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Vierte Fachtagung des Forums Medienpädagogik Zwischen ABC und Hörsaal: Wir gehen auf Sendung - Wenn Kinder, Jugendliche und Studenten Radio und TV selbst gestalten:

14.10.1998 | 1998

München. "Der Rundfunk ist aus einem Distributionsapparat in einen Kommunikationsapparat überzuführen," deklamierte einst Bertolt Brecht in seiner 'Radiotheorie'. Der mündige Hörer müsse letztlich seine Rolle als Konsument mit der des Lieferanten tauschen können. Wie aktuell diese Forderung bis heute geblieben ist, zeigten die Workshops und Diskussionen der Fachtagung des Forums Medienpädagogik am 14. Oktober 1998 während des BLM-Rundfunkkongresses. Unter dem Motto "Zwischen ABC und Hörsaal: Wir gehen auf Sendung" boten Schüler und Studenten den ganzen Tag über in einem Schauraum und in Gesprächen Kostproben aus verschiedenen medienpädagogischen Projekten. Selbermachen bedeutete hier nicht nur, selbst hinter Mikro, Kamera und Schneidetisch zu stehen. Vielmehr zeigten ihre Arbeiten auch, wie gerade organisatorische, presserechtliche und sozialkommunikative Hindernisse bei der Umset zung den Jugendlichen einen Gewinn an Medienkompetenz bringen konnten.

In seiner Eröffnungsansprache erinnerte der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring, an die Erfolge, die das Forum Medienpädagogik der BLM seit seiner Gründung im Jahre 1994 vorzuweisen habe. Neben der Vernetzung schulischer und außerschulischer medienpädagogischer Aktivitäten und der Bereitstellung entsprechender Materialien seien nun auch die rechtlichen Grundlagen gestärkt worden: So hat die Novellierung des Bayerischen Mediengesetzes dieses Jahr die Medienpädagogik in den Aufgabenkatalog der BLM aufgenommen. Und auch der Entwurf zum 4. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der 1999 verabschiedet werden soll, betont die hervorragende Rolle der Medienerziehung und stellt deren Finanzierung über die Rundfunkgebühr sicher.

Ring hob hervor, Radio- und Fernsehprogramme würden durch das kreative Potential der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen letztendlich vielfältiger und könnten eine wichtige Zielgruppe in ihr Programm einbinden. Die Landesmedienanstalten wollten dabei eine Vermittlerrolle zwischen den schulischen und außerschulischen Projekten sowie den Hörfunk- und Fernsehsendern einnehmen: "Erst, wenn ein Beitrag wirklich gesendet wird, kann aus dem Spiel pädagogischer Ernst werden".

Seinem Grundsatzreferat stellte Fred Schell vom Institut Jugend Film Fernsehen ein Zitat von Hans Magnus Enzensberger voran: "Wichtiger als die Manipulationstechniken zu bekämpfen, ist es, einen jeden zum Manipulator zu machen".
Die Entwicklung neuer Übertragungstechniken wie Kabel und Satellit ermöglichten eine Vervielfachung der Sendekapazitäten und damit auch eine Demokratisierung der Massenmedien Hörfunk und Fernsehen. Auf Sendung zu gehen, bedeute für junge Menschen eben auch eine Möglichkeit, sich in demokratischer Teilhabe zu üben, ein grundlegendes Wissen über Kommunikationswirkungen zu erwerben. Er plädierte dafür, dabei nicht unbedingt herkömmliche inhaltliche und formale Maßstäbe anzulegen: "Daß die Beiträge von Jugendlichen auch einmal herkömmliche Strukturen in Frage stellen, ist für eine demokratische Gesellschaftsform durchaus wünschenswert!"

Im Workshop "Spielplatz Medienpädagogik" stellte unter anderem Michaele Schneider vom Deutschen Kinderschutzbund das Projekt "Kinder-TV Wittlich" vor: Kinder ab 8 Jahren suchen dabei eigenständig Themen aus, bereiten diese inhaltlich vor und setzen sie technisch und künstlerisch um. Das Ergebnis läuft als Kindersendung im Offenen Kanal.

"Die Spontaneität und Respektlosigkeit, mit der die Kinder bei Technik und Schnitt vorgehen, eröffnet neue Perspektiven" so Michaele Schneider. Daneben werde spielerisch Medien- und Sozialkompetenz erworben. Die Themen aus dem Erfahrungsbereich der Kinder reichten von einem Stop-Trickfilm über Verkehrsunfälle bis zu einem geplanten Spielfilm "Gewalt an und durch Kinder"

"Schüler drehen auf", unter diesem Motto präsentierten unter anderem Schüler und Lehrer des Rosenheimer Ignaz-Günther-Gymnasiums ihre Kooperation mit dem Regionalfernsehen Rosenheim.
Während die Redaktion des Fernsehsenders Redaktion, Kameratechnik und Schnitt bereitstellt, sind die Schüler vor allem in der schulischen Vor- und Nachbereitung gefordert: Text, Moderation und Präsentation stammt allein von ihnen. Und auch die Themen wählen Schüler aus: Unter anderem eine Reportage über die Wohnverhältnisse örtlicher Asylanten, aber auch über die vergebliche Suche nach Ferienjobs oder Technomode.
"Die Reibungsflächen zwischen professioneller Redaktion und spontanen Schülerinteressen bringen für beide Seiten Gewinn", ermutigte Norbert Haimerl vom Regionalfernsehen Rosenheim andere Programmverantwortliche, dem Beispiel zu folgen.

Schließlich stellten sich im Workshop "Audiomax" zahlreiche Studentensender aus ganz Deutschland vor: Es gehe bei ihrer Arbeit nicht nur darum, dem journalistischen Nachwuchs die Möglichkeit zu geben, praktische Erfahrungen zu sammeln, so Wolfgang Sabisch vom Münchner Aus- und Fortbildungsradio M 94,5. Vielmehr könnten auf Programmplätzen wie dem "Störfunk" auch Jugendliche ihre medienpädagogischen Beiträge einbringen, zum Beispiel ein Hörspiel zum Thema "Meine Eltern lehnen meinen Freund/Freundin ab" gestalten. "Gerade in Anbetracht der Formatierung der Radiolandschaft gibt es hier die Chance, Ideen einmal ohne professionellen Druck auszuprobieren, mehr Spielarten von Radio kennenzulernen als es die etablierten Sender erlauben".