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"Wenn Frauen gut sind, sind sie besser" - Zwei Veranstaltungen der BLM zum Thema Frauen in der Medienwirtschaft

14.11.2001 | 70 2001

"Frauen in der Medienwirtschaft" war das Thema von zwei Veranstaltungen im Rahmen der neuen Veranstaltungsreihe BLM Forum in der Landeszentrale am 13. November 2001. Im Mittelpunkt stand dabei die Präsentation einer Studie zu Chancen und Hemmnissen für Frauen in der Medienwirtschaft, die die Bayerische Landeszentrale für neue Medien, die Landeshauptstadt München und die Hans Böckler Stiftung gemeinsam beim Institut für Medienforschung und Urbanistik (IMU) in Auftrag gegeben haben. Vor der Präsentation der Untersuchungsergebnisse gaben sechs erfolgreiche Frauen aus der Medienbranche Einblick in ihren beruflichen Alltag und ihren persönlichen Werdegang.

Neben der aktuellen Situation und den Hemmnissen und Chancen für Frauen in der Medienwirtschaft stellte der Projektleiter des IMU-Instituts, Dr. Detlev Sträter, auch Handlungsanleitungen sowohl für die Politik als auch für Unternehmen vor, um mehr qualitative und quantitative Gleichstellung für Frauen in der Medienbranche zu erreichen. (Die Ergebnisse der Studie sind im Internet unter www.blm.de abrufbar).

Von Seite der Auftraggeber betonte der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, Prof. Dr. Ring, dass es sich die Unternehmen vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft immer weniger leisten könnten auf qualifizierte Frauen zu verzichten. In vielen Bereichen der Wirtschaft gäbe es mittlerweile eine Tendenz, umzudenken und flexiblere Arbeitsmodelle zu erproben, die auch für die Unternehmen selbst große Vorteile bringen würden: "Wir erleben derzeit eine Gegenbewegung zur kompletten Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt, müssen allerdings auch feststellen, dass es nicht unbedingt Medienunternehmen sind, die hier innovativ vorangehen. Ich hoffe, dass diese Studie ein Stück dazu beiträgt, dass sich dieser Trend auch verstärkt in der Medienbranche niederschlägt", so Ring.

Der Referent für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München, Dr. Reinhard Wieczorek, betonte, dass die Studie in vielen Teilergebnissen die Projekte der Landeshauptstadt in den Bereichen Beschäftigung und Qualifikation bestätige: "Wir sind sehr gespannt auf die Endfassung der Untersuchung, die für uns in zweierlei Hinsicht wichtig ist. Zum einen geben uns die Ergebnisse die Möglichkeit zu überprüfen, ob wir mit unseren Maßnahmen weiterhin auf dem richtigen Weg sind, zum anderen erwarten wir weitere Handlungsanleitungen für neue Projekte", so Wieczorek.

In der anschließenden Podiumsdiskussion, die wie die gesamte Veranstaltung von Ursula Heller vom Bayerischen Rundfunk moderiert wurde, herrschte grundsätzlich Einigkeit darüber, dass eine solche Studie wichtig sei, dass man in vielen Bereichen aber detailliertere Ergebnisse brauche, um daraus konkrete Handlungsanleitungen zu entwickeln.

Prof. Dr. Romy Fröhlich vom Institut für Kommunikationswissenschaft der LMU München wies darauf hin, dass seit über zehn Jahren mehr Frauen als Männer für Medienberufe ausgebildet werden und dass Frauen in der Regel höher qualifiziert sind. "Dennoch sind Frauen auf Grund diskriminierender Strukturen nach wie vor nicht entsprechend in der Führungsebene von Medienunternehmen vertreten", so Fröhlich.

"Frauen steigen ein, aber sie steigen nicht auf", bestätigte die Gleichstellungsbeauftragte des Bayerischen Rundfunks, Maria Kalac. Ihre Erfahrungen aus Bewerbungsgesprächen zeigten ihr, dass Frauen häufig besser ausgebildet sind. "Frauen treten in Bewerbungsgesprächen kompetent, sachlich und meist bescheiden auf, während Männer ihre Führungsqualitäten betonen, über die sie schon bei der Schülerzeitung verfügt haben. Damit treffen sie genau die richtigen Schlüsselbegriffe bei den männlichen Chefs", so Kalac.

Auch Werner Höck, Personalchef der Hubert Burda Media Gruppe und einziger Mann in der Diskussionsrunde, bestätigte die gute Ausbildung von Bewerberinnen: "Frauen müssen mutiger Führungspositionen einfordern", so Höck, "denn wenn Frauen gut sind, sind sie besser als Männer". Höck wies in der weiteren Diskussion darauf hin, dass der Frauenanteil bei Burda insgesamt bei 89 Prozent liege, der Anteil in Führungspositionen bei ca. 50 Prozent und damit wesentlich höher als im Branchendurchschnitt.

Die Unternehmensgründerin und Geschäftsführerin der Firma Comet Computer GmbH, Prof. Sissi Closs, in deren Firma bis zu 75 Prozent der Mitarbeiter Frauen sind, forderte eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmerinnen um gemeinsam neue Arbeitszeitmodelle zu entwickeln. "Wir haben sehr gute Erfahrung mit Teilzeitjobs gemacht. Primär kommt es darauf an, dass die Organisation gut geplant und ein permanenter Informationsfluss sichergestellt ist. Dazu kommt die Eigenverantwortung der einzelnen Personen und ein Prozess des ständigen aktiven Lernens. Permanente Verfügbarkeit ist ein Mythos", so Closs.

Angelika Pabst, die Beauftragte für Frauenbelange beim Arbeitsamt München forderte vor allem mehr qualifizierte Teilzeitjobs für Frauen im Medienbereich sowie Weiterbildungsangebote für Frauen, die nach einer Kinderpause wieder in den Beruf einsteigen wollen.

Die freie Journalistin Helga Ballauf stellte besonders die schwierige Situation von frei arbeitenden Medienschaffenden heraus, die nur vermeintlich über mehr Freiheit verfügen würden. Gerade frei arbeitende Frauen würden sich häufig unter Wert verkaufen, um einen Auftrag zu erhalten. "Freiberuflichkeit ist eine Falle", so Ballauf. Außerdem wies sie darauf hin, dass die Medien selbst ein bestimmtes Bild von Frauen in Medienberufen erzeugen würden und ihnen damit eine besondere Verantwortung zukomme.

Bereits vor der Präsentation der Studie sprachen sechs erfolgreiche Medienfrauen aus den Bereichen Fernsehen, Hörfunk, Print, IT/Online, PR und Werbung über ihren Weg in die Medienbranche.
Die Geschäftsführerin von Neun Live, Christiane zu Salm, nannte als ihre Maxime, Erfolg und Karriere nicht planen zu wollen. Entsprechend war ihr Rat an die zahlreichen Zuhörerrinnen: Aufgaben auf sich zukommen lassen, persönliche Netzwerke schaffen und Durchhaltevermögen beweisen. In ihrer ersten herausgehobenen Führungsposition als MTV-Geschäftsführerin sei ihr größter Vorteil gewesen, dass sie als Frau in der Branche völlig unterschätzt wurde und damals noch nichts zu verlieren hatte.

Als Frau in einer Führungsposition müsse man häufig besser sein als männliche Kollegen in entsprechenden Positionen, so Elke Schneiderbanger, Geschäftsführerin und Programmdirektorin von Radio NRW. Einerseits müsse man lernen, Tiefschläge zu überwinden, andererseits viel investieren um Erfolg zu haben und dabei letztlich hinnehmen, dass das Privatleben weitgehend auf der Strecke bleibt.

Beate Wedekind, Quereinsteigerin, ehemalige Chefredakteurin fünf verschiedener Zeitschriften und jetzige Event-Managerin und Galerie-Besitzerin, die sich selbst als bestes Lebendbeispiel für ein Burn-Out-Syndrom bezeichnete, riet den Zuhörerinnen nicht zu früh Karriere machen zu wollen, da man sonst mit Ende 40 möglicherweise nicht mehr wisse, wohin man wolle.

Erfahrungen mit dem Burn-out-Syndrom hat nach eigenen Angaben auch schon Claudia Blümhuber gemacht, Gründerin und Vorstandsmitglied der GlobalStartup AG, die im Bereich Venture Capital tätig ist. Sie habe immer Unternehmerin werden wollen, so Blümhuber. Kinder seien derzeit kein Thema, ihr Baby sei ihr Unternehmen in das sie wöchentlich ca. 100 Arbeitsstunden investiere.

Nach Einschätzung von Birgit Hüther, Geschäftsführende Gesellschafterin der PR-Agentur dot.communications seien Frauen zwar belastbarer als Männer, aber auch sie könnten nur über einen gewissen Zeitraum an die Grenzen der Belastbarkeit gehen: nach fünf bis acht Jahren brauche man Regeneration, Abwechslung und neue Projekte.

Als letzte Referentin sprach eine "Quertreiberin aus Langeweile", wie sich Claudia Langer, Inhaberin und Geschäftsführerin der Werbeagentur Start AG, selbst bezeichnete. Mit 19 Jahren gründete sie ihr erstes Unternehmen, die legendäre Münchner Modemesse "Avantgarde", die sie schnell zu einem Star in der Branche machte. Heute managt die zweifache Mutter ihr Leben mit Hilfe eines Homeoffice und einer Haushälterin. Ihre These lautet, die Medienbranche sei eine frauenfeindliche Branche, dennoch berge sie Chancen für Frauen. Mit Neugier und Willen zum Lernen könnten Frauen - unter Berücksichtigung unüberbrückbarer Differenzen von Männern und Frauen - den selben Erfolg erzielen wie Männer.