlich davon ab, ob sie im digitalen Sturm, der über sie hereinbricht, ihre eigene Handschrift bewahren, das Lebensgefühl der Menschen im jeweiligen Sendegebiet treffen und in einen journalistisch verantworteten Dialog mit ihren Hörern und Seher eintreten. Wie weit solche Anstrengungen führen können, zeigen beispielsweise die herausragenden Reichweitenergebnisse von Donau TV. Wer am vergangenen Sonntag beim sonnenverwöhnten Jubiläum des Senders in den Deggendorfer Donauauen dabei war, konnte anerkennend feststellen, wie verankert der Sender auch auf kommunalpolitischer Ebene und in den Landkreisen ist. So ein Image entsteht nicht von heute auf morgen, es muss beharrlich erarbeitet werden.
 
Lassen Sie mich noch ein zweites Thema ansprechen: Am 17. Juni hat der Landtagsaus­schuss für Wissenschaft und Kunst eine Anhörung von Sachverständigen zur „Sicherung der Vielfalt und Staatsferne in den Aufsichtsgremien des Rundfunks in Bayern“ durchgeführt. Dazu waren auch mein Kollege Lorenz Wolf, der Vorsitzende des Rundfunkrats, und ich geladen. Unter der Diskussionsführung von Prof. Piazolo wurde rasch deutlich, dass es für die Gremien in Bayern durch das ZDF-Urteil Änderungsbedarf gibt, bei der konkreten Umsetzung freilich auch einen durchaus vorhandenen politischen Spielraum. Nun wird es darauf ankommen, die gemeinsamen Feststellungen der Sachverständigen und die Unterschiede in ihren Akzentsetzungen herauszuarbeiten. Die Rolle des Zuhörenden war für mich jedenfalls sehr lehrreich, auch wenn mich manches nicht überrascht hat, wie die eher folkloristischen Bemerkungen von Prof. Degenhart zum § 111a der Bayerischen Verfassung und zur BLM, mit denen er seit Jahren in der Öffentlichkeit hausieren geht. In meiner Stellungnahme habe ich darauf hingewiesen, dass der Medienrat vielen Aspekten des ZDF-Urteils bereits mit Änderungen in der Geschäftsordnung Rechnung getragen hat, aber das Problem der Inkompatibilität im Sinne der Rechtsklarheit und der Verbindlichkeit besser durch eine gesetzliche Regelung zu lösen ist. Auch in der Gremienzusammensetzung liegt das Mandat bei der Politik, das können die Gremien gewiss nicht selber in die Hand nehmen. Trotzdem habe ich mir den Hinweis erlaubt, dass es hier nicht um die Interessens­zusammensetzung gehen kann und dass die Verbandsherkunft der Gremienmitglieder im Gremienalltag schon immer eine nachrangige Rolle gespielt hat. Viel wichtiger sind die individuelle Biographie, der Erfahrungshorizont, die Medienaffinität eines Rundfunks- bzw. Medienrats. Entschieden gewehrt habe ich mich in dem Zusammenhang gegen den Begriff der Versteinerung, der von den Verfassungsrichtern benützt wird und  in der Literatur auch zu der Forderung nach einer Begrenzung der Amtszeit auf zwei Entsendungsperioden führt. Eine solche Forderung blendet aus, dass die Sachkompetenz und damit die Unabhängigkeit mit der Dauer der Gremienzugehörigkeit wächst, während ein gesetzlich verordneter Kontinuitätsabbruch die Gremien gegenüber den Apparaten eher schwächt. Das sind nur einige Diskussionspunkte. Auch die Frauenfrage wird in der anstehenden Diskussion eine wichtige Rolle spielen. Wir werden als Gremium den Entscheidungsprozess im Landtag sicherlich kritisch begleiten und vielleicht, je nach Sachlage, das Einvernehmen mit dem Rundfunkrat suchen. Im Gegensatz zu den Sachverständigen, die hier eher indifferent blieben, habe ich schließlich auch deutlich gemacht, dass die bewährte spiegelbildliche Zusammensetzung von Rundfunkrat und Medienrat in Bayern erhalten bleiben muss. Nur so kann der gleichberechtigte Umgang der Gremien, der in unserem Land Tradition hat, auch in Streitfragen (Stichwort: Jugendradio) und bei wichtigen Weichenstellungen in den Medien gewährleistet werden.
 
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.