Cookie Hinweis

Suche

Pressemitteilungen

Erlösmodelle für die digitale Medienwelt - Eine Veranstaltung der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM)

06.12.2007 | 53 2007
Wo fließen die Werbegelder in Zukunft hin? Wie wird sich die Werbung verändern? Welche Erlösmodelle gibt es jenseits der Werbefinanzierung? Mit diesen und ähn­lichen Fragestellungen beschäftigte sich das BLM-Forum „Erlösmodelle für die digitale Medienwelt“ am 4. Dezember 2007.
 
Bedingt optimistisch gab sich Martin Krapf, Geschäftsführer von IP Deutschland hinsichtlich der Vormachtstellung des Fernsehens bei der Akquise von Werbe­geldern. Auch wenn Jugendliche und Rentner weniger vor dem TV-Gerät sitzen als früher, bleibt das Fernsehen das führende Massenmedium, so Krapf. 44 Prozent aller Medienkontakte seien derzeit TV-Kontakte. Damit das so bleibt, müssten die Anbieter jedoch über das heutige Maß hinaus aktiv werden. Wichtig sei die Präsenz auf allen Plattformen und Endgeräten, die Stärkung der Sender- und der Pro­grammmarken, die Fähigkeit über die Marken Themen zu positionieren und die Nutzung neuer Möglichkeiten der Interaktion und der Individualisierung. Mit der vorgenommenen Diversifizierung und der vorhandenen wirtschaftlichen Substanz sieht Krapf die RTLGruppe prinzipiell gut für den Wettbewerb mit Internet- und Mobilfunkunternehmen gerüstet.
 
Wie man Erlöse jenseits der Werbung erfolgreich generiert, zeigte in ihrem Vortrag Annet Aris, Adjunct Professor of Strategy and Management in Paris. Durch die Verschiebung von Werbung in das Internet oder andere neue Plattformen, durch neue Werbemodelle und durch die geringer werdende Bereitschaft für Inhalte zu bezahlen, sind die Erlösmodelle traditioneller Medienunternehmen unter Druck geraten. Ein Beispiel dafür, wie man über 50 Prozent der Einnahmen über andere Quellen als Werbung akquiriert, ist der französische Free-TV-Sender M6. Durch zahlreiche Aktivitäten, vor allem durch den Verkauf unterschiedlichster Produkte gelingt es M6 sehr erfolgreich, den Anteil der Werbeeinnahmen an den Gesamt­erlösen unter 50 Prozent zu drücken. Allerdings, so Aris, müsse man auch bei diesem Erlösmodell einige Regeln beachten: Man muss selbst eine starke Marke sein mit großer Reichweite, die Produkte müssen zur Marke passen, einen besonderen Wert haben, und intensiv beworben werden. Schließlich braucht man Spezialisten für diese Geschäfte.
 
Wenn es nach Michael Konitzer von der Ray Sono AG geht, wird sich das Leben und damit auch das Geldverdienen der Zukunft im Internet abspielen. Das Internet wird dabei zur Schnittstelle zwischen Realität und Virtualität, zwischen Individuum und Gruppe. Geld verdient man durch Service-Dienstleistungen ebenso wie durch virtuelle Produkte. Prägende Begriffe sind permanente Verfügbarkeit, Interaktion, Networking und Schwarm-Intelligenz. Neben der bestehenden Form des Geld­verdienens nach dem Motto „Geld für Leistung“ wird man aber auch bereit sein müssen, Umwege zu gehen über sog. „non-monetäre Benefit-Optionen“, wie Empfehlungen, Privilegien und Reputation. Je besser und je exklusiver schließlich ein Individuum angesprochen wird, desto eher und desto mehr wird es bereit sein, für geleistete Dienste monetär zu bezahlen.
 
Während Konitzer die Teilnehmer in virtuelle Welten entführte, konfrontierte sie
Dr. Henning Röper, Leiter Media Practice von Solon Management Consulting mit seinen Vorstellungen, wie Mobile Media in der realen Welt zum Geschäft wird. Röper identifizierte insgesamt acht Angebotssegmente, die Mobile Media für Kunden interessant machen, von ortsbezogenen Services bis zu Mobile TV. Nach seiner Marktprognose kann Mobile Media in Deutschland in allen acht Segmenten im Jahr 2010 einen Umsatz von insgesamt 1,5 Mrd. Euro generieren. Dazu müssten aber alle Beteiligten – Content-Anbieter, Mobilfunk-Anbieter und Endgeräte-Hersteller – eine Reihe von Aufgaben erfüllen: Die Content-Anbieter müssen Inhalte für die mobile Nutzung optimieren, es muss mehr ortsbezogene Angebote geben und sich weitgehend ein werbefinanziertes Modell durchsetzen. Die Mobilfunkanbieter müssen attraktive Datentarife anbieten und die Endgeräte-Hersteller die Ausstattung und Benutzerfreundlichkeit der Geräte verbessern.
 
Mit der Frage wohin die Werbeerlöse in den digitalen Medien überhaupt fließen, beschäftigte sich Sascha Jansen von Zed digital. Nach seiner Prognose wird sich die Werbewirtschaft in den kommenden fünf Jahren mehr verändern als in den zurückliegenden 50 Jahren. Parameter der Veränderung sind dabei die Digitali­sierung aller Medien, die mediale Emanzipation der Verbraucher vom Konsumenten zum Prosumenten, die Öffnung der Werbevermarktung und die Interaktivierung der Werbung, so Jansen. Schon in diesem Jahr werden sich die Online-Werbeerlöse in Deutschland, die sich aus den Komponenten klassische Online-Werbung, Such­wortvermarktung und provisionsorientierten Affiliate-Systemen zusammensetzen, auf mehr als 2,5 Mrd. Euro summieren. Als Werbemedien werden in den kom­menden 10 Jahren vor allem das Internet, mobile Endgeräte und der Spielesektor gewinnen, während die klassischen Medien deutlich an Bedeutung verlieren werden.
 
Während es bei Jansen um die Werbeerlöse ging, thematisierte Oliver Rosenthal, Interactive-Chef bei Saatchi & Saatchi in Frankfurt die Veränderung der Werbung selbst. Um den Konsumenten, der in der sog. Attraction-Economy tatsächlich der König bzw. der Boss ist, auch in Zukunft zu erreichen, muss sich der Inhalt der Werbung durch die drei Kriterien Mystery, Sensuality und Intimacy auszeichnen. Grundsätzlich, so Rosenthal, verändert das Zeitalter der unterschiedlichen Bild­schirme die Werbung. Einerseits geht es um die Entwicklung von relevantem Content für die jeweiligen Bildschirme mit denen der Konsument überall konfrontiert wird, zum anderen, um einen ehrlichen Dialog zwischen der Marke und dem Konsumenten.
 
Bei der abschließenden Podiumsdiskussion über die Werberegulierung in der digitalen Medienwelt machten sowohl Jürgen Doetz, Präsident des VPRT als auch Dr. Andrea Malgara, Geschäftsführer Marketing bei SevenOneMedia deutlich, wie stark Rundfunkunternehmen durch die neue EU-Richtlinie für Audiovisuelle Dienste gegenüber Unternehmen wie Google benachteiligt werden. Doetz machte in diesem Zusammenhang deutlich, dass es ihm nicht darum geht, Internet-Unternehmen restriktiveren Regeln zu unterwerfen, sondern darum, bestehende Beschränkungen für Rundfunkunternehmen etwa im Hinblick auf die Werbung abzubauen. BLM-Präsident Ring wies darauf hin, dass sich an der neuen Richtlinie erneut zeige, dass der Gesetzgeber nicht in der Lage sei, der Dynamik der Medien auch nur annähernd zu folgen.
 
 

>> Kontakt: Dr. Wolfgang Flieger, Tel. (089) 63 808-313, wolfgang.flieger@blm.de