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Sport im Radio - Elfmeterschießen oder Quotenabseitsfalle?

11.06.2002 | L6 02
Von umfangreicher Sport-Berichterstattung kann Christian Stögmüller in seiner Funktion als Geschäftsführer von Life Radio in Linz nur träumen: er hat das grundsätzliche Gefühl, sich mit seinem österreichischen Sender in einem fortwährenden Abwehrkampf gegen den ORF zu befinden. Da kann schon mal ein Plakat eines privaten Radiosenders im Schwenkbereich einer ORF-Kamera zum Zankapfel werden. Der Leiter eines Landesstudios verlangte von einem Fußballverein, die Werbung der privaten ORF-Konkurrenz zu entfernen, da ansonsten die Übertragung abgebrochen würde. Logisch, dass der örtliche Fußballmanager schnellstens reagierte und das Plakat beseitigte. Da sieht es in Bayern wesentlich besser für die Programmmacher aus:

Bei Radio Primavera gibt es Samstag für Samstag fast drei Stunden Fußball pur: von 14:45 Uhr bis 17:30 Uhr läuft nur noch Fußballübertragung - Musik gibt es in dieser Zeit nicht mehr. Der Hörer dankt es dem Geschäftsführer von Radio Primavera - Lothar Steigerwald - allerdings nur bedingt: einen Imagegewinn für den Versuch, der seit der letzten Saison läuft, kann der Veranstalter laut FA 2002 nicht verzeichnen. Dafür hat sich der Marktanteil der Viertelstun-denreichweiten entscheidend verbessert und ein kleiner Verdienst durch den Werbeverkauf konnte auch schon generiert werden. Nicht zuletzt zwei Gründe für den Aschaffenburger, den Versuch ("...Mit den Rechten - da haben wir aus der Hüfte geschossen...") zu einer Dauereinrichtung werden zu lassen. Das Funkhaus Aschaffenburg hat Verhandlungen mit dem Anbieter der Übertragungen aufgenommen und will auch in Zukunft intensiv von der Bundesliga berichten.

Nürnberg ist nicht nur an bundesweiter Berichterstattung interessiert, da selbst fest in der Hand von König Fußball: Es gibt vor Ort einen Erstligisten (1. FC Nürnberg) und einen Zweitligisten (Spvg Greuther Fürth). Dementsprechend hoch platziert Mathias Zeck vom Funkhaus Nürnberg die regionalen Kicker im Programm des Funkhauses Nürnberg. Vom Nachrichtenaufsager bis zum Li-vebericht: im Durchschnitt läuft täglich (ob Spieltag oder nicht) mindestens ein Beitrag zum Thema Fußball. Damit ist er gut beraten, denn Umfragen haben ergeben, dass die Nürnberger von seinen lokalen Radioprogrammen eine ausgiebige Berichterstattung verlangen. Mathias Zeck aber warnt vor den steigenden Kosten: mit zuletzt 40.000,-- DM für Live-Übertragungsrechte ist das Limit - nach seinen Worten - schon fast erreicht.

Da kommt Dr. Stephan Ory gerade recht: Er vertritt als Anwalt die rechtliche Seite. Grundsätzlich dürfen die Vereine die Entgelte für die Berichterstattung aus ihren Stadien "privatautonom" regeln. Das heißt: sie haben Hausrecht und könnten allein schon damit eine unbezahlte Berichterstattung verhindern. Aber: Sportrechte im Radio sind anders zu behandeln als Sportrechte im Fernsehen, sagen die Gerichte in Deutschland. Zum einen ist Fernsehen eine "Erweiterung des Stadions". Rein rechtlich gesehen muss der Fernsehveranstalter die "Tickets" für seine Zuschauer lösen. Das ist beim Radio nicht so: Radio erhebt nicht den Anspruch auf Authentizität, der Hörer ist rechtlich nicht wie ein Zuschauer zu behandeln. Radioberichterstattung hindert den Kartenverkauf nicht. Aus rechtlicher Sicht gibt es also keine "Übertragungsrechte Hörfunk" - Aufsager aus dem Stadion und Ergebnismeldungen sind frei - Ausnahme sind nur Liveberichte mit O-Ton (auch zeitversetzt).

Das hört Edgar Geenen als Geschäftsführer des 1. FC Nürnberg gar nicht gern. Für ihn gilt: Fußball steht seit Jahrzehnten unangefochten an der Spitze der Sportarten, über die berichtet wird. Er sieht daher Chancen, Rechte und Pflichten auf allen Seiten. Der Sport und mit ihm Vereine und Spieler profitieren von der umfangenden Berichterstattung - und die Medien von der erzielten Quote: "Wir sitzen doch alle in einem Boot."

Der Radiomacher aus Österreich wünscht sich - trotz aller Probleme und Widerstände - deutsche Verhältnisse. Bis es soweit ist, behilft er sich zuweilen mit originellen Lösungen wie z.B. der "Guerrilla-Promotion": Weil seine Sen-derwerbung im Schwenkbereich durch den vehementen ORF-Landeschef auf Dauer im Stadion verboten blieb, hat sich Radiochef Stögmüller das Dach eines Hochhauses hinter dem Stadion gemietet. Dort steht jetzt wieder sein Senderplakat. Im Schwenkbereich der ORF-Kamera.

Rückfragen: 11./12. Juni 2002 Telefon: 0911 / 8606-4637