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Jungs weinen – Mädchen nicht. Geschlechtsbezogene Medienarbeit bricht Stereotypen auf - 13. Fachtagung des Forums Medienpädagogik der BLM

30.10.2007 | 46 2007
Trotz Bahnstreik waren am 25. Oktober über 120 Teilnehmer nach München gekommen, um sich in der bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) mit den Möglichkeiten geschlechtsbezogener Medienarbeit zu beschäftigen. Neben einer theoretischen Einführung zur Gender-Forschung war es vor allem die Vielzahl praktischer Beispiele, die in bunter Reihenfolge einen Einblick in die spannende Landschaft von Jungen- und Mädchenprojekten mit Medien bot.
 
Während die medienpädagogische Mädchenarbeit seit langem versucht, vielfältige Geschlechtsidentitäten aufzuzeigen, rückt die Jungenarbeit erst jetzt ins Blickfeld. „Jungenarbeit wird vor allem dann gefordert, wenn der Medienumgang in Zusam­menhang mit einer Zunahme von Gewaltanwendungen Jugendlicher öffentlich diskutiert wird. Dann finden wir – wie dies gerade in jüngster Zeit der Fall ist – plötzlich zahlreiche Veröffentlichungen, die Jungen als Verlierer darstellen, mit schlechten Zeugnissen und überdurchschnittlichem Gewaltpoten­zial“, erläuterte der Vorsitzende des Forums Medienpädagogik und BLM-Präsident Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring.
 
Inwieweit medienpädagogische Projekte geeignet sind, stereotype Rollen­bilder von Männern und Frauen in der Gesellschaft aufzubrechen, war eine der zentralen Frage­stellungen der Tagung, wie Prof. Dr. Walter Eykmann, MdL und stellvertreten­der Vorsitzender des Medienrats der BLM, eingangs feststellte. „Medien spiegeln bestehende Geschlechterverhältnisse wider und beeinflussen sie“, so Eykmann, „Soaps, Games, Spielfilme oder Musikvideos zeigen Verhaltensmuster für Jungen und Mädchen. Heranwachsende suchen in Medien Antworten auf Fragen, die mit ihrer zukünftigen Rolle als Mann oder Frau zu tun haben“. Den Medien komme also hinsichtlich der Ausbildung der Geschlechtsidentitäten von Kin­dern und Jugend­lichen ein erheblicher Stellenwert zu.
 
Dass Geschlechterrollen austauschbar seien, wie man im Zuge der Gleichberech­tigung eine Zeitlang annahm, verneinte Prof. Dr. Marie-Luise Angerer, Rektorin der Kunsthochschule für Medien Köln (KHM). Geschlechter verhielten sich nicht gegensätzlich, sondern stünden „in einem schiefen Verhältnis“ zueinander, weil nicht eindeutig definierbar sei, was weiblich und was männlich ist. Zwar könne man durch zunehmend mehr weibliche Figuren wie Lara Croft aus dem Computer­spiel Tomb Raider glauben, dass „freche, starke Mädchen auf dem Vormarsch“ seien, dennoch seien männliche Hauptrollen häufig immer noch auf die Darstellung des Retters oder des Auserwählten à la Neo im Kinofilm „The Matrix“ festgelegt.
 
Auch könnten Menschen laut Angerer nicht aus den geschlechtlichen Rollen aus­steigen, da es schließlich keinen neutralen Körper gebe. Die Expertin unterstützte die These vom „Gender Doing“ der US-amerikanischen Wissenschaftlerin Judith Butler, die besagt, dass Menschen in all ihren Handlungen permanent ihr Geschlecht konstituierten. Ferner betonte sie, dass Medien nicht nur bereits bestehende Realitäten abbildeten, sondern Geschlechtsrollen auch erschaffen würden.
 
Die Referenten aus der praktischen Medienarbeit waren sich einig, dass aufgrund unterschiedlicher Ansichten und Interessen von Mädchen und Jungen differenzierte Angebote notwendig sind. Sie machten deutlich, wie wichtig es ist, dass Medien und ihre Rollenbilder für Kinder und Jugendliche durchschaubar gemacht werden. Auch gehe es nicht nur darum stereotype Männer- und Frauenbilder aufzubrechen, sondern auch darum, ein größeres Spektrum an Rollenbildern anzubieten.
 
Die Workshops wurden moderiert von Mitgliedern des Forums Medienpädagogik: dem Medienratsvorsitzenden der BLM und Direktor des Sankt Michaelsbunds München, Dr. Erich Jooß, dem Vorsitzenden des Grundsatzausschusses des BLM-Medienrats und Vizepräsidenten des Verbands der freien Berufe, Dr. Fritz Kempter und dem Vorsitzenden der Freien Evangelischen Elternvereinigung in Bayern, Helmut Wöckel.
 
Referenten des 13. Forums Medienpädagogik:
  • Prof. Dr. Marie-Luise Angerer, Rektorin der Kunsthochschule für Medien Köln
  • Prof. Dr. Sylvia Buchen, Kompetenzzentrum für Genderforschung und Bildungs­fragen in der Informationsgesellschaft, Freiburg
  • Kathrin Demmler, Medienzentrum München des JFF
  • Karin Eble, Irene Schumacher, Wissenschaftliches Institut des Jugendhilfswerks Freiburg e. V.
  • Daniel Haberfeld, SevenOne Media, München
  • Kai Kabs, Paritätisches Jugendwerk Baden-Württemberg e. V., Stuttgart
  • Dr. Anita Schilcher, Institut für Germanistik, Universität Regensburg
  • Harald Sickinger, PfunzKerle e. V., Tübingen, Evangelische Fachhochschule Ludwigsburg
  • Eva Schmidhuber, Radiofabrik – Freier Rundfunk Salzburg
  • Elke Schlote, Internationales Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfern­sehen, München
  • Jens Wiemken, Büro für Jugend-, Schul- und Kommunalprojekte, Vechta

>> Kontakt: Stefanie Göttlich, Tel. (089) 63 808-261, stefanie.goettlich@blm.de