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„Der schwarze Kasten bleibt“ – 13. Augsburger Mediengespräche zu „TV im Umbruch“

06.10.2015 | 53 2015
Das Internet imitieren oder einen eigenen Weg gehen? Auf Qualität oder auf Quote setzen? YouTube-Stars ins Fernsehen holen? Diese und andere Fragen rund um das Thema Bewegtbild wurden gestern bei den 13. Augsburger Mediengesprächen unter dem Motto „TV im Umbruch: Wie YouTube, Netflix und Co. die Fernsehwelt verändern“ diskutiert. Die von Silvia Laubenbacher (a.tv) moderierte Veranstaltung im Rathaus der Fuggerstadt fand auf Einladung der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), der lokalen Medienunternehmen und der Stadt Augsburg vor mehr als 200 Besuchern statt.
 
Gewinner der rasanten Entwicklung und zunehmenden Konkurrenz auf dem Bewegtbildmarkt sei auf jeden Fall der Zuschauer, sagte BLM-Präsident Siegfried Schneider in seinem Grußwort: „So viel attraktiven Content gab es nie zuvor auf allen Kanälen, zu jeder Zeit, an jedem Ort. Der Nutzer kann heute sehr viel gezielter als je zuvor von ihm gewünschte Bewegtbildinhalte auswählen.“ Und das tut er auch: Obwohl die TV-Nutzungsdauer immer noch und relativ konstant bei dreieinhalb Stunden täglich liegt, ersetzt laut einer Bitkom-Studie jeder dritte Jugendliche das lineare Fernsehen teilweise oder ganz durch Streaming-Angebote.
 
YouTube-Kanäle „holen die Jugendlichen mit Themen wie Comedy oder Games ab“, erklärte Prof. Dr. Claudia Wegener, Professorin für Digitale Medienkultur und Medienwissenschaft an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf, diese Entwicklung. Die TV-Sender dagegen hätten nur Angebote für Kinder. Außerdem: „YouTube-Stars wirken ehrlich und nahbar, sie sind virtuelle Freunde für ihr Publikum.“ Diese Nähe zu den Nutzern bestätigte die YouTuberin und Schauspielerin Joyce Ilg: „Meine User bestimmen durch ihre Kommentare meine Inhalte mit.“ Ilg erzählte auf dem Podium – genauso wie YouTuber Sebastian Meichsner („Bullshit TV“) –, kaum mehr lineares Fernsehen zu schauen. Meichsner äußerte aber, dass er durchaus Lust auf gut gemachtes Eventfernsehen habe: „Ich vermisse die Straßenfeger.“
 
„Wir können auch geil“, verteidigte Kai Blasberg, Geschäftsführer von Tele 5, die Branche. Ihm gehe es ausschließlich um Inhalte: „Ich will mein Publikum mit Inhalten unterhalten.“ Dazu brauche er weder Controller noch Quoten. Aus seiner Sicht hat das klassische Fernsehen Zukunft, weil es „die Menschen verbindet“. Das Internet dagegen sei „ein Medium für das Individuum“ und nur als zusätzliches Angebot einer erweiterten Produktpalette zu sehen. Blasberg verglich die unterschiedlichen Bewegtbild-Angebote mit denen der Gastronomie-Branche: „Netflix ist das Sternerestaurant, Tele 5 und RTL sind die gute Hausmannskost und YouTube das Fastfood.“
 
Anders sah das Jannis Kucharz, Gründer und Herausgeber von netzfeuilleton.de: „YouTube hat sich extrem professionalisiert.“ Es gebe dort heute – ganz wie im linearen Fernsehen – Stars und Sendeschemata. „Nicht umsonst mischen die klassischen TV-Sender jetzt auch dort mit.“ Aus gutem Grund, so Wegener: „Das Fernsehen muss sich in dieser Umbruchszeit neu positionieren.“ Dabei müsse es offen für neue Entwicklungen sein, dürfe YouTube aber nicht blind kopieren. Dass in dem Zusammenhang immer öfter YouTube-Stars ins Fernsehen gehen, sei nur natürlich. Meichsner, der seit ein paar Wochen auf Sky Sport als Kommentator zu sehen ist, sagte: „Die Brücke zum Fernsehen funktioniert gut und ist bereichernd.“ Auch Ilg ist in beiden Bewegtbild-Welten zu Hause und schätzt die unterschied­lichen Vorteile: „Bei You Tube kann ich selbst über meine Inhalte entscheiden, beim Fernsehen gibt es mehr Geld.“ Zwei Aussagen, die Kucharz‘ Überzeugung bestätigten: „Der schwarze Kasten hat Zukunft. Die Frage ist nur, wer künftig die Inhalte bereitstellt.“
 
Die Diskussion der Augsburger Mediengespräche ist am Samstag um 21 Uhr und am Sonntag um 19 Uhr auf a.tv zu sehen. Eine Fotogalerie ist auf www.medienpuls-bayern.de zu sehen.