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Allgäu TV spezial Lebensmittel retten

Bley: Mein Name ist Anne
Bley und ich habe eine Mission.

 (Anne Bley)

Heute möchte ich Lebensmittel
retten und wenn es richtig gut läuft,

sogar aus Dingen, die eigentlich
in der Tonne landen würden,

ein leckeres Gericht zubereiten.

Denn sind wir mal ehrlich: Viel mehr
von dem, was wir einkaufen,

landet eigentlich in der Tonne
anstatt bei uns im Magen.

(Musik)

Wer kennt es nicht?

Das Brot ist trocken geworden
oder man hat die Marmelade

ganz hinten im Kühlschrank vergessen
und wenn es dann in Urlaub geht,

landet sicherheitshalber
alles in der Tonne.

Jeder von uns
verschwendet Lebensmittel,

im Schnitt täglich mehr als 200g.

Allein in Bayern entstehen
jährlich 1,31 Mio. Tonnen

an vermeidbaren Lebensmittelabfällen.

Das entspricht 73.000
vollbeladenen Lastwagen.

Unser Verschwendungsproblem
fängt beim Einkaufen an

oder besser gesagt bei der
Einkaufsvorbereitung Zuhause.

Sagt Wolfgang Kolenda vom
Zweckverband „Abfallwirtschaft Kempten“.

Mit dem treffe ich mich jetzt gleich,
aber nicht ohne meine Einkaufsliste.

(Musik)

Denn damit vermeide ich schon mal,
dass ich wahllos Lebensmittel einkaufe,

die ich eigentlich noch zuhause habe.

(Musik)

Also, bei mir steht darauf:
Banane, Salat, Tomate, Zucchini.

Da kann ich ja nichts
falsch machen oder?

Kolenda: Nein, in dem
Fall überhaupt nichts,

weil auch vieles offen zu haben
ist, d.h. ich kann einfach auswählen,

wie viel brauche ich wirklich zuhause,

damit eben nichts verschwendet wird.

Bley: Darauf achte
ich eigentlich immer,

dass ich für mich alleine
nicht die XXL-Packung kaufe.

Neben der Menge des Einkaufes spielt
aber auch eine Rolle, was wir kaufen.

Da sind wir Kunden
nämlich ganz schön pingelig,

wie mir Supermarktfilialleiter
Thomas Abröll erklärt.

Abröll: Oft in der Gemüseabteilung
müssen die Sachen schön sein.

 (Thomas Abröll
Supermarkt Filialleiter)

Von der Farbe her, von der Form her,
die EDEKA hat auch schon ausprobiert,

Ware, die bei der
Ernte aussortiert wird,

weil sie eben nicht
der Norm entsprechen,

aber qualitativ trotzdem gut sind,
zu verkaufen haben wir probiert.

Der Kunde springt da nicht darauf an.

Die Gurke muss
tatsächlich ihre Form haben.

Wenn die ein bisschen krummer ist als
normal, will sie der Kunde nicht haben.

Bley: Wir stehen
gerade bei den Bananen.

Da sind ja manche ein bisschen
braun, das ist ganz normal.

Ich mag des gerade gerne für
Smoothies oder für Sachen,

aber wird die heute
verkauft? Was meinen Sie?

Abröll: Die meisten Kunden
werden sie nicht nehmen.

Es gibt ein paar,
vorwiegend ältere Kunden

oder Kunden, die Wert darauf
legen, dass alles verwertet wird,

die würden sie schon nehmen,
weil sie ja innen einwandfrei sind.

Das ist ja nur die Schale,

aber i.d.R. wird der Kunde
die Schöneren bevorzugen.

Bley: Zurück zu meinem Wocheneinkauf.
Dafür brauche ich noch Joghurt.

Da hätte ich einfach ins Regal
gegriffen und mir einen ausgesucht.

(Musik)

 (Wolfgang Kolenda
ZAK Abteilung ReUse)

Kolenda: Beim Joghurt würde ich
jetzt schon mal aufs MHD hinweisen,

das Mindesthaltbarkeitsdatum,
weil es oft Angebote gibt.

Ich nehme an, hier auch, wo die
noch 2, 3 Tage bis zum Datum sind,

stark reduziert sind. Jetzt
schauen wir mal, ob es das gibt.

Bley: Also, ich brauche jetzt gerade
keinen Schoko-Vanille-Pudding,

aber das ist echt gut zu wissen,

weil dann spart man sich
ja fast die Hälfte des Geldes.

Kolenda: Genau und der ist sicher gut.

Bley: Bestimmt.

Kolenda: Wann läuft er ab?

Bley: Hmm.

Kolenda: Ich denke, in 2, 3
Tagen. Wie auch immer.

Bley: 14.09. Heute.

Lebensmittel, die bald
ablaufen, fallen bei uns durch.

Dabei besagt das
Mindesthaltbarkeitsdatum nur,

dass die Garantie des
Herstellers abgelaufen ist.

Kolenda: Ein Joghurt kann 1, 2 Wochen
locker über dieses Haltbarkeitsdatum

darüber hinaus sehr
gut sein, unverändert.

Bley: Das ist ja der Klassiker,
dass man immer denkt:

 „Oh, in 2 Tagen läuft es ab.
Ich esse es besser nicht mehr.“

Kolenda: Und um sicherzugehen,
auf die eigenen Sinne verlassen, d.h.

sehen ob sich irgendetwas
verändert hat an der Konsistenz,

riechen, ob irgendetwas
schlecht riecht und dann so

einen kleinen Löffel probieren und
dann merkt man: „OK, es ist noch gut.

Kolenda: Wenn Schimmel drauf
ist oder so, natürlich weg.

(Musik)

Bley: Ich habe alle Lebensmittel für
meinen Wocheneinkauf zusammen.

Jetzt geht es nach Hause,

denn dort geht es mit dem
Lebensmittelretten weiter.

Zuhause angekommen und bevor jetzt
alles ordnungsgemäß aufgeräumt wird,

wird es für uns technisch. Denn:
Uns kann auch eine App helfen.

(Wolfgang Kolenda
ZAK Abteilung ReUse)

Kolenda: Ja. Ich bin mir manchmal
auch beim Auspacken dann unsicher,

bei verschiedenen Sachen.
„Ja, wo tue ich das jetzt hin?

Wo ist es am besten gelagert?“

und da gibt es einfach
ein hilfreiches Lexikon,

bei der Beste-Reste-App
vom Bundesministerium.

Bley: Dann lade ich die mir gleich
mal herunter, würde ich sagen.

(Musik)

Die App gibt Tipps zum
Einkauf, informiert über Lagerung

und Haltbarkeit von Lebensmitteln

und schlägt über 750 Rezepte
für übriggebliebene Produkte vor.

Kolenda: Was haben wir noch?

Bley: Ich würde Tomaten
nicht im Kühlschrank lagern.

Vielleicht können wir da mal gucken.

Kolenda: Tomaten. OK. Mäßige
Temperaturen unter 16 Grad.

Schattig bis dunkel, gut belüftet.

Unreife Tomaten zum Nachreifen
auf die Fensterbank legen.

Bley: Mhm.

Genau und hier ist wieder mit
Ethylengas, d.h. weg von Bananen,

weg vom Salat. Die sollten möglichst
allein, so für sich Platz haben.

Bley: Wenn ich aber möchte,
dass die Tomate reifer wird,

ist es dann nicht sogar gut
neben dem Apfel zu lagern?

Kolenda: Auf das Fensterbrett.

Bley: Nein, dann auf das Fensterbrett.

Kolenda: Die brauchen ein bisschen Wärme
und Sonne und dann passt es.

Bley: Wer keine App nutzen
möchte, kann sich auch über Flyer

des Bundesministeriums
oder des ZAKS informieren.

Darin finde ich auch
die aktuellen Zahlen

der vermeidbaren
Lebensmittelabfälle in Deutschland.

Die entstehen überall.

Nicht nur bei uns zuhause,
sondern auch in der Landwirtschaft,

der Lebensmittelverarbeitung,
dem Handel und der Gastronomie.

Allein in Deutschland landen pro Jahr
ca. 12 Mio. Tonnen Lebensmittel im Müll.

12% schon in der Landwirtschaft,
wenn aussortiert wird.

18% in der anschließenden
Verarbeitung, 4% im Handel

und 14% in Restaurants, aber die
Wegwerfmeister sind wir zuhause.

Über die Hälfte der 12 Mio. Tonnen

wird bei uns zuhause in
Privathaushalten verschwendet.

Einer, der dieser Verschwendung
den Kampf angesagt hat,

ist Manfred Bauerfeind von
der Organisation „Foodsharing“.

Ich treffe mich mit ihm in
der Kemptener Innenstadt,

um Lebensmittel abzuholen.

Was holen wir jetzt gleich ab?

(Manfred Bauerfeind
Foodsharing Kempten e.V.)

Bauerfeind: Wir holen beim
Rathauskebab Lebensmittel vom Vortag

und frische an der
Freitreppe; Obst, Gemüse,

alles was übrig geblieben
ist, was noch verwertbar ist

was aber trotzdem vielleicht
nicht mehr so schön ist

und dann weggeschmissen würde.

(Musik)

Bei Meryem Aksanoglu im Obst-
und Gemüseladen ist es genauso

wie im Supermarkt von Thomas Abröll.

Dass sie einige Lebensmittel
nicht mehr verkaufen können,

liegt nicht unbedingt an
der gesetzlichen Lage,

sondern auch an uns Verbrauchern.
Was hier liegt, ist frisch und gesund.

Doch was zählen
schon die inneren Werte?

Das Aussehen ist für die Meisten
von uns viel entscheidender.

Was nicht der Norm
entspricht, wird nicht gekauft.

Gut aber, dass heute
Manfred Bauerfeind da ist

und genau diese Lebensmittel für
seinen „Foodsharing“-Laden rettet.

(Musik)

Bauerfeind: Das
laden wir schon mal ein.

(Meryem Aksanoglu
betreibt einen Obst- und Gemüseladen)

Aksanoglu: Also, ich war sofort
dabei, als ich das mitbekommen habe,

weil wir können manche Sachen
leider nicht mehr verkaufen,

aber zum Wegschmeißen
sind sie auch noch zu schade.

Kann man eigentlich
noch gut weiter verwerten

und das war die Gelegenheit für uns.

Bley: Diese 4 Kisten wären
heute sonst auch in der Tonne gelandet.

Bauerfeind: Damit das vermieden
wird, holen wir das eben ab.

Die Leute holen das
bei uns und freuen sich,

dass sie gute Ware
bekommen für 0 Geld.

Bley: Haben Sie da Ihr Einkaufsverhalten
auch ein bisschen verändert?

seit Sie sich eben hier
engagieren beim „Foodsharing“?

Bauerfeind: Persönlich?

Ja. Ich war immer schon
so ein Freak in der Beziehung.

(Lacht)

Bley: Also haben Sie
Ihre Passion gefunden?

Bauerfeind: Ja auf jeden Fall.

(Musik)

Bley: Seit 2013 gibt es
„Foodsharing“ in Kempten.

Angefangen hat alles mit
einem kleinen Kühlschrank

voll geretteter Lebensmittel.

Mittlerweile gibt es sogar einen
eigenen Laden, den „Fairteiler“.

Allein hier engagieren
sich 150 Freiwillige.

(Ruth Greif
Ehrenamtliche beim Foodsharing Kempten)

Greif: Weil ich es
einfach so traurig finde

was da an Massen an
Lebensmittel weggeschmissen wird,

wo man eigentlich
noch so gut verwerten kann,

wo man heute oder morgen noch
jederzeit gerne essen kann.

Ich finde des einfach traurig und das
möchte ich halt einfach verhindern damit,

indem ich da einfach mithelfe, dass es
verschwendet oder einfach weggeschmissen wird.

Bley: Am meisten weggeschmissen
wird Obst und Gemüse.

Es folgen von uns zubereitete
Speisen, Brot und Backwaren,

Getränke, Milchprodukte,
Fertiggerichte, Fisch und Fleisch.

(Wolfgang Kolenda
ZAK Abteilung ReUse)

Kolenda: Hinter jedem Lebensmittel
steckt viel fruchtbarer Boden,

der für das Anbauen gebraucht wird,
viel Wasser, unglaublich viel Wasser,

was dann auch verschwendet
wird, wenn man es wegwirft.

Es hat auch Auswirkungen
auf das Klima,

also wir verschwenden
damit auch Energie,

die für Transport und Erzeugung
und Lagerung vor allem Kühlung usw.

verwendet wird und
wenn man das wegwirft,

dann ist es 1.
ethisch nicht okay, ja.

Es ist ein Lebensmittel

und verteuert im Übrigen auch
die Preise auf dem Weltmarkt

der Lebensmittel, wodurch der
Hunger noch auch vorangetrieben wird.

Bley: Die geretteten Lebensmittel

können im Fairteiler
kostenlos abgeholt werden.

Gebeten wird lediglich
um eine Spende.

Die 150 Mitwirkenden
arbeiten alle ehrenamtlich.

Doch die Miete des Ladens musste …

Videodeskription: Pfennigparade
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