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Medienrat: Berichte des Vorsitzenden / des Präsidenten

Bericht des Vorsitzenden zur 33. Sitzung des Medienrats

21.05.2015 | 33


In den zurückliegenden Wochen hat sich unsere Medienlandschaft mit einer Plötzlichkeit verändert, die nicht nur mich überraschte. Bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 26. März 2015 lehnte die Bayerische Staatsregierung das geplante Verbot regionaler Werbung für nationale TV-Sender durch eine entsprechende Regelung im Rundfunkstaats­vertrag ab. Damit scheiterte der Beschlussvorschlag der Rundfunkkommission, weil sich die notwendige Einstimmigkeit nicht mehr herstellen ließ. In den Tagen danach erreichten mich überraschte, teilweise auch sehr kritische Mails aus dem Kreis der Gremienvorsitzenden. Es fiel mir, ich gebe es zu, nicht leicht, gegenüber meinen Kollegen auf den Primat der Politik zu verweisen. Schließlich hatten wir im Medienrat und seinen Ausschüssen das Thema mehrfach diskutiert und die wirtschaftlichen Befürchtungen besonders der lokalen Hörfunkanbieter, aber auch von Antenne Bayern, geteilt. Gleich lautende Signale erhielten wir von Vertretern aller Parteien des Bayerischen Landtags.
 
Nun gibt es für die aktuelle medienpolitische Wendung durchaus nachvollziehbare Gründe. Einer wurde mir seither immer wieder wie ein Mantra entgegengehalten. Die Anbieter, so hieß es, können doch nicht, wie sie es offenbar beim „Runden Tisch“ des Ministerpräsidenten getan haben, mit Vehemenz eine Deregulierung der deutschen Medienlandschaft einfordern und dann, wenn ihre eigenen Interessen negativ betroffen sind, genauso vehement nach staatlicher Regulierung rufen. Das ist tatsächlich ein Widerspruch, den letztlich nur die Politik aufzulösen vermag. Ich meine jedoch: Gerade weil die Problemlagen in der Internetwelt und angesichts der digitalen Entwicklungssprünge immer unübersichtlicher werden, darf sich die Politik nicht auf den einfachsten gemeinsamen Nenner der Deregulierung zurückziehen. Anders gesagt: Wer Deregulierung fordert, muss auch klar sagen können, wo und an welchen Schranken diese enden soll. Da genügt es nicht, nur auf den Jugendmedienschutz zu verweisen, der hoffentlich nicht mehr lange gesetzlich defizitär ist.

Es gibt, das lernen wir gerade, genügend Regulierungsbedarf auf europäischer Ebene, wenn wir an Google & Co denken, und es gibt ihn auf deutscher Ebene, beispielsweise bei der Plattformregulierung oder dem aktuellen Thema der Verbreitungskosten und beim viel diskutierten Public Value als Gegenleistung der Anbieter für medienrechtlich zugestandene Vorteile. Auch lokale und regionale Medien mit journalistischem Anspruch sind auf Dauer nur überlebensfähig, wenn sie politisch gewollt und durch einen dauerhaften Regulierungs­rahmen unterstützt werden. Hier reicht es sicherlich nicht aus, einen finanziellen Interessenausgleich zwischen der ProSiebenSAT1-Gruppe und den bayerischen Anbietern zu moderieren, über den sich vermutlich andere, nichtbeteiligte bundesweite TV-Sender freuen würden. Auch der halböffentliche Schaukampf zwischen den regionalen Zeitungsverlagen und TV Bayern, bei dem wir in den vergangenen Wochen Zaungast waren, ist gewiss kein Zukunftsmodell. Übrigens genauso wenig wie das einseitige Vorpreschen von TV Bayern. Sorge bereitet mir schließlich, dass der Medienrat in die Entscheidungen der Bayerischen Staatsregierung zur regionalen Werbung nicht eingebunden gewesen ist. Die Erfahrungen und Kompetenzen dieses Gremiums, das sich intensiv in die Materie eingearbeitet hatte, sind zu vielfältig, als dass sie einfach übersehen werden dürften. Auch daran muss man gelegentlich erinnern, genauso wie an die Ressourcen, die von der BLM für das Medienland Bayern und für solche grundsätzlichen Fragen bereitgehalten werden. Eine letzte Bemerkung noch: Selbst dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kann es nicht gleichgültig sein, wenn die derzeitigen medienrechtlichen Regulierungen bis auf wenige Restbestände abgeräumt würden. Denn in einer unregulierten Medienwelt dürfte sich diese Art des Rundfunks angreifbarer machen denn je und auf Dauer den Schutz verlieren, den nur ein geordneter Wettbewerb sicherstellt.
 
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.