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„Innovationen sind nur möglich, wenn man das geistige Eigentum schützt“ - „Urheber ohne Rechte?“ Gemeinsame Veranstaltung der BLM und des US-Generalkonsulats in München

20.07.2012 | 57 2012

In der Schaffung günstiger Plattformen und neuer Geschäftsmodelle durch die Content-Industrie liegen die größten Chancen, das Urheberrecht auch in der digitalen Welt zu sichern. Auf diese Kernaussage konnten sich die Diskutanten der gemeinsamen Veranstaltung der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) und des US-Generalkonsulats in München am gestrigen Abend zum Thema „Urheber ohne Recht? – Das Urheberrecht im Spannungsfeld zwischen Netz, Politik und Industrie“ halbwegs einigen. Moderiert wurde die Diskussion von Rechtsanwalt Prof. Dr. Johannes Kreile.

BLM-Präsident Schneider betonte in seinem Grußwort die transatlantische Bedeutung des Themas und die Tatsache, dass mit der Diskussion um das Urheberrecht eine im Detail äußerst komplizierte juristische Spezialmaterie in aller Munde sei und die Gesellschaft wie selten zuvor spalte. Auch wenn die Meinungen zu diesem Thema weit auseinander gingen, müsse es das Ziel sein, rasch einen fairen Ausgleich der Interessen zwischen Urhebern, Verwertern und Nutzern zu finden, gerade weil das Internet auf dem Weg sei, zur wichtigsten Plattform für immaterielle Güter zu werden.

Auch US-Generalkonsul Conrad Tribble wies in seinem Grußwort darauf hin, dass das Thema Urheberrecht zu den wichtigsten Themen der Zeit gehöre. Aus seiner Sicht hätten Kunst und Content einen Wert, der geschützt werden müsse. „Wir werden unsere gesellschaftliche Innovationskraft verlieren, wenn wir unsere Ideen nicht mehr schützen können“, so Tribble. Die Diskussion um das Urheberrecht werde in Deutschland noch intensiver geführt als in den USA.

Im Anschluss an die beiden Grußworte der Veranstalter boten der Fachanwalt für Urheberrecht, Dr. Stefan Ventroni, und die US-amerikanische Anwältin D`Lesli Davis einen kurzen Überblick über den Stand der rechtlichen Diskussionen in Deutschland und den USA. Ventroni stellte drei verschiedene Lösungsansätze vor, die derzeit in Deutschland diskutiert werden: die Einführung von Internetsperren, das Gegenmodell einer Kulturflatrate und das „Warnhinweismodell“. Ventroni machte deutlich, dass Internetsperren keine angemessene Lösung darstellen. Sie sind aus verfassungs- und europarechtlichen Gründen problematisch, technisch nur schwierig zu realisieren und werden mittlerweile von allen im Bundestag vertretenen Parteien als Lösungsmöglichkeit abgelehnt. Eine Kulturflatrate wird von den Grünen propagiert. Dadurch sollen beispielweise Tauschbörsen legalisiert werden, die betroffenen Rechteinhaber erhalten Pauschalbeträge. In der Diskussion bezeichnete Ventroni dieses Modell als nicht praktikabel, weil er Zweifel daran habe, dass die Verteilung bei einem solchen Modell funktioniere. Das Warnhinweismodell, laut Ventroni ein „vorgerichtliches Mitwirkungsmodell“, soll dafür sorgen, dass ein Nutzer bei Verstößen eine bestimmte Anzahl von Warnhinweisen erhält, bevor rechtlich gegen ihn vorgegangen wird.

D`Lesli Davis betonte in ihrem Vortrag, dass es im amerikanischen Recht, z.B. im „Digital Millenium Copyright Act“ vor allem darum gehe, die Service Provider nicht für das Fehlverhalten ihrer Nutzer verantwortlich zu machen. Dabei bewerten amerikanische Gerichte allerdings ähnliche Fälle zum Teil sehr unterschiedlich. In den USA existiere darüber hinaus aber auch ein sog. „fair use“-Ansatz, wonach Eingriffe gegen das Urheberrecht zulässig sind, die keinen Schaden anrichten oder die zu verbieten unverhältnismäßig wäre. Auf der anderen Seite, so Davis, würde die USA versuchen, Urheberrechte ihrer Unternehmen über die Landesgrenzen hinaus zu schützen, wie etwa der Fall „megaupload“ zeige. Derzeit läuft ein Auslieferungsverfahren gegen den Gründer der illegalen Film- und Musikplattform Kim Schmitz in Neuseeland.

Für Markus Beckedahl, Betreiber der Plattform netzpolitik.org, sind Warnhinweismodelle nicht akzeptabel. Er sieht darin eine problematische Privatisierung der Rechtsdurchsetzung, eine hohe Dunkelziffer an unrechtmäßigen Beschuldigungen und einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis. Das Beispiel Frankreich zeige außerdem, so Beckedahl, dass legale Geschäftsmodelle damit nicht gestärkt werden. Aus Sicht Beckedahls gibt es vor allem im Musikbereich bereits heute Modelle, die die Nutzer akzeptieren könnten. Er sieht entsprechende Modelle derzeit allerdings nicht bei Filmen und Büchern. Gerade im Filmgeschäft müssten die großen Produktionsfirmen bereit sein, ihre Verwertungsmodelle zu ändern und Filme deutlich schneller weltweit verfügbar machen. Davis machte klar, dass es bei den Majors erste Ansätze in diese Richtung gebe. Kritisiert wurde allerdings sowohl auf dem Podium als auch im Publikum die Auffassung Beckedahls, dass die Tatsache, dass neue Filme aus den USA in Deutschland nicht sofort verfügbar seien, zu illegalen Downloads berechtige. „Wir reden hier von Diebstahl“, so eine Wortmeldung aus dem Publikum. Ebenfalls auf Kritik stieß die Auffassung Beckedahls, dass man in der Diskussion zwischen privater und kommerzieller Nutzung unterscheiden müsse. Bei den aktuellen technischen Möglichkeiten, könne dieser Unterschied nicht mehr gemacht werden, so die mehrheitliche Auffassung auf dem Podium und im Publikum.

Viele Punkte konnten in der spannenden Diskussion nur kurz angerissen werden, so etwa die umstrittenen Abmahngebühren, die Rolle der Verwertungsgesellschaften oder die Frage einer fairen Entlohnung von Künstlern.

Weitgehend einig war man sich abschließend auf dem Podium, dass die Zukunft in neuen Plattformen und Geschäftsmodellen liege, bei denen die Wünsche der Verbraucher berücksichtigt würden. Flatrate- und Subskriptionsmodelle, bei denen Inhalte zu vernünftigen Preisen angeboten werden, würden am ehesten dafür sorgen, dass das Urheberrecht auch in der digitalen Welt durchgesetzt werden kann.

>> Kontakt: Dr. Wolfgang Flieger, Tel. (089) 63808-313, wolfgang.flieger@blm.de.