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Innovationsförderung als Kernaufgabe der Medienregulierung -
25 Jahre BLM: Expertenrunde diskutiert über Medienaufsicht in der digitalen Welt

07.05.2010 | 30 2010

Innovationsförderung und Qualitätssicherung sollten ins Zentrum der Medienregulierung gerückt werden, forderte Festredner Prof. Dr. Otfried Jarren vom Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich (IPMZ) anlässlich der Jubiläumsveranstaltung zum 25-jährigen Bestehen der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) im Münchner Literaturhaus. Vor welchen Herausforderungen die Medienaufsicht in der digitalen Welt steht, diskutierte anschließend eine Expertenrunde. 

„Die Begleitung und Förderung des Strukturwandels der publizistischen Medien scheint mir eine vorrangige, weil gesellschaftlich besonders relevante Aufgabe zu sein“, betonte der Kommunikationswissenschaftler in seiner Keynote. Auch im Internet gehe es nicht nur um Aufsicht und Kontrolle, sondern um die Förderung von publizistischen Inhalten. Mit Blick auf die Diskussion über die Krise warnte er: Der Veränderungsdruck auf die klassischen Medien dürfe nicht mit deren Ende gleichgesetzt werden. Gerade weil die moderne Gesellschaft immer pluraler werde mit immer mehr individuellen Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung, bedürfe es publizistischer Medien, die zuverlässig nach Relevanz und Qualität filterten sowie Orientierung gäben.

Der Züricher Medienexperte kritisierte den fehlenden Blick auf das Ganze und regte einen neuen Ordnungsrahmen für das gesamte publizistische System an: „Das bedeutet überhaupt nicht, dass zukünftig nur noch Bundesbehörden agieren – im Gegenteil. Gerade das deutsche Beispiel zeigt: Regulatorische Diversität ist angezeigt, zumal im kooperativen Föderalismus.” Die Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Medienorganisationen sei nicht hinfällig, jedoch müsse der Fokus unbedingt auf alle – alte und neue – Player gerichtet werden.

Nach der Begrüßung durch BLM-Geschäftsführer Martin Gebrande würdigte Staatsminister Siegfried Schneider, Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, die Arbeit der Landeszentrale: „Die BLM nimmt bei den Landesmedienanstalten einen Spitzenplatz ein.“ Neben ihren Kernaufgaben habe sie wichtige Beiträge zum Jugendmedienschutz sowie zur Medienerziehung und -pädagogik geleistet. Der bayerische Medienminister hob insbesondere die gemeinsame Arbeit bei der Entwicklung des Medienführerscheins hervor. Er bekräftigte die Bedeutung der BLM für die digitale Zukunft: „Die heutigen Entwicklungen im Medienbereich erfordern von uns genauso viel Kraft, Ausdauer und vor allem klare medienpolitische Vorstellungen wie die Pionierleistungen während der Anfänge des privaten Rundfunks.“ Zu dieser Zukunft gehört auch das Lokalfernsehen, dessen Förderung der Gesetzgeber vorerst bis 2012 verlängert habe. Schneider deutete aber an, dass die Chancen für eine finanzielle Förderlösung im Zusammenhang mit der Rundfunkgebühr besser stünden als noch zwei Jahre zuvor.

Diese Vorlage griff der BLM-Medienratsvorsitzende Dr. Erich Jooß in der späteren Diskussion nochmals auf und plädierte für die so genannte Öffnungsklausel im Rundfunkgebührenstaatsvertrag, die es den Ländern ermöglicht, die Rundfunkgebühr zu erhöhen, um publizistische Inhalte außerhalb des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu fördern. Mit Blick auf das Kirchhof-Gutachten zur Rundfunkfinanzierung erklärte er: „Wenn uns der Faktor Nähe im journalistischen Bereich wichtig ist, müssen wir ihn finanzieren.“ Regionales und lokales Fernsehen lasse sich aus dem Markt allein nicht bezahlen. Das bestätigte selbst Michael Oschmann, Geschäftsführer des Telefonbuch-Verlags Hans Müller: „Man wäre ein schlechter Unternehmer, wenn man sagen würde, dass man so etwas gern macht. Die Bitte um Förderung fällt uns an der Stelle auch sehr schwer.“ Die Oschmann-Gruppe verfügt über zahlreiche Rundfunkbeteiligungen in Bayern.

Den Förderauftrag betonte auch BLM-Präsident Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring als wichtige Zukunftsaufgabe: „Der Auftrag, der uns vom Gesetzgeber gegeben worden ist, ist nicht nur ein Auftrag zur Aufsicht, sondern es ist ein Förderauftrag, der künftig noch wichtiger werden wird.“ Verstärkt werden müsse insbesondere die Förderung publizistischer Qualität und des Mediennachwuchses. Denn eine gute Ausbildung sei Voraussetzung für die Qualitätssicherung.

Zur Zukunftsaufgabe erklärten die Diskutanten auf dem Podium darüber hinaus ein besseres Verständnis der Online-Medien. Auf die Frage von Moderator und Rechtsanwalt Helmut G. Bauer nach einem „Generationenabriss“ in den Gremien der Landesmedienanstalten berichtete Frauke Gerlach, Vorsitzende der Medienkommission der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM), dass es einen Generationenwechsel in ihrem Gremium gegeben habe. Trotz hoher Professionalisierung sei man momentan aber dabei, zu lernen, was im Netz passiert, um auch in Zukunft seine Aufgabe erfüllen zu können: „Wir beschäftigen uns gerade sehr damit, unsere eigenen Strukturen zu überprüfen.“

Georg Schäff, Verleger des Donaukuriers in Ingolstadt, gab zu bedenken, dass vor allem eine Aufklärung der Gesellschaft über die technologischen Entwicklungen notwendig sei. Die wenigsten Menschen wüssten darüber etwas. Medienpolitik müsse für Transparenz hinsichtlich der Internetunternehmen sorgen, forderte er. Rundfunkunternehmer Michael Oschmann ergänzte, dass die Gatekeeper-Frage angesichts von Google und Facebook neu gestellt werden solle: „Wie transparent muss ein Google-Algorithmus sein?“ Bernd Sibler, MdL, Vorsitzender des Ausschusses für Hochschule, Forschung und Kultur, antwortete daraufhin: „Vieles wird die Rechtsprechung klären, zum Beispiel die Frage der Algorithmen.“

Einig war sich das Podium darin, dass Medienkompetenz notwendig sei, um die neuen Entwicklungen begreifen zu können. Für den Medienratsvorsitzenden Jooß lautet deshalb die Schlüsselaufgabe in der digitalen Welt, Kinder und Jugendliche medienfähig zu machen.

 



>> Kontakt: Dr. Wolfgang Flieger, Tel. (089) 63808-313, wolfgang.flieger@blm.de