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Virtual Reality als neue Dimension
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Virtual Reality als neue Dimension

Das Thema Virtual Reality gehörte im vergangenen Jahr zu den ganz großen Medientrends. Datenbrillen, so scheint es, werden die Art, wie wir Medien und deren Inhalte nutzen, grundlegend verändern. Entsprechende Tele-Visionen reichen von der evolutionären Erweiterung klassischer Medien bis zu futuristischen Science-Fiction-Phantasien. Die Vorstellung, Raum und Zeit verlassen zu können und in fremde Welten einzutauchen, fasziniert seit Menschengedenken. Und tatsächlich: Moderne Headsets machen es möglich, das Weltall in 3D-Qualität zu erleben, als fliege man selbst mitten hindurch. 360°-Videos vermitteln virtuelle Eindrücke, die so nachhaltig sind, dass es unserer Wahrnehmung kaum noch gelingt, zwischen echter und computergenerierter Medienwirklichkeit zu unterscheiden. Virtuell lassen sich Betroffenheit und Empathie erzeugen, aber auch Sachverhalte so manipulieren, dass sie wie ein Stück Lebenswirklichkeit anmuten.

Virtual Reality (VR) wirkt wie eine neue Dimension, an die sich unser Erkenntnisapparat erst noch gewöhnen muss. Der erforderliche Anpassungsprozess ist umso komplexer, als die Grenzen zwischen virtuell und real – siehe oben – immer undeutlicher werden. Was das für uns Menschen und unsere Gesellschaft bedeutet, wird sich erst in Jahrzehnten herausstellen. Dieses Problem scheint das Phänomen Virtual Reality ebenso auszumachen wie der Widerspruch zwischen den Begriffen „virtual“ und „reality“. Ja, was denn nun? Virtuell, also dem Anschein nach? Oder real, also wirklich? Was Erkenntnistheoretiker an den Rand der Verzweiflung treibt, ist vielen Rezipienten egal. Wer will sich schon gegen Nutzwerte wehren, wenn künftig virtuelle Bedienungsanleitungen oder Fahrtrouten automatisch im eigenen Blickfeld auftauchen? Die Hersteller von VR-Systemen hoffen auf neue Massenmärkte, und zwar nicht nur im Medien- und Entertainment-Sektor.

Das sogenannte Rieplsche Gesetz besagt, dass neue Medien die alten Angebote nicht komplett verdrängen, sondern ergänzen. Diese Entwicklung sage ich auch für Virtual Media voraus. Dennoch sollten wir auf die möglichen Technikfolgen achten. Im Zeitalter von Verschwörungstheorien und Fake News bietet die VR-Technologie ein großes Arsenal von Möglichkeiten medialer Manipulation oder gar Desinformation. Die Presse hat den Pressekodex. Vielleicht braucht auch die VR-Branche einen Kanon ethischer Grundsätze. Deren kategorischer Imperativ müsste dann lauten: Handle auch virtuell nur nach denjenigen Maximen, die als Basis einer offenen Informationsgesellschaft dienen können.


Foto: iStock.com/South_agency
 

Siegfried Schneider
Siegfried Schneider ist Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien.
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