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Positionen & Reden

Grußwort zu den MEDIENTAGEN MÜNCHEN 2002 von Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring

16.10.2002 | P&R
Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der DVB Multimedia Bayern GmbH und
Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien

- ES GILT DAS GESPROCHENE WORT! -

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

Umbruch und Neuorientierung im Medienmarkt: Woher kommt das Wachstum der Zukunft? Diese Leitfrage der 16. MEDIENTAGE MÜNCHEN wird uns die nächsten drei Tage beschäftigen. Ich freue mich, dass Sie trotz oder vielleicht auch gerade wegen der derzeit herrschenden Krisenstimmung so zahlreich den Weg nach München zu diesem wichtigen Event der Medien- und Kommunikationsbranche gefunden haben. Herzlich begrüßen möchte ich auch die Teilnehmer des Mediengipfels, die unter der bewährten Moderation von Helmut Markwort - dafür ausdrücklichen Dank - unter anderem den schwierigen Part übernehmen sollen, erste Denkanstöße für sinnvolle Wege aus der Krise zu liefern.

Wir brauchen uns nichts vorzumachen: Der Medien- und Kommunikationsmarkt hat nach Jahren des Wachstums und insbesondere im Vergleich zum Boomjahr 2000 schwere Einbrüche erlitten. Sinkende Werbeeinnahmen, Insolvenzen, desolate Finanzmärkte – die Konjunkturflaute ist nicht so leicht zu verkraften. Aber ich sehe es wie Rudolf Gröger, Geschäftsführer des Telekommunikationsanbieters O2 Germany, ehemals Viag Interkom, der soeben im Trailer optimistisch formuliert hat: „Das Glas ist heute halb voll und nicht halb leer!“ Es sollte jetzt nicht darum gehen, wie Bavaria-Film Geschäftsführer Prof. Thilo Kleine betont, nur wild zu sparen, „sondern die Strukturen für künftiges Wachstum zu stärken“.

Wenn schwierige Marktsituationen analysiert werden, gewinnen Strukturfragen deutlich an Gewicht. Zu diesen Strukturfragen gehört auch das angestrebte Gleichgewicht zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk in unserem dualen Rundfunksystem. In Zeiten konjunktureller Schwäche geraten die privaten Sender aufgrund ihrer Abhängigkeit von Werbeerlösen im Vergleich zu den gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Stationen sehr viel stärker unter Druck. Verstehen Sie mich nicht falsch, meine Damen und Herren, Wettbewerb ist notwendig und richtig, er muss aber unter fairen Rahmenbedingungen stattfinden. Das bedeutet: Ein Grundstandard an inhaltlicher Vielfalt und Qualität bei den privaten Sendern muss ermöglicht werden, auch für die jeweiligen lokalen und regionalen Angebote. Wenn es dennoch zu Wettbewerbsverzerrungen oder sogar offensichtlichen Schieflagen im dualen Rundfunksystem kommt, ist die Ordnungspolitik gefragt. In diesem Zusammenhang möchte ich Ihre Aufmerksamkeit heute einmal auf den Hörfunk in Deutschland lenken.

Insgesamt haben sich die privaten Hörfunksender in Deutschland zwar eine führende Position im Werbemarkt erarbeitet, doch es gibt im Verhältnis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch Strukturprobleme und Wettbewerbsverzerrungen, die in wirtschaftlich schwierigen Zeiten besonders offenkundig werden. So haben wir in den regionalen Hörfunkmärkten nach wie vor unterschiedlich lange Werbezeiten für die ARD-Sender (von 60 Minuten beim NDR bis zu 128 Minuten beim BR werktäglich im Jahresdurchschnitt). Insbesondere in Märkten, in denen öffentlich-rechtliche Stationen über hohe Hörerreichweiten verfügen, besteht die Möglichkeit der ARD-Sender, mit niedrigen Werbepreisen das Werbepreisniveau der privaten Sender und damit auch deren Erlösniveau zu senken. Eine solche Preispolitik ist deshalb möglich, weil der Erlösanteil aus der Werbung – nach Abzug der Kosten der ARD-Werbetöchter - an der Gesamtfinanzierung der ARD-Sender mit unter fünf Prozent nur noch eine geringe Rolle spielt. So wäre eine reine Gebührenfinanzierung sicherlich weit weniger wettbewerbsverzerrend. Eine Erhöhung der Hörfunkgebühr um etwa 25 Cent würde voraussichtlich bereits ausreichen, um den finanziellen Nachteil der ARD bei Wegfall der Hörfunkwerbung auszugleichen. Solche grundsätzlichen Strukturfragen werden auf den diesjährigen Medientagen eine wichtige Rolle spielen.

Trotz aller Strukturdiskussionen dürfen wir aber auch die Programmqualität und den Blick auf die Medieninhalte generell nicht vergessen. Sparen an falscher Stelle, nämlich bei den Inhalten, wirkt sich langfristig schädlich aus, denn dadurch nimmt man letztendlich Leser-, Hörer- oder Zuschauerverluste in Kauf. Aus diesem Grund haben die MEDIENTAGE-Veranstalter, die DVB Multimedia Bayern GmbH und ihr Partner gotoBavaria, denen ich ausdrücklich für ihr Engagement danken möchte, bei der Konzeption des Programms mit mehr als 80 Fachforen und über 500 Experten auf die Ausgewogenheit zwischen ökonomischen und inhaltlichen Ansätzen geachtet. Außer Medienpolitik, Medienwirtschaft, Medienrecht, Technik und Programmthemen stehen auch Ausbildung und Medienkompetenz sowie der Einblick in andere Medienmärkte auf dem Programm. Innovative technische Entwicklungen zum Anfassen werden auf der internationalen Medienmesse DigitalSigns vorgestellt, an der 120 Unternehmen, Institutionen und Partner aus der Medien- und Kommunikationsbranche als Aussteller teilnehmen. Schwerpunktthemen bilden in diesem Jahr „radio 21!“, „Mobile Kommunikation“ und „Digital Video“.
Die Mobilkommunikation wird uns auch auf dem New Media-Gipfel beschäftigen und hat verstärkt ins sonstige Kongressprogramm Einzug gehalten. Denn dank der neuen Mobilfunkgenerationen wird sich neben dem Internet ein weiteres modernes Übertragungsmedium herausbilden, das im Gegensatz zu den klassischen Massenmedien gezielte Individualkommunikation ermöglicht.

Die technologische Entwicklung ist im digitalen Zeitalter so rasant fortgeschritten, dass die entsprechenden Produkte bisher nur teilweise am Markt durchgesetzt bzw. zeitnah eingeführt werden konnten. Da ist es nur verständlich, dass der Gesetzgeber bei der Anpassung des geltenden Rechts an neue technische Entwicklungen hinterherhinkt.
Nun: Eine wichtige Reform ist jetzt fast abgeschlossen. Nach heftigen Diskussionen wurde für den Jugendschutz in den elektronischen Medien ein Konsens gefunden. Mit dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag, der ab 1. April 2003 gelten soll, ist es gelungen, Rundfunk und Internet endlich unter eine Aufsicht zu stellen und das Verhältnis zwischen staatlicher Kontrolle und Selbstregulierung neu auszutarieren. Die Aufsicht über Hörfunk, Fernsehen und Online-Angebote liegt jetzt in der Verantwortung der Länder. Eine zentrale Kommission für Jugendmedienschutz, die KJM, wird unter anderem für die Anerkennung der Selbstkontrolleinrichtungen zuständig sein. Ein System, das sich bewähren muss, und deshalb nach drei Jahren auch noch einmal überprüft werden soll.

Ich denke, dass sich der Ministerpräsident mit der Jugendschutzreform in seiner Grundsatzrede auseinandersetzen wird und dieses wichtige Thema auch in zahlreichen anderen Veranstaltungen zur Sprache kommen wird. Deshalb bleibt mir jetzt nur noch, allen Beteiligten, insbesondere den Teams der Veranstalter, zu danken, die jedes Jahr aufs Neue zum Gelingen der MEDIENTAGE MÜNCHEN beitragen, und uns allen intensive und lehrreiche Diskussionen zu wünschen!