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Medienrat: Berichte des Vorsitzenden / des Präsidenten

Bericht des Präsidenten

12.12.2002 | 12R 14

Mehr denn je erleben wir zur Zeit einen dynamischen Entwicklungs- und Veränderungsprozess in unserer Medienlandschaft. So werden die Auswirkungen der wirtschaftlich schwierigen Situation deutlich spürbar und betreffen im Besonderen auch die lokalen elektronischen Medien. Am 24.10. hat der Medienrat eine Genehmigung für die Nutzung der UKW-Frequenz 92,4 in München für Focus-Radio erteilt. Ausschlaggebend war für diese Entscheidung, dass Focus-Radio sich im Auswahlverfahren des Jahres 2000 für ein Informationsradio ein "Kopf an Kopf-Rennen" mit der FAZ und dessen Business-Radio geliefert hatte. Mit Schreiben vom 29.11.2002 hat uns Focus/Burda Medien mitgeteilt, dass sie dieses Angebot der BLM für ein Informationsradio nicht wahrnehmen wollen. Ich zitiere aus dem Schreiben: "Leider sind wir zum Ergebnis gekommen, dass es derzeit angesichts der wirtschaftlichen, technischen, genehmigungs- und medienrechtlichen Bedingungen keine ökonomische Perspektive für Focus-Radio gibt. Wir bedauern dies sehr, zumal Focus-Radio als Projekt abseits der in Deutschland gängigen Mainstream-Formate eine große journalistische und publizistische Aufgabe im Sinne der oft beschworenen Informations- und Meinungsvielfalt ist." In dem Schreiben wird allerdings deutlich bedauert, dass Focus-Radio die Chance nicht bereits im Jahr 2000 erhalten hat, weil damals die Finanzierung noch gesichert war. In diesem Schreiben wird auch auf die finanziellen Rahmenbedingungen für die Medienwirtschaft hingewiesen mit der Aussage, sie habe sich in den vergangen 18 Monaten fundamental geändert. Der Focus-Magazin Verlag zum Beispiel habe Anzeigenumsatzrückgänge von mehr als 20 % hinnehmen müssen. Wir bedauern diese Absage sehr, können aber nicht umhin, hier ein grundsätzliches Verständnis für die Haltung des Hauses Burda aufzubringen.

Mit Telefax vom 09.12.2002 hat mich die Geschäftsführerin von MTV, Catherine Mühlemann, darüber informiert, dass MTV Germany sich auf Berlin konzentriert und einen Umzug von München nach Berlin für Anfang 2004 plant. Definiert wird dieses Vorhaben als Zentralisierungsstrategie, um den Sender MTV zu einem flexiblen, kostenoptimierten und schlagkräftigen Unternehmen zu entwickeln. Uns allen ein bisschen zum Trost hat Frau Mühlemann die Entscheidung auch etwas relativiert. Ich zitiere "München ist unbestritten eine zentrale Medienstadt in Deutschland. MTV wird auch in Zukunft mit dem dort ansässigen Unternehmen zusammenarbeiten." Außerdem beabsichtigt MTV auch in den nächsten Jahren wieder mit verschiedenen Veranstaltungen, wie beispielsweise der MTV-Campus Innovation oder "Rock im Park", im Freistaat Präsenz zu zeigen. "Die Entscheidung basiert auf rein wirtschaftlichen Erwägungen", so äußert sich Frau Mühlemann öffentlich. Natürlich bedauern wir diese Entscheidung sehr, zumal MTV erst vor knapp drei Jahren nach München gezogen ist, und ich verschweige nicht, dass es mir sehr schwer fällt, für die Entscheidung von MTV Verständnis aufzubringen.

Wenn man sich allerdings die Entwicklung am Medienstandort München und Bayern insgesamt ansieht und die vielfältig aufgestellte Medienwirtschaft betrachtet von den Printmedien über audiovisuelle Medien, Multimediawerbung und Informationsdienste, dann ist München nach einer Reihe von Untersuchungen, insbesondere durch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, nach wie vor der Medienstandort Nummer 1. Daran ändert auch der Wegzug von MTV nichts. Dazu nur eine Zahl. In München sind etwa 100.000 Beschäftigte in der Medienwirtschaft tätig und der bedauerliche Wegfall von Arbeitsplätzen ist zwar problematisch, auch der Wegfall der Arbeitsplätze ausgelöst durch die Krise der KirchGruppe, aber die Attraktivität des Medienstandortes München bleibt.

Zur Entwicklung der insolventen KirchMedia knüpfe ich an die bisherigen Berichte an. Ich werde regelmäßig durch Herrn van Betteray informiert, einen der beiden Geschäftsführer der KirchMedia. Herr van Betteray verweist darauf, dass demnächst der Vertrag über den Einstieg des Bauer-Verlages ausgehandelt ist und dass man kurz vor dem Ziel ist. Dies bestätigt mir auch der Bauer-Verlag, von dem ich ebenfalls über den Stand der Vertragsverhandlungen informiert werde. Sie erinnern sich, die Verlagsgruppe Bauer wird die unternehmerische Führung der ProSiebenSat.1 Media AG übernehmen, etwa 90 % der Aktien erwerben, 10 % werden auf die HypoVereinsbank fallen. Weitere Gesellschafter sind bisher nicht vorgesehen. Die Verlagsgruppe Bauer hat mich darüber informiert, dass demnächst der Antrag auf Änderung der Inhaber- und Beteiligungsverhältnisse bei der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien und den weiteren zuständigen Landesmedienanstalten, gestellt wird. Dieser Antrag wird dann wie üblich beraten auch unter Einbeziehung der Konzentrationsprüfung durch die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK). Damit werden die Sender Sat.1, ProSieben, Kabel1 und N24 eine gesicherte Grundlage für ihre weitere Zukunft haben. Bei N24 ist auch bemerkenswert, dass hier eine programmliche Kooperation mit Discovery Chanel vereinbart worden ist, welcher der Fernsehausschuss zugestimmt hat. Die von Discovery einzubringenden Dokumentationen werden die Attraktivität von N24 weiter erhöhen und den Sender prinzipiell stabilisieren.

Ein Punkt, der immer wieder in der medienpolitischen Diskussion im Zusammenhang mit diesen Veränderungen auftaucht, ist RTL II. Die Verlagsgruppe Bauer ist an RTL II beteiligt, zusammen mit Tele München und der CLT-Ufa. Bisher wurde RTL II eher der RTL-Gruppe zugerechnet. Nun wird RTL II sozusagen zu einem Programm "zwischen den Senderfamilien". Ich weiß, dass die Hessische Landesmedienanstalt, welche die Lizenz für RTL II erteilt hat, ein großes Interesse an der Aufrechterhaltung dieser Gesellschafterstruktur hat. Ich kann mich dieser Position nur anschließen. Letztlich wird es darauf ankommen, wie die KEK mit diesem Sachverhalt umgeht. Nach unseren Einschätzungen kann ein konzentrationsrechtliches Problem auf Grundlage des geltenden Medienrechts nicht entstehen.

Positiv entwickelt sich auch das Unternehmen Premiere. Premiere hat erstmals in seiner Unternehmensgeschichte Ende November die Abonnentenzahl von 2,5 Mio. Abonnenten überschritten. Innerhalb von zwei Monaten hat Premiere damit die Abonnentenzahl um 85.000 gesteigert und Herr Dr. Georg Kofler, der Geschäftsführer, sieht darin einen nachhaltig positiven Trend für Premiere. Dieser Erfolg hat natürlich seinen Preis. Premiere hat die Kosten radikal gesenkt, auch zu Lasten von einer ganzen Reihe von Mitarbeitern, und hat vor allem neue attraktivere Verträge mit Hollywood Studios geschlossen. Mit diesen neuen Verträgen wird das Spielfilmangebot von Premiere deutlich erweitert. Dazu möchte ich, wie schon im Fernsehausschuss, sie alle darüber informieren, dass wir inzwischen einen Antrag auf Zulassung des bundesweiten Fernsehprogramms "MGM-Chanel" haben. Der Zulassungsantrag betrifft die Veranstaltung eines bundesweiten digitalen Pay-TV-Programms. Wir haben hierzu auch ein Gespräch mit dem Geschäftsführer von MGM aus den Vereinigten Staaten, Herrn Bruce Tuchman, geführt und haben uns auch darüber gefreut, dass MGM dieses geplante Unterhaltungssparten-Programm aus der MGM-Filmbibliothek mit etwa 400 Spielfilmen im ersten Jahr über die Premiere Plattform einbringen wird. Was ich schon sehr bemerkenswert finde, ist, dass der amerikanische Manager ausdrücklich auf die Jugendschutzanforderungen unseres Medienrechts eingegangen ist und die Notwendigkeit der Einhaltung der Anforderung sehr deutlich betont hat, auch mit Hinweis auf die Jugendschutz-Sperre. Der Start des Programms soll, wenn alles plangemäß läuft, zum 1.4.2003 erfolgen. Wir werden in den Ausschusssitzungen zu Beginn des kommenden Jahres die entsprechenden Beratungsunterlagen einbringen. Ich halte diese Entscheidung von MGM für ein außerordentlich positives Signal. Sie macht deutlich, dass amerikanische Unternehmen an den Erfolg von Premiere glauben und zugleich wird damit die Attraktivität des Filmangebotes von Premiere weiter verbessert. Positiv sehe ich auch die Weiterentwicklung von Tele 5. Durch einen Vertrag mit Beta Digital gewinnt Tele 5 eine zusätzliche Reichweite von zwei Millionen Haushalten.

Auch im lokalen/regionalen Fernsehen gibt es bei allen Problemen, die wir hier deutlich erleben, positive Signale. Vor wenigen Tagen gab es eine gemeinsame Veranstaltung von BLM und Astra in Regensburg unter Beteiligung der fünf lokalen Fernsehsender, die in das sogenannte DVB-S Projekt einbezogen sind. Sie erinnern sich, hier werden fünf lokale Fernsehprogramme in der Oberpfalz und in Niederbayern und zusätzliche Angebote über einen digitalen Satellitenkanal, den Astra zur Verfügung gestellt hat, ausgestrahlt. Damit können die Sender in ihren Verbreitungsgebieten jeden Zuschauer erreichen, der eine entsprechende digitale Satelliten-Empfangseinrichtung hat. Damit werden auch die Vermarktungschancen schrittweise mit der Entwicklung der Empfangssituation verbessert. Ein Nebeneffekt spielte darüber hinaus bei der Veranstaltung eine gewisse Rolle: Man kann die Programme in ganz Europa sehen, zum Beispiel auch im Urlaub auf Mallorca. Bemerkenswert war, dass bei der Veranstaltung deutlich wurde, dass dieses einzigartige Modell auch zu völlig neuen Kooperationen führt, zum Beispiel zwischen den Sendern und den einschlägigen elektronischen Märkten. Das heißt, eine Zusammenarbeit zwischen Soft- und Hardware. So schnellen die Verkaufszahlen für die digitalen Satellitenempfangseinrichtungen, die Premiere im Weihnachtspaket anbietet, deutlich nach oben, wenn als Verkaufsargument der Hinweis auf die auch gegebene Empfangsmöglichkeit von lokalem Fernsehen eingebracht wird. Ich habe mich sehr gefreut, dass wir bei der Veranstaltung in Regensburg gespürt haben, dass das alle Beteiligten vor Ort als ein positives Signal für Ostbayern empfunden haben, über die reine Verbreitungsmöglichkeit der Fernsehprogramme hinaus.