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Medienrat: Berichte des Vorsitzenden / des Präsidenten

Bericht des Präsidenten

27.05.2004 | 5R 24

Wir erleben zur Zeit eine neue Dynamik in Fragen der Digitalisierung der technischen Übertragungswege für Fernsehen, Hörfunk und neue Dienste. Uns wird dies ganz besonders deutlich, wenn wir Gespräche mit Top-Managern vor allem amerikanischer Unternehmen führen, die den deutschen Markt im Hinblick auf die Digitalisierung genau beobachten und konkrete unternehmerische Entscheidungen ankündigen, sich in diesem Markt zu betätigen. Dass Premiere mit über 3 Millionen digital versorgten Haushalten ein wichtiger Faktor in der Entwicklung des digitalen Fernsehens ist, ist uns seit längerem klar.

Nunmehr kommt zusätzliche Bewegung in die Digitalisierung durch die sich verstärkenden Aktivitäten der Kabel Deutschland (KDG) bei der Entwicklung technischer Plattformen für das digitale Fernsehen im Kabel. Dabei hat sich die Kabel Deutschland nach ihren eigenen Aussagen zum Ziel gesetzt, nicht selbst Inhalte anzubieten, sondern die technische Plattform Dritten zur Verfügung zu stellen und die Vermarktung von Kabelanschlüssen voranzutreiben. Deutlicher als bisher ist die Strategie des Unternehmens von Roland Steindorf, Sprecher der Geschäftsführung, vor Kurzem definiert worden. Ich zitiere: "Es ist unser klares Ziel, Kabel Deutschland zum effizientesten und profitabelsten Kabelnetzbetreiber zu machen. Eine Schlüsselrolle kommt hierbei den Digital TV-Kunden zu, deren Zahl wir massiv erhöhen wollen."

Eine zusätzliche Dynamik in der Entwicklung der Digitalisierung lösen die von der Kabel Deutschland auf den Weg gebrachten so genannten "High Speed Internet"-Projekte aus. In Berlin, Leipzig, Bayreuth und München hat die Kabel Deutschland einen breitbandigen Internetzugang eingerichtet und steht damit im Wettbewerb zu den DSL-Angeboten der Deutschen Telekom. Die Nutzung des Kabelnetzes für Internet ist in anderen Ländern schon weit vorangeschritten. In Amerika zum Beispiel ist der TV-Kabelanschluss der führende Breitband-Internetzugang mit 69 % der amerikanischen Surfer, in Europa sind es im Schnitt 24 %. Deutschland liegt hier noch weit zurück. Ich habe den Start des High Speed Internets in Bayreuth genauso miterlebt, wie jetzt am 17. Mai in München. Das sind mit die schönsten Erlebnisse, wenn man auf rote Knöpfe drücken kann und so eine Entwicklung mit anstößt. Ich glaube, dass die herausragende Bedeutung dieses Engagements der Kabel Deutschland der Öffentlichkeit noch nicht richtig vermittelt worden ist. Dies wird sich aber sicher ändern, wenn zum Beispiel in München 215.000 Haushalte High Speed Internet erhalten und es auch in anderen Städten eingerichtet wird und damit diese neue Form des Surfens im Internet ermöglicht wird. Der Komfort für den Nutzer wird sich erhöhen und der Wettbewerb wird auch positive Wirkungen auf die Preispolitik haben. Das drückt die KDG dann in der Vermarktung so aus: "Kabel High Speed: Einfacher, sicherer, schneller und günstiger."

Auch die Anstrengungen von T-Online im Rahmen von T-Vision mit neuen Bewegbildangeboten ebenfalls in den Markt zu gehen, zeigen prinzipielle Veränderungen auf, wie sie sich in der Medienlandschaft abzeichnen. Und um nochmals auf die Gespräche zurückzukommen, die wir mit potenziellen Anbietern von neuen Fernsehprogrammen und neuen Diensten führen: Plötzlich liegt die Frage auf dem Tisch, was denn die interessantere und bessere digitale Plattform sei. Und was mich besonders freut, bei aller Konkurrenz, die die Entwicklung beleben wird, es entstehen auch neue Kooperationsmodelle zwischen privaten Fernsehanbietern und der Kabel Deutschland, selbst wenn da das eine oder andere Problem noch nicht gelöst ist. Für Premiere und für Kabel Deutschland kann die richtige Kooperation beidseitig nur von Vorteil sein.
Wenn man sich die schon entstandene und sich weiter abzeichnende Wettbewerbssituation technischer Übertragungswege ansieht, so ist die Situation für den Kabelnetzbetreiber KDG heute eine völlig andere als früher. Im kartellrechtlichen Verfahren, das zur Prüfung des Aufkaufs der Netze durch die KDG in Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein Westfalen beim Bundeskartellamt und bei der Europäischen Union läuft, muss deshalb besonders deutlich auf diese neue Wettbewerbslage zwischen Kabel, Satellit und digitaler Terrestrik verwiesen werden. Ich kann mir deshalb nicht vorstellen, dass das Bundeskartellamt bzw. die Europäische Union letztlich den Aufkauf dieser Netze untersagt. Die These, hier sei der alte Monopolist im neuen Gewand wiedererstanden, ist angesichts aktueller Entwicklungen nach meiner Überzeugung grundfalsch.

Die Digitalisierung der terrestrischen Übertragungswege wird uns heute an einer anderen Stelle in der Tagesordnung noch beschäftigen. Nur so viel sei an dieser Stelle erwähnt, dass der Regelbetrieb mit DVB-T in Norddeutschland und in Nordrhein Westfalen inzwischen aufgenommen wurde. In Berlin ist er schon seit 2003 Praxis.

Wir haben uns in der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten eingehend mit den Fragen der digitalen Entwicklung befasst und über strukturelle Fragestellungen im dualen System diskutiert. Dabei haben wir weitgehend Übereinstimmung in den Grundpositionen erzielt, ich werde darüber in den zuständigen Ausschüssen berichten. Bemerkenswert ist, dass die kritische Diskussion über DAB vom Tisch ist. Inzwischen hat die Erkenntnis Raum gewonnen, dass man die aufgebauten DAB-Netze jedenfalls nutzen wird. So wurden jetzt auch in Ländern wie Schleswig-Holstein und Hamburg DAB-Programme auf den Weg gebracht. Dabei stellt sich nur die Frage, werden unsere mittelständischen Hörfunkunternehmen dauerhaft dabei sein oder werden andere Unternehmen die preiswerten und modernen Digitalnetze nutzen. Weltfremd ist dabei die Vorstellung, man könne durch Beschlüsse die Nutzung solcher Netze stoppen.

Oder hat sich jemand, der eine solche Diskussion führt, gedacht, dass wir die aufgebauten Sender wieder abbauen und verschrotten? So finde ich es doch sehr erfreulich, dass in der DLM Konsens darüber herrscht, dass die DAB-Netze ein wichtiger digitaler Übertragungsweg sind. Wir diskutieren jetzt verstärkt, wie diese Netze zum Beispiel auch mit Spartenprogrammen, die bundesweit empfangbar sein könnten, zukünftig noch besser genutzt werden und vor allem wie die DAB-Kapazitäten in der weiteren Entwicklung auch für multimediale Nutzungen eingesetzt werden können, um die Wirtschaftlichkeit der Netze zu erhöhen und Wertschöpfungsimpulse für die Hörfunkanbieter zu erreichen.

Ich habe Sie immer wieder über die Entwicklung der Diskussion im Zusammenhang mit der Neufestsetzung der Rundfunkgebühren informiert. Sie erinnern sich, es liegt der KEF-Vorschlag auf dem Tisch, die Rundfunkgebühr ab 1.1.2005 um 1,09 Euro zu erhöhen. Zugleich gibt eine grundsätzliche Diskussion über Einsparpotenziale im öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem. So wie sich die Entwicklung jetzt abzeichnet, ist davon auszugehen, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihrerseits durch bestimmte Maßnahmen zu Einspareffekten kommen, die sie im Rahmen von Selbstverpflichtungen an die Politik herantragen. Dies wiederum wird dazu führen, dass die Gebührenhöhe noch einmal auf dem Prüfstand. Ich habe an einer Podiumsdiskussion mit Vertretern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, des privaten Rundfunks und der Politik sowie mit Herrn Conrad, dem Vorsitzenden der KEF, teilgenommen. Die weitgehende Übereinstimmung in den Äußerungen war: Die Gebührenerhöhung kommt, aber sie kommt nicht in der von der KEF vorgeschlagenen Höhe. Der Einzige, der natürlich bei dieser Höhe blieb, war Herr Conrad.

Trotz aller Anstrengungen der Landesmedienanstalten der Politik klar zu machen, dass wir vor neuen Herausforderungen stehen, die wir zum Beispiel durch die Digitalisierung und durch die neue Jugendschutzaufgabe mit der zusätzlichen Aufsicht über das Internet usw. auf uns zukommen sehen, ist es den Landesmedienanstalten offensichtlich nicht gelungen, bundesweit Übereinstimmung über die Beteiligung mit den 2 % an einer Gebührenerhöhung zu erreichen. Ich habe schon in meinem letzten Bericht darauf verwiesen. Wir müssen daher davon ausgehen, dass wir nicht an der anstehenden Gebührenerhöhung beteiligt werden, sondern dass der seit 2001 geltende Betrag festgeschrieben wird, wobei das hoffentlich in Form einer prozentualen Beteiligung an der Gebühr geschieht.

Für die Landeszentrale ist diese Entwicklung sehr enttäuschend, weil wir noch vor Kurzem davon ausgegangen sind, dass eine Beteiligung mit 2 % an der künftigen Gebührenerhöhung politisch gewollt und im Konsens aller Länder durchsetzbar ist. Noch liegt ein abschließendes Ergebnis nicht vor. Wir haben im Grundsatzausschuss über diese Frage diskutiert und dort wurde die Auffassung vertreten, dass sich der Medienrat dazu noch einmal äußern sollte. Sie finden einen entsprechenden Vorschlag in der Vorlage. Angesichts der sich immer stärker abzeichnenden globalen Entwicklung im Medienbereich mit all den Chancen aber natürlich auch mit Risiken für unsere mittelständische Struktur, ist es wichtiger denn je, die vielfältige Hörfunk - und Fernsehlandschaft in Bayern und die sie tragenden Unternehmen im Rahmen unserer Aufgabenstellung zu unterstützen, da wo es notwendig und erwünscht ist, und dazu beizutragen, sie fit zu machen für die neuen Herausforderungen.