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Positionen & Reden

Grußwort von Prof. Dr. Ring zur Pressekonferenz zum Start von DVB-T in Bayern am 11.05.2005

11.05.2005 | P&R
- Es gilt das gesprochene Wort -
 
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
 
ich freue mich, Sie hier in den Räumen der Landeszentrale zur Pressekonferenz knapp drei Wochen vor dem Start von DVB-T in Bayern am 30. Mai 2005 begrüßen zu dürfen. Nach einer kurzen Einführung von meiner Seite wird zunächst Herr Strässle-Wendelstein, der Leiter des Projektbüros, Ihnen die wichtigsten Fakten zu DVB-T in Bayern nahe bringen. Im Anschluss daran werden Ihnen Herr Lesch, Hauptabteilungsleiter Programmdistribution des Bayerischen Rundfunks, Herr Krüger von der Produktionsdirektion des ZDF, Dr. Hoffmann, Technischer Manager Senderreichweiten bei RTL, sowie Herr Müller, Bereichsleiter Technik der Landeszentrale die Positionen ihrer Häuser zu zentralen Aspekten der DVB-T-Einführung in Bayern darlegen. Danach stehen wir Ihnen selbstverständlich für Fragen zur Verfügung.
 
Den Startschuss für die Digitalisierung der Übertragungswege gab 1997 die von der Bundesregierung angestoßene Initiative Digitaler Rundfunk, in der u.a. die Bundesländer, der private und öffentlich-rechtliche Rundfunk, Sendenetzbetreiber und Verbraucher­verbände vertreten sind. 2000 legte der Ausschuss dann ein Startszenario für den digitalen Rundfunk vor und forderte dabei auch die Einführung von DVB-T sowie die Abschaltung der analogen Frequenzen bis 2010. – Vorreiter der DVB-T-Einführung war schließlich Berlin-Brandenburg. Die Umstellung lief dort von November 2002 bis August 2003. In diesem Zeitraum wurde der komplette Umstieg von der analogen zur digitalen terrestrischen Verbreitung im Großraum Berlin abgeschlossen. Es folgten im Jahr 2004 ein großer Teil Norddeutschlands, Nordrhein-Westfalen und Ende des Jahres das Rhein-Main-Gebiet. Vom Rhein-Main-Gebiet aus wird auch der äußerste Nordwesten Bayerns abgedeckt, so dass man im Raum Aschaffenburg bereits seit Dezember 2004 digital terrestrischen Empfang hat.
 
DVB-T ist zweifellos ein Erfolg. Zwar ist DVB-T nicht der Schrittmacher des digitalen Fernsehens in Deutschland, wie das in den Medien manchmal dargestellt wird, Tatsache ist aber, dass die Einführung des digitalen terrestrischen Fernsehen den Verbreitungsweg Terrestrik neben Kabel und Satellit wieder attraktiv gemacht hat. Nach den neuesten Zahlen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), die in Deutschland im Auftrag der Sender die Zuschauerreichweiten misst, gab es im April 2005 insgesamt deutschlandweit 6,16 Mio. digitaler TV-Haushalte, davon fielen 900.000 auf DVB-T, 1,85 Mio. auf das digitale Kabel und 3,41 Mio. auf digitalen Satellitenempfang. Dies zeigt, dass derzeit immer noch die Satellitentechnik die wichtigste Triebfeder für die Digitalisierung in Deutschland ist.
 
Interessant ist ein Blick auf die Beweggründe, warum sich Personen eine DVB-T-Settop Box kaufen. In Berlin ging es bei einer Mehrheit der Käufer, wie zu erwarten war, um einen Wechsel von der analogen zur digitalen Terrestrik. Dazu kommt ein relativ hoher Prozentsatz, der für das Erstgerät einen Kabelanschluss oder einen Satellitenreceiver hat und DVB-T lediglich für ein Zweit- oder Drittgerät nutzt. In Bremen spielen dagegen Zweit- und Drittgeräte so gut wie keine Rolle.
 
DVB-T hat seit seiner Einführung in Berlin eine fast durchweg gute Presse. Dazu haben Sie, die Sie hier sitzen, vermutlich Ihren Teil beigetragen. Es gibt allerdings nicht nur Freunde von DVB-T. Die meisten von Ihnen werden wissen, dass der Verband der privaten Kabelnetzbetreiber ANGA im Dezember 2003 bei der EU-Kommission eine Beschwerde gegen die DVB-T-Subventionierung eingereicht hat. Mitte Juli 2004 teilte die Kommission mit, dass sie ein Verfahren in der Sache eingeleitet habe. Im Herbst vergangenen Jahres hat die BLM einen Antrag für das so genannte Notifizierungsverfahren in Brüssel eingereicht, um bestätigen zu lassen, dass unsere finanzielle Unterstützung für die Einführung von DVB-T in Bayern nicht gegen das EU-Wettbewerbsrecht verstößt.
 
Die BLM plant im Laufe von vier Jahren insgesamt 2,1 Mio. Euro zur Förderung der technischen Infrastruktur von DVB-T zur Verfügung zu stellen; d.h. im ersten Jahr 600 Tsd. Euro, in den Folgejahren jeweils 500.000 Euro. Wir haben dabei ein Punktesystem eingeführt, durch das vor allem bayerische und lokale Anbieter besonders gefördert werden. – Einer der Prüfansätze der europäischen Wettbewerbsbehörde ist die Frage, ob es sich bei der Unterstützung von DVB-T um eine staatliche Förderung handelt. Aus unserer Sicht ist die Förderung der BLM weder eine staatliche noch eine aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe. Da die Mittel aus dem Haushalt der Landeszentrale, also aus Rundfunkgebühren zur Verfügung gestellt werden, handelt es sich nicht um staatliche Mittel. Im Gegenteil war es gerade das Ziel durch die Rundfunkgebühr eine staatsferne Finanzierungsform zu schaffen, um staatlichen Einfluss auszuschließen.
 
Die beabsichtigte Förderung führt auch zu keiner Wettbewerbsverzerrung im Infrastrukturbereich. Eine Wettbewerbsverzerrung setzt die Austauschbarkeit der Übertragungswege voraus. Eine Austauschbarkeit zwischen Terrestrik, Kabel und Satellit ist aber bisher und auf absehbare Zeit auf dem deutschen Markt nicht gegeben, weder inhaltlich noch preislich. Dazu kommt, dass DVB-T seine besondere Attraktivität für den Verbraucher vor allem im portablen und mobilen Bereich hat. – Die Förderung der terrestrischen Rundfunkübertragung hat primär das Ziel, Wettbewerb zu schaffen, nicht ihn zu beschränken. Im Aktionsplan eEurope 2005 fordert der Europäische Rat die Mitgliedsstaaten ausdrücklich dazu auf, den Übergang zum Digitalfernsehen zu beschleunigen und dabei mit einander konkurrierende Verbreitungswege zu berücksichtigen, um die freie Wahl der Bürger sicherzustellen. Genau dieses Ziel verfolgt die Förderung in Bayern.
 
Es gibt in den Regionen, in denen bisher DVB-T eingeführt wurde, im Übrigen noch keinen abschließenden Beleg dafür, dass die Kabelnetzbetreiber Kunden verloren hätten, im Gegenteil: Sowohl aus dem Forschungsbericht von ARD und ZDF zur Umstellung in Berlin als auch aus Aussagen von führenden Managern der großen Netzbetreiber geht hervor, dass bei jeder der bisherigen Umstellungen das Kabel ca. ein Drittel der bis dahin analog terrestrisch versorgten Haushalte hinzugewonnen hat. – Und noch eine letzte Anmerkung aus bayerischer Sicht zum Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung: So wie wir DVB-T unterstützen wollen, fördern wir auch Kabel und Satellit. Im Jahr 2003 wurden aus dem Teilnehmerentgelt für die Einspeisung landesweiter und lokaler TV-Programme ins Kabel 5,5 Mio. Euro ausgegeben, im Jahr 2004 waren es 3,5 Mio. Euro. Die Satellitenverbreitung lokaler TV-Programme – nicht zuletzt auch mit dem Ziel der Heranführung an kleine Kabelnetze – unterstützen wir derzeit jährlich mit ca. 900.000 Euro. Dagegen machen sich die geplanten 500.000 Euro pro Jahr für DVB-T relativ bescheiden aus.
 
Die Entscheidung in Brüssel ist noch nicht gefallen und wird auch vor dem Start am 30. Mai nicht mehr fallen. Wir haben in den letzten Wochen aus Brüssel durchaus Widersprüchliches gehört, so dass derzeit offen erscheint, wie die Entscheidung ausfallen wird. Am 30. Mai, also an dem Tag an dem DVB-T in Bayern startet, wird es ein Gespräch bei der EU in Brüssel geben. Vielleicht sind wir dann zum genauen Zeitpunkt des Starts um 19.30 Uhr draußen in der Allianz-Arena schon etwas schlauer.
 
Wir als BLM freuen uns auf jeden Fall auf DVB-T, so wie alle Projektbeteiligten, weil damit der dritte Verbreitungsweg für das Fernsehen erhalten bleibt und wiederbelebt wird. Es ist der Fernsehzuschauer selbst, der letztlich darüber entscheiden wird, welche Bedeutung DVB-T in Zukunft zukommt.
 
Ich darf jetzt weitergeben an Herrn Strässle-Wendelstein, der Ihnen die wichtigsten Fakten zu DVB-T in Bayern nahe bringen wird.