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Medienrat: Berichte des Vorsitzenden / des Präsidenten

Bericht des Präsidenten

10.02.2000 | 2R 22

Die Dynamik in der Entwicklung der Medienlandschaft ist nach wie vor ungebrochen. Immer wieder werden wir mit neuen spektakulären Ereignissen konfrontiert. Nicht zuletzt die Probleme bei der Kanalbelegung und die Streitigkeiten, die damit zusammenhängen, nehmen an Heftigkeit zu. In meinem Bericht kann ich nur einige wenige aktuelle Entwicklungen erwähnen. Mit dem Vorsitzenden des Medienrats habe ich besprochen, dass wir in der nächsten Sitzung im Besonderen auf Entwicklungen, an denen die Landeszentrale beteiligt ist, eingehen, z.B. die Gründung der Medienagentur unter der Bezeichnung `Bayern MIT`, die Entwicklung im Mediencampus Bayern, die Medientage München 2000, um einige wesentliche Punkte anzusprechen. Nur ein terminlicher Hinweis zu den Medientagen München 2000 vorab. Sie werden dieses Jahr vom 6.-8. November 2000 wiederum im Internationalen Congress Centrum in München auf dem Messegelände stattfinden.

Über das herausragende Ereignis im Medienbereich haben wir viel gelesen und gehört und die Meinungen dazu gehen sehr auseinander - ich meine die Fusion von American Online, kurz AOL genannt, und Time-Warner. Das neue Unternehmen heißt zukünftig AOL Time-Warner-Inc. Die Mehrheit des Kapitals, nämlich 55 %, werden die Aktionäre von AOL erhalten, 45 % werden die bisherigen Time-Warner-Eigner bekommen. Die Fusion kann also durchaus als Übernahme von Time-Warner durch AOL verstanden werden. Und dies zeigt eine grundsätzlich neue Entwicklung auf: Internet-Unternehmen gewinnen immer mehr Einfluss in der klassischen Medienbranche. Die hohe Einschätzung an der Börse des Unternehmenswerts von AOL macht auch deutlich, mit welchen künftigen Gewinnerwartungen gerechnet wird. Die Analysten sind überzeugt, dass die Verbindung der beiden Marktführer der einst getrennten Medienwelten eine optimale Symbiose darstellt. AOL verfügt über das Internet-Know-How und einen wachsenden Kundenstamm von inzwischen mehr als 20 Mio. Abonnenten. Time-Warner besitzt die Inhalte - über seine Buch- und Zeitschriftenverlage, über seine Musikfirmen, Film- und Fernsehproduktionen, TV-Programme und Teleshopping. Und außerdem verfügt Time-Warner über die technische Infrastruktur. Der Konzern ist mit 13 Mio. angeschlossenen Haushalten der zweitgrößte Netzbetreiber in den Vereinigten Staaten. Sein Breitbandnetz transportiert nicht nur TV-Programme, sondern verschafft auch den Zugang zum Internet per Kabel mit einer hohen Leistungsfähigkeit.

In Deutschland bleibt es ja nach wie vor bis heute bei dem schmalbandigen Anschluss über das Telefonnetz - trotz ISDN oder ADSL dem Breitbandkabel deutlich unterlegen. Dies wird sich wohl erst ändern, wenn die Telekom/Kabel-Deutschland GmbH (KDG) ihre Kabelnetze verkauft hat, wenn weiter investiert wird und wenn über die Kabelnetze multimediale Anwendungen stattfinden - einschließlich eines Rückkanals, der neue Märkte eröffnet, Stichwort e-Commerce. Es bedarf nicht großer Phantasien, dass diese Fusion, dieses neue Unternehmen aus AOL und Time-Warner, das mit Abstand an der Spitze im Medienbereich liegt, weitere "Aufholfusionen" nach sich ziehen wird. Diese Entwicklung bleibt grundsätzlich spannend. Wenn man die Zeitungsausschnitte verfolgt, dann ist allein der Jahresumsatz von 30 Mrd. Dollar nicht so spannend, den beide Unternehmen zusammengerechnet heute erzielen, sondern der Börsenwert, der angeblich bei fast 700 Mrd. Mark liegt. Hierzu gibt es auch kritische Anmerkungen, nicht nur die Begeisterung der Börsianer. Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes, Siegfried Weischenberg, hat Sorgen um journalistische Arbeitsplätze und die publizistische Freiheit angesichts der ökonomischen Dimension von Multimedia, wenn eine solche Vielzahl von Programmen und Medien unter einem Dach versammelt werden.

Am Montag, den 24. Januar startete der Nachrichtensender N24 auf der Grundlage der vom Medienrat erteilten Genehmigung. Bei der Eröffnungsveranstaltung wurde schon deutlich, mit welchem Anspruch die Macher dieses Senders an dieses Programm herangehen und welche Erwartung umgekehrt auch Politik und Landeszentrale an diesen Sender inhaltlich haben. Wir haben ja in der Diskussion um die Kanalbelegung eine Abwägung vorgenommen zwischen dem angekündigten Programm von N24 und dem vorhandenen von EuroNews und N24 vorgezogen. Dies verpflichtet zugleich. Ich habe den Eindruck, dass die bisherige Entwicklung, wir haben ja erst wenige Wochen, die wir beurteilen können, durchaus positiv ist. Auch wenn sich N24 in seiner Struktur noch an n-tv und andere Informationskanäle anlehnt, sprechen der hohe Live-Anteil und das hohe handwerkliche Niveau seines Programms dafür, dass N24 seinen eigenen Platz in der deutschen TV-Landschaft finden wird. Durch das große Korrespondentennetz ist gewährleistet, dass über das Geschehen in der Welt aktuell berichtet wird und beispielsweise von den Börsen den Zuschauern die wichtigsten und neuesten Informationen vermittelt werden. Sehr positiv wirkt sich in diesem Zusammenhang auch die Kooperation mit den Wirtschaftsexperten von Bloomberg-TV aus, in dem N24 einen sehr kompetenten Partner gefunden hat. Und nicht zuletzt die Reaktionen der Konkurrenten n-tv und EuroNews zeigen, dass diese den Frischling aus München durchaus als Konkurrenz erst nehmen. Immerhin hat n-tv kurz vor Sendestart von N24 sein Programm neu verpackt und aufgefrischt. Der Nachrichtenmarkt in Deutschland ist spannender geworden.

Die von der Landeszentrale im Zusammenwirken mit der Telekom/Kabeldeutschland GmbH (KDG) zu treffenden Kanalbelegungsentscheidungen sind auch noch spannender geworden. Dies gilt nicht nur für die laufenden Gerichtsverfahren gegen die Kanalbelegungssatzung über die wir berichtet haben. Die Diskussionen mit durch Kanalbelegungsentscheidungen potentiell betroffenen Unternehmen nehmen an Schärfe zu. Zur Versachlichung der Diskussion tragen auch nicht öffentliche Äußerungen des Intendanten des Bayerischen Rundfunks vor dem Rundfunkrat bei, mit denen die Kanalbelegungsentscheidungen der Landeszentrale deutlich kritisiert werden, weil BR-Alpha nicht in allen Netzen in Bayern verbreitet wird. Herr Dr. Kaiser hat mich gebeten im Medienrat auf die tatsächlichen und rechtlichen Fragen einzugehen, die mit der Frage der Einspeisung von BR-Alpha verbunden sind. Sie finden hierzu in Ihrer Tischvorlage einen schriftlichen Vermerk, der dieses im Einzelnen darlegt. Ich will einige wesentliche Punkte in meinem Bericht herausstellen. Der Medienrat hat mit der Kanalbelegungssatzung das Programm BR-Alpha als verpflichtend einzuspeisendes Programm eingestuft, so dass mit dem Inkrafttreten der Kanalbelegungssatzung am 01.08.1998 aus medienrechtlicher Sicht eine Einspeisung des Programms BR-Alpha nichts mehr im Wege stand. Dennoch konnte die Einspeisung von BR-Alpha bis zum Juli 1999 nicht erfolgen, da nach Mitteilung der Deutschen Telekom AG bis zu diesem Zeitpunkt der Bayerische Rundfunk den Einspeisevertrag mit ihr nicht abgeschlossen hatte. Von Juli 1999 bis Ende 1999 ist, und da hat die Landeszentrale erheblich auf die Telekom/Kabel-Deutschland GmbH (KDG) eingewirkt, BR-Alpha in über 1,7 Mio. Wohneinheiten empfangbar gemacht werden. Besondere Probleme gibt es im Breitbandverteilnetz München, da eine Umsetzung des genehmigten Belegungsplans durch die Deutsche Telekom bisher nicht erfolgt ist. Näheres bitte ich Sie dem verteilten Vermerk zu entnehmen.

Gerade die Belegungssituation im Breitbandverteilnetz München zeigt wieder einmal deutlich, welche Folgen der fehlende Ausbau der Kabelnetze, den die Landeszentrale schon seit Jahren fordert für die Veranstalter hat. Es sieht aber so aus, als ob sich hier in den nächsten Tagen oder Wochen nun endlich prinzipielle Veränderungen ergeben werden, die die Schärfe der Engpassproblematik und der damit verbundenen Auseinandersetzungen mildern oder beseitigen könnte. Die Geschäftsführer der Kabel-Deutschland GmbH bestätigen inzwischen, dass Investitionsmittel in zweistelliger Millionenhöhe vorgesehen sind, um die größten Kabelanlagen in Deutschland auf 862 Megaherz zu erweitern. Es bedarf hierzu noch eines Vorstandsbeschlusses. Interessant an dieser Entwicklung ist, dass nach einer Ausgliederung oder einem teilweisen Verkauf der Kabelnetze - hier tut sich in diesen Tagen auch einiges - vom bisherigen Netzbetreiber zusätzlich investiert werden soll. In Bayern wären von solchen zusätzlichen Investitionsmaßnahmen vorrangig, die Netze in München, Nürnberg und Augsburg betroffen. Die Telekom/Kabel-Deutschland GmbH (KDG) hat also offensichtlich akzeptiert, dass man um diese Bereitschaft zum Investieren nicht herumkommt, wenn ein echter Wettbewerb zwischen Breitbandkabel und schmalbandigem Kabel auch wirklich stattfinden soll. Sie kennen die Zusammensetzung eines bayerischen Konsortiums, das neben anderen Bewerbern mit der Telekom/Kabel-Deutschland GmbH (KDG) über den Kauf der Kabelnetze verhandelt. An diesem Konsortium ist die HypoVereinsbank, die Landesbank, die Landesanstalt für Aufbaufinanzierung, VIAG-Interkom und die Deutsche Bank beteiligt. Soweit ich das einschätzen kann, gibt es keine Anhaltspunkte, dass einem Erwerb durch das Bayerische Konsortium unüberwindbare Hindernisse entgegen stünden. Sie sehen, es ist Besserung in Sicht und wir, die wir über viele Jahre an dieser Medienentwicklung arbeiten, sind von einem ungebrochenen Optimismus geprägt - vielleicht kann ich das nächste Mal schon berichten, dass nun endlich und zwar landesweit der Ausbau der Kabelnetze nicht nur angekündigt wird, das haben wir oft erlebt, sondern tatsächlich stattfindet.