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Positionen & Reden

Grußwort zu den MEDIENTAGEN MÜNCHEN 2003 von Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring

22.10.2003 | P&R
Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der DVB Multimedia Bayern GmbH und
Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien

- ES GILT DAS GESPROCHENE WORT -

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

Vertrauen gewinnen – Kreativität stärken lautet das Titelthema der 17. MEDIENTAGE MÜNCHEN, das uns in den kommenden drei Tagen beschäftigen wird. Ging es auf dem letztjährigen Kongress vor allem darum, die Situation zu analysieren und Wege aus der Krise aufzuzeigen, werden dieses Jahr erste Ergebnisse aus dem Konsolidierungsprozess zu diskutieren sein. Die Erschließung neuer Erlösquellen neben dem Kerngeschäft ist derzeit eine der wichtigsten Aufgaben der Medienunternehmen, um die Abhängigkeit von den konjunkturbedingten Werbeeinnahmen zu verringern. Immer mehr geht es dabei um die Frage – wir haben das soeben im Trailer in Statements auch gehört - wie durch strukturelle Änderungen in den Unternehmen Innovationspotentiale gesteigert und inhaltlich wie wirtschaftlich nutzbar gemacht werden können.

Der in diesem Jahr erstmals stattfindende Zukunftsgipfel wird sich am Freitag speziell mit diesem Thema beschäftigen. Zu einer weiteren Premiere kommt es heute nach der Grundsatzrede des Ministerpräsidenten mit der Keynote von Haim Saban, Chairman und CEO der Saban Capital Group sowie Hauptaktionär der ProSiebenSat.1 Media AG. Ich darf Sie sehr herzlich hier auf den MEDIENTAGEN begrüßen, Herr Saban, und Ihnen versichern, dass wir alle sehr gespannt auf Ihre Ausführungen sind. Immer wieder spannend ist der Mediengipfel, der auch in diesem Jahr unter der bewährten Moderation von Helmut Markwort stattfinden wird. Mein Gruß gilt den Teilnehmern und selbstverständlich dem Moderator. Der Schwerpunkt der heutigen Diskussion liegt auf der Frage nach der Zukunft des dualen Systems.
Wenn ich an die diesbezüglichen Ausführungen einiger Teilnehmer in den zurückliegenden Wochen und Monaten denke, dürfen wir – zurückhaltend formuliert eine äußerst lebhafte Diskussion erwarten. Gestatten Sie mir einige kurze Anmerkungen.
Trotz der aktuellen Auseinandersetzungen ist unser duales Rundfunksystem insgesamt gesehen ein Erfolgsmodell. Die technischen, rechtlichen und inhaltlichen Entwicklungen zwingen uns allerdings immer wieder, die Frage zu stellen, ob die Weichen in diesem System noch richtig gestellt sind, ob das duale System weiterhin richtig justiert ist. Dem tragen die Länder Rechnung, indem sie das Recht den Entwicklungen anpassen, wie z.B. im neuen Jugendschutzmodell. Mit dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag und der Konstituierung der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) ist erstmals eine gemeinsame Aufsicht für Rundfunk und Internet geschaffen worden. Erste Erfahrungen mit dem neuen Modell, das auch bei der Europäischen Kommission auf großes Interesse stößt, werden morgen im Rahmen einer Veranstaltung der KJM vorgestellt. – Bestimmte Probleme des dualen Systems hat vor allem die schwierige wirtschaftliche Situation, die noch nicht endgültig überwunden ist, offenkundig gemacht. Dabei haben wir es nicht nur mit konjunkturellen Problemen zu tun, sondern auch mit strukturellen. Strukturelle Probleme werden beispielsweise daran sichtbar, dass offensichtlich nur noch die öffentlich-rechtlichen Anbieter in der Lage sind, die Free-TV-Rechte an der Fußball-Bundesliga zu kaufen, weil sie nicht im vollen Umfang darauf angewiesen sind, die Kosten aus Werbung zu refinanzieren.

Ein anderer Punkt ist die Digitalisierung. Aus allen Diskussionen der letzten Monate habe ich mitgenommen, dass die Politik quer durch die Parteien erwartet und wünscht, dass es zu einer raschen Digitalisierung der Netze kommt, besonders auch der terrestrischen Netze, und damit zu einem Wettbewerb der digitalen Plattformen, von dem schließlich die Konsumenten profitieren. Wirtschaftsminister Clement hat das zuletzt in seiner Eröffnungsrede auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin ausdrücklich hervorgehoben. Nun weisen allerdings alle Erfahrungen darauf hin, dass die Digitalisierung der Terrestrik – und da schließe ich ausdrücklich DVB-T mit ein – in den kommenden Jahren nicht als rein marktgetriebener Prozess stattfinden wird. Die privaten Fernsehanbieter wären in Berlin nicht auf Sendung, gäbe es nicht die massive Förderung durch die Medienanstalt Berlin-Brandenburg. Die Digitalisierung der Terrestrik wird nicht funktionieren, wenn nur einem Teil des Systems, nämlich dem öffentlich-rechtlichen, die Einführung neuer Technologien mit öffentlichen Geldern, sprich Rundfunkgebühren, finanziert wird, während die privaten Anbieter ohne ausreichende Refinanzierungsmöglichkeiten die Kosten selber tragen sollen. Es gehört nicht viel dazu, vorherzusagen, dass die Einführung von DVB-T und von DAB allein mit öffentlich-rechtlichen Programmangeboten im Hinblick auf die Akzeptanz der Zuschauer keinen Sinn macht und zum Scheitern verurteilt wäre. Die Finanzierung des Umstiegs von analog zu digital muss deshalb so organisiert werden, dass beide Teilsysteme wie ein System behandelt werden. Die Landesmedienanstalten haben bereits vor einigen Monaten einen Digitalisierungsfonds gefordert, in den alle Beteiligten einzahlen sollen. Ein anderes Modell wäre, den Umstieg über einen zweckgebundenen Teil der Rundfunkgebühr zu finanzieren, der beiden Säulen des dualen Systems gleichgewichtig zugute kommt. Unser Nachbarland Österreich macht uns gerade vor, wie so etwas funktionieren kann. Ich bitte an diesem Punkt auch die Kabelindustrie um Verständnis – deren neu gewonnene Dynamik ich ansonsten mit großer Sympathie verfolge – denn man sollte nicht vergessen, dass auch der Aufbau der Kabelinfrastruktur vor mehr als zwanzig Jahren vom Steuerzahler finanziert wurde. Ein anderer wichtiger Punkt ist, dass lokale und regionale mittelständische Anbieter nicht von der digitalen Entwicklung abgekoppelt werden, sondern einen angemessenen Platz darin finden. Die Digitalisierung darf nicht zu einer Verkürzung der Vielfalt führen. Für die weitere Entwicklung der digitalen Versorgung reichen die finanziellen Ressourcen der privaten Anbieter und der Landesmedienanstalten nicht aus. Die Zurverfügungstellung ausreichender Mittel ist aber die zentrale Voraussetzung für die zügige Fortsetzung des digitalen Ausbaus.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

wir alle sind nun gespannt, was der Bayerische Ministerpräsident zu diesem und anderen Themen sagen wird. Mir bleibt jetzt nur noch, allen Beteiligten, insbesondere den Veranstaltern der MEDIENTAGE, der DVB Multimedia Bayern GmbH und der gotoBavaria und ihren Teams, zu danken, und uns allen interessante und spannende Veranstaltungen und konstruktive Gespräche in den kommenden drei Tagen zu wünschen.