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Zusatzerlöse für das lokale Fernsehen: Formate zwischen Werbung und PR - „Wenn die Zuschauer begreifen, was drin ist, können sie damit auch umgehen“

12.07.2006 | L9 2006
Auf der Suche nach Zusatzerlösen neben der klassischen Werbung gehen große lokale Fernsehsender neue Wege mit TV-Formaten, die redaktionell gestaltet und werblich motiviert sind. Handelt es sich dabei um Sonderwerbeformen oder uner­laubte Schleichwerbung? Und vor allem: Wenn es sich um Sonderwerbeformen handelt, wie müssen diese gekennzeichnet sein, um das gesetzliche Gebot der Trennung zwischen Werbung und Programm zu erfüllen?
 
Die Akzeptanz und Notwendigkeit von Formaten wie Business-TV oder Unterneh­mens-TV wird durchaus unterschiedlich bewertet. Dies zeigte eine Diskussion wäh­rend der Lokalrundfunktage in Nürnberg mit Lokal-TV-Machern und einem Medien­forscher. Bernhard Bertram von Hamburg 1 bekannte sich klar zu diesen „Zwittern zwischen Redaktion und Werbung, die redaktionell gemacht und werblich motiviert sind“. Unter dem Label „Lebenswelten“ produziert der Sender ein Business-TV-Ma­gazin für Unternehmen wie den Hamburger Flughafen, die eine Monopolstellung im Wirt­schaftsraum der Hanseatenmetropole haben. Als unbedingte Voraussetzung für die Akzeptanz solcher Formate nannte der Hamburg 1-Geschäftsführer die Alltags­rele­vanz der Inhalte, die Glaubwürdigkeit der Berichte („Verfälschte Wahr­heiten kann jeder Zuschauer über­prüfen“) und die Transparenz gegenüber dem Publi­kum durch eindeutige Kenn­zeichnung solcher Sendungen. „Wenn die Menschen be­grei­fen, was drin ist, kön­nen sie damit auch umgehen“, so Bertram. Deshalb strahle Ham­burg 1 vor dem Business-TV kurze Filme zur Aufklärung der Zuschauer aus. Er räumte allerdings auf Nachfrage von Moderatorin Bianca Bauer-Stadler ein, dass die redaktionelle Oberhoheit für das Magazin im Falle eines Konfliktes bei den Unternehmen liege.
Wie die Zuschauer die neuen Formate und deren Kennzeichnung aufnehmen, hat das Hans-Bredow-Institut im Auftrag der Hamburgischen Landesanstalt für neue Medien (HAM) mittels Gruppeninterviews untersucht. Die Ergebnisse in Kürze: Die Sendungen wurden als Zwischenkategorie zwischen Werbung und Programm er­kannt; diese Kategorie bedarf unbedingt einer Kennzeichnung; die Art der Kenn­zeichnung muss sendungsbegleitend sein; der Aufklärungstrailer spielt eine wich­tige Rolle im Hinblick auf die Akzeptanz. Hinsichtlich der Akzeptanz wären alle denk­­baren Perspektiven vertreten gewesen, erläuterte Prof. Dr. Uwe Hasebrink: die Verbraucherschutzperspektive („Das muss verboten werden“), die individualistische Perspektive („Ich weiß schon, wie ich das einzuschätzen habe“), aber auch eine Haltung zwischen Akzeptanz und Resignation („Die machen doch sowieso, was sie wollen, das ist man schon gewöhnt“).
 
Die Kennzeichnung hält auch Michael Tenbusch von münchen.tv für ein „notwen­diges Unterscheidungsmerkmal“. Der Regionalsender beschreitet mit der Entwick­lung des „Unternehmens-TV“ ähnliche Wege wie Hamburg 1. Tenbusch verdeut­lichte, dass „andere Formen kommerzieller Kommunikation“ unbedingt notwendig wären, um die Finanzierung von Lokalfernsehen dauerhaft zu sichern. Das finan­zielle Argument alleine wollte Bertram dagegen nicht als einzige Begründung stehen lassen. Im Vergleich zu echten schleichwerbefinanzierten Formen gebe es eine „publizistische Berechtigung für diese Formate“, betonte er.
 
Dieser Auffassung konnte sich Peter Jakob von der Arbeitsgemeinschaft Baye­rischer Fernsehanbieter (AGF) nicht anschließen. Er warnte davor, dass solche finanziell motivierten, aufwändig produzierten Formate so viel Redaktionskapazität vom Sen­der abziehen könnte, dass darunter das Kernprodukt, das regionale Nachrich­tenmagazin, leide: „Es ist mit Sicherheit eine Gratwanderung, man sollte es nicht übertreiben“. Die AGF geht einen etwas anderen Weg. Über die Beteiligung an der Initiative „Start up“, dem bayerischen Gründerpreis, habe man weitere, ebenfalls beteiligte Sponsoren dieser Initiative wie die Bayernbank später als klassischen Werbepartner für Bayern TV gewinnen können, erklärte Jakob.