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Medienrat: Berichte des Vorsitzenden / des Präsidenten

Bericht des Präsidenten

14.05.2009 | 27 2009

Als mich Anfang vergangener Woche fast zeitgleich mit einem anonymen Brief ein Fragenkatalog dazu von Klaus Ott erreichte, habe ich sofort den Grundsatzausschuss informiert und mir vorgenommen, im Medienrat detailliert Stellung zu nehmen. Der Verlauf der Presseberichterstattung hat mich veranlasst, Ihnen vorab einen Brief zu schreiben, den ich der Presse zur Verfügung gestellt habe.
 
Lassen Sie mich vorweg wenige Worte sagen, um die Verunsicherung auszuräumen, die offensichtlich entstanden ist. Das habe ich jedenfalls den öffentlichen Äußerungen der Medienratsmitglieder Frau Gote und Herrn Rinderspacher entnommen.
 
Meine Antwort, dass ich seinerzeit keine juristische Prüfung veranlasst habe, weil ich angesichts der Freundschaft zwischen Herrn Kopka und Herrn Burkei einen privaten Hintergrund unterstellt habe, bezog sich auf eine konkrete Frage von Herrn Ott und ist nach wie vor richtig, wenn auch in der Verkürzung nicht leicht verständlich; für mich gehört diese Aussage immer in den unmittelbaren Zusammenhang mit meinem Hinweis auf das bevorstehende Ausscheiden von Herrn Kopka aus dem Medienrat. Herr Kopka hat sich mir gegenüber damals auf die Freundschaft mit Herrn Burkei berufen und keine näheren Details des Darlehensvertrages offenbart. Offenbar konnte aus der im November 2002 vorgelegten Bilanz 2001 der C.A.M.P. TV GmbH entnommen werden, dass zwei Darlehen im Zusammenhang mit Abtretungen und Firmenverschmelzungen bei C.A.M.P. „angekommen“ waren. Diese Bilanz diente der Prüfung der Mittelverwendung im Rahmen des Finanzierungsbeitrags. Zum Umgang mit den vertraulichen Daten im Rahmen der Programmförderung und des Finanzierungsbeitrags kann nachher vielleicht der Geschäftsführer etwas sagen. Diese Unterlagen verlassen die mit der Prüfung beauftragten Bereiche im Haus nicht.
 
Ungeachtet juristischer Implikationen habe ich den Vorgang als politisch brisant eingestuft. Deshalb habe ich mit den Spitzen der beiden anderen Organe gesprochen. Das Wichtigste schien uns eine einwandfreie Lösung für die Zukunft zu sein. Auch heute noch glaube ich, dass es damals richtig war, die größten Anstrengungen auf die Ordnung der Zukunft zu verwenden. Es ist uns zumindest damals gelungen sicherzustellen, dass sich Befangenheitsprobleme beim Medienratsvorsitzenden in der Zukunft nicht stellen konnten.
 
Nachdrücklich trete ich dem in der Öffentlichkeit erweckten Eindruck entgegen, dass mein Verhalten oder der Umgang der Vertreter der drei Organe mit der Angelegenheit einer Vertuschung entsprächen. Vertuschung bedeutet nach meinem Sprachverständnis ein Verwischen der bestehenden Linien, bedeutet Falschdarstellung von Fakten. Das lag und liegt Herrn Dr. Jooß, Herrn Nüssel und mir gleichermaßen fern. Wir haben einen Vorgang nicht in die Öffentlichkeit gebracht. Das kann uns nur vorgeworfen werden, wenn eine Pflicht zur Veröffentlichung bestanden hätte. Die sehe ich nicht. Das will ich begründen.
 
Der Präsident ist nicht verpflichtet, persönliches Verhalten oder Fehlverhalten einzelner Medienratsmitglieder zu würdigen, weil er hierfür gar keine Kompetenz hat. Der Präsident ist auch nicht verpflichtet, die Rechtsaufsicht oder die Staatsanwaltschaft einzuschalten, soweit und solange es um den Gesichtspunkt der Beurteilung persönlichen Verhaltens von Gremienmitgliedern in der Vergangenheit geht. Ich komme noch zu den Auswirkungen auf Entscheidungen der Landeszentrale. Das scheint mir ein separates Feld zu sein.
 
Ab dem Zeitpunkt meiner Kenntnis von der Tatsache, dass Herr Kopka Darlehen zu unbekannten Konditionen – übrigens nicht von einem Anbieter, sondern von einem am Rundfunk bzw. an einem Rundfunkanbieter Beteiligten –  erhalten hatte bis zum Ausscheiden von Herrn Kopka aus dem Medienrat hat sich der Medienrat in keiner seiner Sitzungen näher mit dem Bayern Journal befasst. Wäre es anders gewesen, hätte ich mich mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob Herr Kopka wegen Besorgnis der Befangenheit von der Beratung und Beschlussfassung auszuschließen gewesen wäre. Dieser Fall war jedoch bis zum Ausscheiden von Herrn Kopka nicht gegeben.
 
Wenn man akzeptiert, dass in einer gemeinsamen Aktion von Vertretern der drei ständigen Organe eine tragfähige Zukunftslösung gefunden war, sind meine Informationspflichten daran zu bemessen, dass es nur mehr um die Bewältigung von Vergangenheitsproblemen ging.
 
Damit mich niemand falsch versteht, ich will diese Vergangenheitsprobleme nicht klein reden. Ich unterscheide aber zwischen gegenwärtigen Problemen, mit denen man sich befassen muss und einer sauberen Ordnung für die Zukunft auf der einen Seite sowie einer Abarbeitung bereits in der Vergangenheit entstandener Probleme auf der anderen Seite.
 
Wenn ich den Justiziar nicht eingeschaltet und keine fachliche Prüfung veranlasst habe, so bedeutet das selbstverständlich nicht, dass ich nicht für mich eine Risikoabschätzung vorgenommen hätte. Dabei war für mich der Gesichtspunkt wesentlich, dass mir in der Vergangenheit keinerlei Einflussnahme von Herrn Kopka aufgefallen war, die selbst unter dem später geschärften Blick als problematisch einzustufen gewesen wäre. Hinzu kommt, dass die Genehmigung für die C.A.M.P. GmbH bereits am 16. Mai 2002 im Medienrat ohne Aussprache einstimmig beschlossen worden ist. Zwar hat Herr Kopka als Gast bereits an der vorangegangenen Fernsehausschusssitzung teilgenommen, sich dort aber nicht zu Wort gemeldet. Sowohl im Fernsehausschuss als auch im Medienrat fand eine Aussprache über die Vorlage der Landeszentrale zur Genehmigungsverlängerung bei C.A.M.P. nicht statt. Nachdem also weder durch die Art der Sitzungsleitung noch durch die Teilnahme an Diskussionen auch nur der geringste Hinweis gegeben war, dass Herr Kopka das Abstimmungsergebnis beeinflusst hätte, bin ich davon ausgegangen, dass die Entscheidungen nicht an einem relevanten Rechtsfehler leiden, der nach Bestandskraft des Bescheides und ungefähr ein Jahr nach der Medienratsentscheidung überhaupt hätte ins Feld geführt werden können, um die Genehmigungsentscheidung nachträglich aufzuheben. Angesichts dieser meiner überschlägigen Bewertung habe ich die rasche und abschließende Klärung der Angelegenheit unmittelbar zwischen Herrn Kopka, Herrn Dr. Jooß, Herrn Nüssel und mir einer juristischen Untersuchung des Vorgangs vorgezogen.
 
Ich darf zusammenfassen: Ich habe die beiden anderen Organe, vertreten durch den Vorsitzenden des Verwaltungsrats bzw. den stellvertretenden Vorsitzenden des Medienrats, umgehend informiert. Gemeinsam haben wir ohne Rücksicht auf die Frage der juristischen Rechtfertigung des Darlehensvorgangs entschieden, eine Zukunftslösung herzustellen, bei der jeder böse Schein vermieden wird. Dass Herr Kopka auf Nachfrage der Presse bestreitet, dass die Dinge so gelaufen sind, ist bedauerlich, ändert aber an den Vorgängen nichts.
 
Wenn nun Klaus Ott genüsslich aus den Reden zum Abschied von Herrn Kopka zitiert, macht mich das auch im Nachhinein nicht wankend. Ich habe zur Verabschiedung von Herrn Kopka nichts gesagt, was ich nicht wiederholen könnte. Nicht nur kleine Leute, auch große Leute haben im Lauf der Weltgeschichte die eine oder andere Dummheit und mancher auch eine Riesendummheit begangen. Diesen Vorwurf wird man Klaus Kopka bei der heutigen Kenntnis der Fakten nicht ersparen können. Ungeachtet der in meinen Augen törichten Darlehensannahme durch Klaus Kopka bleibt bestehen, dass er einen entscheidenden Anteil am Aufbau der Medienlandschaft in Bayern hatte, sich um den Jugendschutz verdient gemacht hat und als souveräner Sitzungsleiter und sachlicher Verhandlungsführer Ansehen und Wertschätzung erworben hatte, die in seinen großartigen Wahlergebnissen in diesem Gremium zum Ausdruck kamen. Ich will das eine nicht gegen das andere aufwiegen. Beides steht nebeneinander. Meiner Meinung nach sollten wir das so stehen lassen.
 
Lassen Sie mich noch etwas sagen zu den in der Presse, vor allem in der Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung, erhobenen Vorwürfen, die Landeszentrale wäre ihrer Aufsichtpflicht im Bezug auf Schleichwerbung speziell im Zusammenhang mit C.A.M.P.TV nur unzureichend nachgekommen: Der Nachweis von Schleichwerbung ist für die externe Aufsicht über private Rundfunkveranstalter nicht leichter zu führen als für die internen Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Auch bei den Schleichwerbeskandalen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in den letzten Jahren war es anscheinend für die Presse leichter, an interne Unterlagen heranzukommen als für die aufsichtführenden Stellen. Der aktuelle Sachverhalt zeigt, dass die Medien - in diesem Fall ganz offensichtlich die Süddeutsche Zeitung und das ARD-Medienmagazin ZAPP - über Unterlagen verfügen, die der BLM nicht vorliegen. In aller Regel ist für die Aufsicht der Nachweis von Zahlungen für Produktplatzie­rungen im Programm nicht möglich. Die Beurteilung, ob Schleichwerbung vorliegt oder nicht, reduziert sich in diesen Fällen auf die Bewertung der programmlichen Darstellung. Für die Landeszentrale kommt erschwerend hinzu, dass ihre Beanstandungen – im Unterschied zu Programmrügen des Rundfunkrats – justiziabel sind. Deshalb muss die BLM die Indizien aus der Programmgestaltung zu einer so eindeutigen Beweiskette zusammen­fügen, dass ein Beanstandungsbescheid einer gerichtlichen Überprüfung standhält. Die Erfahrungen der Praxis lassen eine gewisse Neigung der Gerichte erkennen, im Zweifel zu Gunsten der Rundfunkfreiheit und gegen ordnungsrechtliche Verfügungen zu entscheiden. Dies macht eine sehr sorgfältige Abwägung im Einzelfall erforderlich.
 
Die BLM  hat beispielsweise zwischen Januar und Juni 1997 von 27 Verdachtsfällen insgesamt 10 aus ihrer Sicht eindeutige Fälle beanstandet und künftige Ausstrahlungen vergleichbarer Sendungen mit Sofortvollzug untersagt. Der Anbieter C.A.M.P.TV ist dagegen rechtlich vorgegangen. Eine von 10 Beanstandungen wurde nach nochmaliger Prüfung im Widerspruchsverfahren fallen gelassen. Das verwaltungsrechtliche Verfahren bzgl. der übrigen neun Fälle lief bis in das Jahr 2002, nachdem die Gerichte zuvor die sofortige Vollziehung der Bescheide ausgesetzt hatten. Schließlich hat das Verwaltungs­gericht München einen Vergleich vorgeschlagen. Ein zunächst wegen des Verdachts unterlassener Werbekennzeichnung eingeleitetes  Bußgeldverfahren musste eingestellt werden, da Schleichwerbung erst seit Inkrafttreten des 4. Rundfunkänderungsstaats­vertrages vom 1. April 2000 bußgeldbewehrt ist. Im Jahr 2004 ist der Programmbeobach­tung der BLM eine gehäufte Berichterstattung über Risiko-Kapital-Fonds aufgefallen. Die einzelnen Beiträge waren jedoch medienrechtlich nicht zu beanstanden. Im Spätsommer und Herbst 2005, sind im Rahmen der Sendereihe „Spektrum Gesundheit“ Krankheitsfälle vorgestellt worden, für deren Behandlung bestimmte Präparate genannt wurden. Dadurch konnte der Eindruck entstehen, dass die Themenauswahl und Darstellung möglicherweise von der Pharmaindustrie beeinflusst wurde. Der programmliche Befund war jedoch nicht eindeutig und gab keine Hinweise auf mögliche Geldflüsse.
 
Grundsätzlich gilt, dass die Landeszentrale die Sendungen des Bayern Journals ebenso wie die aller anderen von ihr genehmigten Hörfunk- und Fernsehanbieter - und das sind ca. 150  Anbieter– nach einem bewährten System aus Anlass-, Routine- und Zufallskontrollen überwacht. Wir haben uns hier nichts vorzuwerfen.