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- 2016
2. Bundesmux DAB+
Die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) hat die Ausschreibung für den zweiten bundesweiten DAB+-Multiplex Ende vergangener Woche veröffentlicht. Voraussetzung dafür war die Zuordnungsentscheidung der Ministerpräsidenten der Länder, die auf ihrer Sitzung vor einer Woche die Gesamtkapazität eines zweiten bundesweiten DAB+ Multiplex an die Medienanstalten zur Belegung mit privaten Programmen vergeben haben.
Die Ausschreibung richtet sich ausschließlich an Plattformanbieter für ein bundesweit einheitliches Programmangebot. Eine Regionalisierung ist nicht vorgesehen, weil dafür ausreichend DAB+-Kapazitäten in den Ländern bereitstehen.
Bewerbungen können bis zum 24. Februar 2017 an die Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) gerichtet werden, die als zuständige Landesmedienanstalt bestimmt wurde. Die Zuweisungsentscheidung trifft im Fall einer Auswahlentscheidung unter mehreren eingehenden Bewerbungen die Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK), ansonsten die ZAK. Eine erste Beratung und Bewertung der Anträge ist für Ende März 2017 vorgesehen.
Ein weiteres bundesweites Hörfunkangebot ist nicht nur ein Zugewinn an Vielfalt, wir versprechen uns davon auch einen Schub für die DAB+-Reichweite insgesamt. Ein zweiter bundesweiter Multiplex mit weiteren rund 15 Programmplätzen wird einen wichtigen Beitrag zur künftigen Entwicklung des digital-terrestrischen Hörfunkmarkts in Deutschland leisten.
Pilotstudie DAB-Nutzung
Ich bleibe bei dem Thema DAB. Im Juni/Juli 2016 wurde im Auftrag der Landesmedienanstalten eine sog. Pilotstudie DAB+-Nutzung durchgeführt, um erstmals die Radionutzung in den Haushalten zu ermitteln, die über mindestens ein DAB-Gerät verfügen. Dazu haben über 2.000 Haushalte ein Tagebuch geführt und im Laufe von acht Tagen ihr Radionutzungsverhalten dokumentiert.
Die Ergebnisse der Tagebucherhebung belegen, dass neben der zunehmenden Marktdurchdringung von DAB+ bei den Radio-Empfangsgeräten auch die tatsächliche Nutzung von Digitalradio in den Empfangshaushalten bereits beachtliche Werte erzielt. Der Nutzungsanteil von DAB+ an den Radioempfangswegen in diesen Haushalten beträgt schon 19 Prozent. Das sind 46 Minuten der insgesamt erhobenen Hördauer von 248 Minuten. DAB+ liegt damit vor dem Verbreitungsweg Internet, der einen Anteil von 43 Minuten bzw. 17 Prozent an der Hördauer hat. Auf UKW entfällt mit 134 Minuten bzw. 54 Prozent nach wie vor der höchste Anteil. Dies ist aber nicht erstaunlich, weil auch in den DAB+-Empfangshaushalten noch drei von fünf Empfangsgeräten bzw. 60 Prozent der Geräte ausschließlich über einen UKW-Empfang verfügen. Auf die stationären Empfangsarten Kabel/Satellit entfällt in den DAB+-Empfangshaushalten noch ein Anteil von 14 Minuten bzw. 6 Prozent an der Hördauer.
Bei differenzierter Betrachtung nach Bundesländern zeigt sich, dass der DAB+-Anteil an der Radionutzung in den südlichen Ländern Bayern und Baden-Württemberg mit jeweils 25 Prozent und in Hessen mit 24 Prozent deutlich überdurchschnittlich ist.
Die Ergebnisse der Studie sind eine wichtige Wegmarke für die Entwicklung des digitalen Hörfunks in Deutschland. An DAB+ führt aus meiner Sicht kein Weg mehr vorbei.
Kooperationsvereinbarung BR/BLM bzgl. DAB+-Netze in Bayern
Eine vielleicht beispielgebende Zusammenarbeit hinsichtlich der Verbreitung von Digital Radio-Hörfunkprogrammen über DAB+ ist der BLM und dem BR gelungen. Der Intendant des BR und ich haben letzte Woche, nach mehrmonatigen Verhandlungen, Planungen und Abstimmungen eine Vereinbarung unterzeichnet, dass wir eine breite Kooperation im Bereich des Betriebes von DAB-Netzen in Bayern in den nächsten 8 Jahren durchführen werden. Wesentliches Ergebnis dabei ist, dass in den DAB-Netzen des BR je nach Region zwischen 2 und 10 private Hörfunkprogramme neben den Programmen des BR ausgestrahlt werden. Immer dort, wo die Netzstrukturen strukturell gleich sind, werden wir zusammenarbeiten.
So werden wir im landesweiten DAB-Netz des BR auch das Programm von Antenne Bayern verteilen können und in den DAB-Regionalnetzen, wo der BR seine regionalisierten Programme B1 und B2 verbreitet, auch weitere landesweite private DAB-Programme sowie bis zu 6 private Lokal-/bzw. Regionalprogramme. Im Großteil der Regierungsbezirke Bayerns sind nämlich die Strukturen der BR-Netze mit denen des BLM-Konzeptes „Hörfunk 2020“, das der MR im letzten Jahre verabschiedet hat, identisch.
Die Bayern Digital Radio wird alle freien Kapazitäten in den Netzen des BR anmieten und neben ihren eigenen DAB-Netzen für die privaten Hörfunkprogrammanbieter betreiben. Durch diese Kooperation zwischen BR und BLM sowie den darauf aufbauenden Vertrag zwischen BR und BDR wird den privaten Hörfunkanbietern eine ideale Netzqualität zu einem vertretbaren Preis angeboten. Vor allem im Hinblick auf die Qualität der Netze wird der BR eine Leistung anbieten können, die sich private Anbieter in den nächsten Jahren selbst nie hätten leisten können.
Wir haben dieses Projekt den privaten Hörfunkanbietern Bayern ebenfalls letzte Woche im Rahmen einer Informationsveranstaltung präsentieret und fanden breiten Zuspruch. Die Landeszentrale wird nun beginnend mit dem Jahr 2017, Zug um Zug in den Regierungsbezirken Bayerns die privaten Anbieter einladen, sich an der DAB-Verbreitung zu beteiligen. Zusammen mit den von der CSU-Landtagsfraktion zum Doppelhaushalt 2017/2018 angekündigten Fördermitteln für DAB und unserer eigenen Förderung aus dem Haushalt der BLM werden wir voraussichtlich bis Ende 2018 alle heutigen UKW-Programme auch in DAB+ dem bayerischen Radiohörer anbieten können. Durch die Kooperation wird aber auch im begrenzten Umfang die Möglichkeit für die Verbreitung neuer lokaler/regionaler und landesweiter Programme bestehen.
Der Medienrat und die zuständigen Ausschüsse werden mit den anstehenden medienrechtlichen Verfahren in den nächsten zwei Jahren regelmäßig befasst sein.
Förderung lokaler DAB+-Anbieter aus dem Staatshaushalt
Wie bereits erwähnt ist aus unserer Sicht sehr erfreulich, dass sowohl die CSU-Fraktion als auch die Fraktion der FREIEN WÄHLER Anträge zum Staatshaushalt 2017/18 gestellt haben, mit konkreten Vorschlägen zur Förderung der Digitalisierung der Hörfunkangebote in Bayern. Mit dem Haushalt wurde gestern der CSU-Fraktionsantrag verabschiedet. Demnach soll diese Förderung im Jahr 2017 500 Tsd. Euro betragen, im Jahr 2018 1 Mio. Euro. Gefördert werden Projekte zur Digitalisierung privater Hörfunkangebote in Bayern. Die Mittel werden der Landeszentrale bewilligt zur Weiterleitung an die Hörfunkanbieter. Mit den veranschlagten Mitteln wird eine Anschubfinanzierung gegeben, im Rahmen derer die digitale Empfangbarkeit privater Hörfunkanbieter in Bayern unterstützt wird.
Neue Studie zur Barrierefreiheit
Ich habe bereits im Frühjahr darüber berichtet, dass die Landesmedienanstalten und Aktion Mensch eine Studie in Auftrag gegeben haben, in der erstmals untersucht wurde, wie Menschen mit Behinderung Medien nutzen. Durchgeführt wurde die Studie von der technischen Universität Dortmund und dem Hans-Bredow-Institut. Die Ergebnisse wurden erstmals im Rahmen der Medientage vorgestellt.
Das Fernsehen ist bei Menschen mit Behinderung das meist genutzte Medium. 92 Prozent schalten mehrmals wöchentlich ein, denn sie wollen „mitreden können“. Je nach Art der Behinderung können sie jedoch auf viele Sendungen nicht zugreifen: 86 Prozent der Gehörlosen und rund die Hälfte der Blinden geben an, dass sie den Inhalten „gelegentlich“ bis „sehr oft“ nicht folgen können. So wünschen sich 61 Prozent der Gehörlosen mehr Sendungen mit Untertiteln und Blinde mehr Audiodeskriptionen, die beschreiben, was gerade im Bild zu sehen ist. Insgesamt werden die privaten Programme in Sachen Barrierefreiheit schlechter beurteilt als die öffentlich-rechtlichen.
Gleichberechtigte Teilhabe wird gewünscht – und zwar im linearen Programm. Barrierefreie Angebote nur in Mediatheken anzubieten, reicht den Befragten nicht aus. Viel Wert legen sie auch auf die Auffindbarkeit barrierefreier Angebote.
Bei den Mediennutzern mit motorischen Einschränkungen hat jeder sechste Schwierigkeiten mit der Bedienung von Fernseh-Geräten. Hilfreich wären hier größere Tasten auf der Fernbedienung und ausreichend Zeit, um auch zweistellige Programm-Nummern einzugeben.
Die Medienanstalten werden sich auch in Zukunft dafür einsetzen, das wichtige Thema Barrierefreiheit bei den privaten Sendern noch weiter voranzubringen. Menschen mit Behinderungen müssen Medienangebote selbstbestimmt und gleichberechtigt nutzen können.
Zwei neue Studien der Medienanstalten zur Relevanz von Intermediären bei der Meinungsbildung
Zwei neue Studien im Auftrag der Medienanstalten, die Ende November in Berlin vorgestellt wurden, geben erstmals einen Überblick über die Relevanz von Google, Facebook und Co. Durchgeführt wurden die Untersuchungen von Kantar TNS und dem Hans-Bredow-Institut. Sie belegen, dass Meinungsbildungsprozesse ohne Intermediäre nicht mehr denkbar sind.
Intermediäre durchdringen die Informations- und Kommunikationspraktiken heute in vielfältiger Weise. Gleichzeitig sind sie aber nur ein Baustein im Prozess der Meinungsbildung. Auch die Face-to-Face-Kommunikation mit dem eigenen sozialen Umfeld und die Berichterstattung publizistischer Medien, denen Vertrauen entgegengebracht wird, sind nach wie vor bedeutsam.
Täglich nutzen 57,3 Prozent der Internetnutzer in Deutschland – also mehr als 23 Millionen Menschen – auch mindestens einen Intermediär zur Information über das Zeitgeschehen in Politik, Wirtschaft und Kultur. Suchmaschinen liegen dabei mit 39,9 und Soziale Netzwerke mit 30,2 Prozent informierender Nutzung klar vor Videoportalen (9,3%) und Instant Messengern (8,5%) wie z.B. WhatsApp. Darüber hinaus zeigen die Studien den Zusammenhang zwischen dem Alter und der Nutzung von Intermediären: Nahezu alle Angebote haben eine deutlich höhere Tagesreichweite bei den 14- bis 29-Jährigen. Weit überdurchschnittlich viele Jugendliche nutzen Instagram, Snapchat, Pinterest, Tumblr und YouTube.
In Bezug auf die Bedeutung für die Meinungsbildung ist Intermediär nicht gleich Intermediär. So dient Google über alle Altersgruppen hinweg als zentrales Informationswerkzeug zur gezielten Informationssuche. Bei Facebook dagegen wird eher das Meinungsklima wahrgenommen.
Traditionelle Medien und der persönliche Austausch zu gesellschaftlich relevanten Themen spielen allerdings nach wie vor eine wichtige Rolle bei der Meinungsbildung. Die Ergebnisse belegen, dass es unerlässlich ist, auch die Intermediäre in die aktuellen Überlegungen über neue Regulierungsvorgaben in der konvergenten Welt einzubeziehen. Transparenz, Kennzeichnung und Nutzerautonomie sind dabei für die Medienanstalten die zentralen regulatorischen Ansätze. Wenn Vorgaben zur Regulierung von Intermediären formuliert sind, bieten sich die Medienanstalten als fachlich kompetente und mit behördlichen Exekutivbefugnissen ausgestattete Institutionen an, deren Einhaltung zu prüfen und durchzusetzen.
Neue Broschüre zur Bedeutung von Algorithmen
Ein Schwerpunktthema der diesjährigen Medientage war die zunehmende Bedeutung von Algorithmen und Künstlicher Intelligenz. Wir alle machen sowohl als Privatpersonen als auch als Teil dieser Medien- und Kommunikationsbranche derzeit die Erfahrung, dass Algorithmen, Bots und intelligente Empfehlungssysteme die Medienwelt verändern und sowohl Mediennutzer als auch Medienanbieter neu herausfordern. Dies alles beinhaltet Chancen und Risiken zugleich – für die Medienkonsumenten, von denen ein erhöhtes Maß an Selbstbestimmung und Medienkompetenz verlangt wird und für die Medienhäuser, die mit gänzlich neuen Wegen der Zusammensetzung, Verteilung und Finanzierung von Inhalten konfrontiert sind.
Frau Prof. Dr. Katharina Zweig (Professorin für Graphentheorie und Analyse komplexer Netzwerke an der Technischen Universität Kaiserslautern), die im Rahmen der Infositzung des Medienrats im November einen Vortrag über Algorithmen gehalten hat, hat für den Bereich Medienkompetenz und Jugendschutz der BLM aktuell Informationsmaterial zum Thema Algorithmen erarbeitet.
Daraus werden wir eine Broschüre produzieren, die aus Nutzerperspektive notwendige Aufklärungsarbeit und ein Beitrag zur Debatte um die Meinungsbildung auch durch Intermediäre leisten soll.
Die Veröffentlichung der Broschüre ist im 1. Quartal 2017 geplant.