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Medienrat: Berichte des Vorsitzenden / des Präsidenten

Bericht des Präsidenten zur 24. Sitzung des Medienrats am 10.04.2014

10.04.2014 | 24 2014

ProSiebenSat.1 zieht Zulassungsantrag für dezentrale Werbung zurück
Mitte November 2012, also vor fast eineinhalb Jahren, hatte ProSiebenSat.1 bei der BLM, aber auch bei der Thüringer Landesmedienanstalt und der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien einen Antrag auf Erteilung einer zeitlich befristeten Genehmigung zur Schaltung sog. „dezentraler Werbespots“ in den Programmen Sat.1, ProSieben und kabel eins gestellt. ProSiebenSat.1 wollte diese Spots in insgesamt fünf Regionen in Deutschland regionalisiert ausstrahlen. Ein Gebiet wären dabei die Länder Bayern, Sachsen und Thüringen gewesen.
Gleichzeitig hatte ProSieben, das bei der MABB in Berlin genehmigt ist, vor dem Verwaltungsgericht Berlin auf Feststellung geklagt, dass die nationalen Veranstalter für die Auseinanderschaltung von Werbeinseln in Kabelanlagen keine Genehmigung bräuchten, weil sie dazu schon aufgrund der bundesweiten Zulassung berechtigt seien. Das VG Berlin hat die Klage am 26. September 2013 abgewiesen. Ich habe im vergangenen Oktober im Medienrat darüber berichtet. Das VG Berlin argumentierte damals, die bundesweite Sendeerlaubnis umfasse nicht die Auseinanderschaltung von Werbung, denn bei den geplanten regional differenzierten Werbefenstern handele es sich nicht um ein bundesweit empfangbares Fernsehprogramm. Damit hatte das Gericht die Rechtsauffassung der Landesmedienanstalten bestätigt. ProSiebenSat.1 hatte damals angekündigt, Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht einzulegen.
Nun hat ProSiebenSat.1 seinen Zulassungsantrag bei der BLM auf regionalisierte Werbung Ende Februar zurückgezogen. In dem Schreiben von ProSiebenSat.1 heißt es u.a.: „Weiterhin bleibt der Ansatz dezentraler Werbung für alle Veranstalter und die ProSiebenSat.1-Group ein strategisch wichtiges Ziel. Aus diesem Grund setzen wir eine unternehmerische Lösung um und bieten regional operierenden Werbekunden geeignete Modelle an, ihre Werbebotschaften in bundesweiten Werbespots auszustrahlen. Die anhängige Klage, mittels der wir die Rechtmäßigkeit der regionalisierten Auseinanderschaltung von Werbeblöcken im Rahmen der bundesweiten Zulassung überprüfen lassen, verfolgen wir weiter mit Nachdruck.“
Das bedeutet, dass im günstigsten Fall in ein bis zwei Jahren ein endgültiges Urteil vorliegen wird. Inwieweit die geplante Schaltung von Werbespots regionaler Werbetreibender im bundesweiten Programm sich negativ auf die landesweiten und lokalen Rundfunkanbieter auswirkt, wird man abwarten müssen.

Ministerpräsidenten beschließen Senkung des Rundfunkbeitrags
Am 13. März haben die Ministerpräsidenten der Länder beschlossen, dass der Rundfunkbeitrag von 2015 an um 48 Cent auf dann 17,50 Euro gesenkt werden soll. Eine Entscheidung, die ein Novum darstellt in der Geschichte der Rundfunkgebühr. 2015 soll die Beitragshöhe dann noch einmal geprüft werden. Dann dürften die tatsächlichen Einnahmen feststehen. Nach bisherigen Schätzungen der KEF können die Sender für die Jahre 2013 bis 2016 mit insgesamt 31,8 Mrd. Euro rechnen. Das wären 1,15 Mrd. Euro mehr als ursprünglich angenommen. Die Sender dürfen dieses Geld jedoch nicht behalten. Was nicht direkt in die 48 Cent Beitragssenkung fließt, kommt zunächst auf ein Sperrkonto.
Die Ministerpräsidenten blieben mit der Absenkung unterhalb der Empfehlung der KEF, die eine Verringerung des Rundfunkbeitrags um 73 Cent vorgeschlagen hatte. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin und Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, Manu Dreyer, hat die Abweichung vom Vorschlag der KEF damit begründet, dass man sicherstellen wolle, dass bis 2020 eine erneute Beitragserhöhung vermieden werden könne. Außerdem habe man immer noch vor, die Werbung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu reduzieren und brauche dafür einen Spielraum.

Die BLM als Äußerungsberechtigte war im Übrigen am 25. März durch ihren Justiziar, Prof. Bornemann, bei der mündlichen Verhandlung im Popularklageverfahren (Geuer und Rossmann) gegen den Rundfunkbeitrag vor dem Verfassungsgerichtshof vertreten. Dabei wurde als Termin zur Entscheidungsverkündung der 15. Mai 2014 bestimmt.

Die Bedeutung des Urteil des BVerfG zum ZDF Staatsvertrag für die Gremien von BLM und BR
Das lange erwartete Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum ZDF-Staatsvertrag vom 25. März enthält grundlegende Aussagen, die z.T. neu sind und über den entschiedenen Fall hinausweisen. Ich denke, die präzise Festlegung des BVerfG, dass die von Verfassungs wegen notwendige Staatsferne nur dann gewahrt ist, wenn in Fernsehrat und Verwaltungsrat des ZDF jedem staatsnahen Mitglied mindestens zwei staatsferne Mitglieder gegenüberstehen, kann nicht auf die Gremien des ZDF beschränkt werden. Deshalb wird der bayerische Rundfunkgesetzgeber auch die Zusammensetzung von Rundfunkrat und Medienrat und der Verwaltungsräte des BR und der BLM überprüfen. Zwar scheint das BVerfG bei seiner Maßstabsbildung Anleihen bei der Bayerischen Verfassung (BV) genommen zu haben, denn es weist im Urteil ausdrücklich auf die Drittel-Regelung in Art. 111a Abs. 2 Satz 3 BV hin, verschärft die Anforderungen aber, wenn es nicht nur auf die von Staatsregierung und Landtag entsandten Vertreter abstellt, sondern ausdrücklich die Kommunalvertreter und die von anderen Gruppen entsandten staatsnahen Vertreter in einer Gruppe staatsnaher Vertreter zusammenfasst. Das ist neu. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hatte die Kommunalvertreter in einer älteren Entscheidung nicht mit den Parlamentariern und dem Regierungsvertreter zusammengerechnet, sondern den „gebrochenen“ Staatseinfluss für unbedenklich gehalten. Wenn man die 3 kommunalen Vertreter mit den 12 Landtagsabgeordneten und dem Vertreter der Staatsregierung zusammenrechnet, übersteigt die Summe von 16 staatsnahen Vertretern bereits das zulässige Drittel des 47 Mitglieder umfassenden Medienrats. Wegen fehlender Inkompatibilitätsbestimmungen im Gesetz ist nicht sichergestellt, dass die staatsfernen gesellschaftlichen Gruppierungen ausschließlich staatsferne Vertreter entsenden. Nur die Zahl der Regierungsmitglieder ist durch Art. 13 Abs. 2 Satz 2 BayMG auf eins beschränkt.

Beim Verwaltungsrat hat die BLM zurzeit kein praktisches Problem. Es ist aber einzuräumen, dass die Inkompatibilitätsvorschrift in Art. 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayMG nicht ausreicht. Sie verhindert nur, dass unter den fünf weiteren Mitgliedern weitere Kommunalvertreter sind, schließt aber die Wahl von Parlamentariern z. B. nicht aus. Maximal ein weiteres Verwaltungsratsmitglied dürfte staatsnah sein, um die Drittelgrenze nicht zu überschreiten. Der Gesetzgeber muss entscheiden, ob er das zulassen oder ausschließen will.

Einen Punkt aus dem Urteil wollen wir dagegen in die heute zu beschließende Verwaltungsratswahlsatzung übernehmen: das ist die Stärkung der Unabhängigkeit des Verwaltungsrats, der nach der alten Verwaltungsratswahlsatzung ohne weitere Voraussetzungen mit einer 2/3-Mehrheit der gesetzlichen Mitglieder des Medienrats abberufen werden kann. Wie vom BVerfG angemahnt, empfiehlt der Grundsatzausschuss, das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur weiteren Voraussetzung der Abberufung zu machen. So hat es der Gesetzgeber für die Abwahl des Präsidenten auch geregelt (Art. 15 Abs. 3 BayMG).
Die Rundfunkfreiheit dient, so das BVerfG in ständiger Rechtsprechung, in erster Linie der öffentlichen Meinungsbildung und nicht der Selbstverwirklichung der Rundfunkanstalten. Dazu gehört, so lese ich das jüngste Urteil des Gerichts, dass die Tätigkeit der Rundfunkanstalten für die Öffentlichkeit nicht völlig undurchschaubar ist. So intransparent, wie das Urteil die Arbeit des ZDF beschreibt, ging es in der Landeszentrale nie zu. Im Unterschied zum Fernsehrat des ZDF tagt der Medienrat schon immer öffentlich und nur in begründeten Ausnahmefällen nichtöffentlich. Wir waren auch nicht so restriktiv wie das ZDF, wenn jemand Einsicht in die Protokolle des Medienrats nehmen wollte. Ungeachtet dessen kann sich der Vorstand des Medienrats eine weitere Liberalisierung des Umgangs mit Protokollen aus öffentlichen Sitzungen vorstellen. Damit wird sich der Beschließende Ausschuss befassen.

Damit ist umrissen, welche Bedeutung aus unserer Sicht das Urteil über die Feststellungen zum ZDF-Staatsvertrag hinaus hat. Was der Medienrat ohne Weiteres leisten kann, wie z. B. die Stärkung der Unabhängigkeit des Verwaltungsrats im Rahmen der Satzungsermächtigung (Art. 14 Abs. 4 BayMG), kann sofort angegangen werden. Im Übrigen sind die Entscheidungen des Gesetzgebers abzuwarten.