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Positionen & Reden

Eröffnungsrede von Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring zu den BLM-Lokalrundfunktagen am 29./30. Juni 2004 in Nürnberg

29.06.2004 | P&R

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich darf Sie alle sehr herzlich zu den zwölften Lokalrundfunktagen der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien in Nürnberg begrüßen. Eine Veranstaltung dieser Größe erfordert einen hohen organisatorischen und finanziellen Aufwand, den die BLM ohne die Kooperationspartner und Sponsoren kaum leisten könnte. Ihnen möchte ich an dieser Stelle herzlich für ihre Unterstützung danken. Mein besonderer Dank gilt dem Funkhaus Nürnberg, vor allem für dessen großes Engagement beim Burgfest, aber auch allen anderen Nürnberger Medienunternehmen. – Während die Lokalrundfunktage 2002 und 2003 stark unter dem Eindruck der Krise der Medienwirtschaft standen, gibt es mittlerweile Anzeichen für einen vorsichtigen Optimismus. Das spiegelt sich auch im diesjährigen Programm der Lokalrundfunktage wider: Erfolgreiche Programm- und Marketingkonzepte, neue Entwicklungen im Bereich der Produktions- und Studiotechnik, die Optimierung der Geschäftsprozesse in den Stationen und die Erschließung neuer Erlösquellen sind einige der Themen, die in den insgesamt 21 Workshops diskutiert werden.

Der spürbare Optimismus der Branche wird nur bedingt durch die Werbeerlöse im Jahr 2003 gestützt. Vor einigen Wochen hat der Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft die Nettowerbeumsätze für das Jahr 2003 veröffentlicht. Danach lagen die Werbeinvestitionen in Deutschland im vergangenen Jahr netto bei knapp 20 Mrd. Euro, und damit noch einmal um 4,3 Prozent unter dem Ergebnis von 2002. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich die Verluste jedoch halbiert. Hörfunk und Fernsehen haben dabei besser abgeschnitten als andere Medien mit minus 2,7 bzw. minus 3,7 Prozent. Im ersten Quartal 2004 sind nach Angaben von Nielsen Media Research die Bruttowerbeeinnahmen sowohl beim Hörfunk als auch beim Fernsehen gestiegen. Der deutsche Werbemarkt beginnt sich also zu erholen, wenn auch nur zögerlich. Diese Daten decken sich in etwa mit unseren Erkenntnissen hinsichtlich der Einnahmesituation im lokalen Hörfunk und Fernsehen in Bayern im Jahr 2003. Zwar sind die tatsächlichen Ergebnisse voraussichtlich besser als die Prognosen waren, sie sind aber knapp unter den Einnahmen von 2002 geblieben. Im Gegensatz zu den Werbeeinnahmen haben sich 2003 allerdings die Reichweiten zumindest beim lokalen Hörfunk deutlich verbessert.

Die Krise der vergangenen Jahre hat schließlich im letzten Jahr zu einer intensiven Diskussion darüber geführt, durch welche Maßnahmen die wirtschaftliche Situation vor allem der Lokalradios verbessert werden kann. Diese Diskussion führte am Ende des Jahres zu einem Beschluss des Medienrats, der ein ganzes Bündel von Maßnahmen enthält: Die Senkung der lokalen Mindestsendezeiten, die Möglichkeit von Kooperationen mit Nachbarstandorten bis hin zur Einrichtung regionaler Funkhäuser, die Neustrukturierung der BLRZulieferung, die Stärkung der überregionalen und lokalen Vermarktung sowie die Möglichkeit der Ausweitung des Zweitfrequenzkonzepts.

Was hat sich in dem halben Jahr zwischen der Verabschiedung der Beschlüsse und heute getan? Ein Stück überraschend ist für uns, dass mit den beiden Möglichkeiten auf programmlicher Seite Kosten einzusparen - durch eine Reduzierung der lokalen Mindestsendezeiten bei gleichzeitiger Ausweitung der BLR-Zulieferung - sehr vorsichtig, vielleicht sollte man sagen umsichtig, umgegangen wurde. Insgesamt haben lediglich 3 Sender davon Gebrauch gemacht, das BLR-Programm in einzelnen Tagesschienen zu übernehmen. Diese offensichtliche Zurückhaltung kann verschiedene Gründe haben: Im Erhebungszeitraum der Funkanalyse ist man generell vorsichtig, was Veränderungen angeht. Zudem haben die Ergebnisse der Media Analyse von Anfang März für die Lokalradios deutliche Hörergewinne ausgewiesen. Möglicherweise hat dieses Ergebnis die Einsicht befördert, dass das lokale Element die Stärke der lokalen Stationen ist. Was die regionalen Kooperationen betrifft, gab und gibt es zwar Gespräche, aber eben auch eine starke Tendenz zur Eigenständigkeit. Damit Sie mich richtig verstehen: Die BLM ist nicht enttäuscht, dass die von uns gebotenen Möglichkeiten nur in einem relativ geringem Maße genutzt werden. Im Gegenteil, wir haben immer betont, dass die Lokalität der wichtigste Eckpfeiler der Lokalradios ist, der lokale Bezug und die lokale Glaubwürdigkeit die wesentlichen Bindungsfaktoren für die Hörer, und dass deshalb die Lokalität, ungeachtet der von uns eingeräumten Möglichkeiten, erhalten bleiben muss. Das ändert jedoch nichts an der Rolle der BLR: Wir sind davon überzeugt, dass die vorgenommenen Umstrukturierungen notwendig waren und dass die BLR vor allem für kleinere Stationen auch in Zukunft ein wichtiger Bestandteil des Programms bleiben wird.

Bezüglich der überregionalen Vermarktung gibt es nach wie vor Verhandlungen zwischen Antenne Bayern und den Lokalstationen über die Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft, deren Ziel es ist, mehr Einnahmen aus dem nationalen Werbemarkt zu erlösen und das Gewicht Bayerns innerhalb der RMS zu stärken. Die Verhandlungen sind sicher schwierig. Wir erwarten keine Liebesbeziehung, allerdings kann bei der überregionalen Vermarktung jeder für den anderen ein wichtiger Partner sein. Dies gilt insbesondere für die gemeinsame Interessensicherung in der RMS im Bezug auf die nationale Kombinationsvermarktung.
Zudem ergeben sich bei der überregionalen Eigenvermarktung sowohl für Antenne Bayern als auch für die Lokalradios die Chance mit neuen Vermarktungskonzepten die Erlöspotentiale besser auszuschöpfen. Es ist nicht unser Ziel, den Wettbewerb zwischen Antenne und den Lokalradios einzudämmen. Unterhalb der gemeinsamen Radio Kombi Bayern soll und muss es Wettbewerb geben, denn Wettbewerb führt letztlich auch zu einem höheren Werbeaufkommen.

Die Wettbewerbsfähigkeit der Lokalradios wurde zweifellos durch die Gründung der Galaxy-Stationen gestärkt. Als zehnte Galaxy-Station geht heute Radio Galaxy Coburg auf Sendung. Der Erfolg der lokalen Galaxy-Programme belegt, dass die Zielsetzung des sog. Zweitfrequenz-Konzepts mit der Möglichkeit der programmlichen Diversifizierung – sowohl was die Hörerakzeptanz angeht als auch den Beitrag zur Wirtschaftlichkeit – aufgegangen ist. Damit wird die Vermarktungsfähigkeit der bayerischen Lokalradios für die Werbung treibende Wirtschaft in der Zielgruppe der 14- bis 29- bzw. 14- bis 49-Jährigen nachhaltig gestärkt. Und
der Lokalfunk ist damit auch für die kommenden demografischen Veränderungen gerüstet, d.h. ein immer älter werdendes Publikum kann ebenso bedient werden wie ein jugendliches bzw. jung gebliebenes.

An dieser Stelle noch ein Wort zu Digital Radio bzw. DAB. Vielleicht haben manche von Ihnen DAB innerlich schon abgeschrieben. Sie sollten das jedoch nicht vorschnell tun. Die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten hat sich in ihrer Klausurtagung Mitte Mai vorbehaltlos hinter DAB gestellt. Gleiches gilt für die internationale Funkkonferenz, die Ende Mai in Genf stattgefunden hat und auf der 92 Länder vertreten waren. Auch hier war man sich einig, dass das Band III in Zukunft weitgehend für DAB genutzt werden soll, und zwar nicht nur der K 12, auf dem derzeit z.B. die landesweiten Digitalradio-Programme in Bayern ausgestrahlt werden, sondern gegebenenfalls auch die Kanäle 9 bis 11. Eine endgültige Entscheidung darüber wird 2006 fallen. Sie können sich darauf verlassen, dass die BLM ihren Möglichkeiten entsprechend alles tun wird, um die DAB-Verbreitung vom L-Band in das Band III zu bringen. Damit wäre auch das Problem des schlechten Indoor-Empfangs lösbar. Mittlerweile sind günstige DAB-Geräte im Markt. Wichtig ist aus unserer Sicht, die Bereitschaft von privaten und öffentlich-rechtlichen Hörfunkanbietern über DAB zu informieren und DAB zu promoten. Die Landeszentrale wird hierzu mit dem Handel, den Chipherstellern und den Anbietern noch in diesem Jahr eine Kampagne starten. – Einen zweiten Punkt möchte ich in dem Zusammenhang ansprechen:
Wir haben hier in Deutschland ein voll funktionsfähiges, weitgehend flächendeckendes DABNetz. Niemand wird auf die Idee kommen, die Sender abzubauen, weil das Hörfunkangebot zu gering ist. Wir erleben bereits heute, dass sich andere Unternehmen vor allem aus der Telekommunikations-Branche für die digitalen terrestrischen Netze interessieren. Die Ausschreibung für DVB-T in Bayern hat dies deutlich gezeigt. Wir werden sehr bald erleben, dass multimediale Angebote sowohl über DAB- als auch über DVB-T-Netze verbreitet werden. Die Hörfunk-Unternehmen müssen lernen, dass in der Zusammenarbeit mit solchen Anbietern auch für sie eine Chance liegt.

Beim Lokalfernsehen hat die Landeszentrale im zurückliegenden Jahr die Vorgaben des Bayerischen Mediengesetzes hinsichtlich einer Harmonisierung der Verbreitungsgebiete und einer verstärkten wirtschaftlichen Zusammenarbeit weiter umgesetzt. Dies gilt vor allem für die Regionen Unterfranken und Südostoberbayern. Ohne ins Detail gehen zu wollen, darf ich schon an dieser Stelle sagen, dass die Umstrukturierungen den Anbietern bezüglich der Zuschauerreichweiten nicht geschadet haben, im Gegenteil, sie haben teilweise deutlich
gewonnen. Die Situation in München ist zwar immer noch nicht endgültig geklärt, ohne übertriebenen Optimismus kann man mittlerweile aber sagen, dass die Beteiligten hier auf einem guten Weg sind. Was wir weiter verfolgen werden, ist eine engere Zusammenarbeit im Raum Niederbayern.

Sehr positiv sehen wir die Eigeninitiative der Anbieter hinsichtlich einer gemeinsamen Reichweitenforschung.
Seit 1. Juni werden die Zuschauerreichweiten des virtuellen Senders TV Bayern, das sind alle bayerischen lokalen RTL-Fenster, von der GfK ausgewiesen. Das ist ein wichtiger Schritt, um die überregionalen Vermarktungschancen der Lokalsender zu verbessern. Erste Präsentationstermine bei Agenturen, die überregionale Kunden betreuen, sind durchweg positiv verlaufen. Wichtig wird nun der Zeitraum zwischen August und Oktober, indem sowohl die Restetats für 2004 als auch die Jahresetats für 2005 vergeben werden. Auch außerhalb Bayerns blickt man sehr gespannt auf diese bayerische Initiative. Sollte sie positiv verlaufen, wollen sich auch Ballungsraumsender außerhalb Bayerns anschließen.

Wie bei der Reichweitenforschung hat Bayern auch bei DVB-S die Vorreiterrolle. Im vergangenen Jahr haben wir im Rahmen der Lokalrundfunktage als zweites DVB-S-Projekt Franken-Sat gestartet. Im kommenden September sollen TV Augsburg, TV Allgäu Nachrichten und INTV über DVB-S ausgestrahlt werden und wir hoffen weiterhin, dass auch München und das restliche Oberbayern noch in diesem Jahr folgen wird. Dass die digitale Satellitenverbreitung für das Lokalfernsehen an Bedeutung gewinnt, zeigen die aktuellen Zahlen der Funkanalyse. Mittlerweile hat der Satellit als Verbreitungsart mit dem Kabel gleichgezogen, beide versorgen 46 Prozent der Bevölkerung. Von den über 2 Millionen Satellitenhaushalten in Bayern verfügen derzeit 18,5 Prozent über einen digitalen Receiver, im vergangenen Jahr waren es noch 12,8 Prozent. Dass die Kaufbereitschaft von digitalen Receivern direkt zusammenhängt mit der Tatsache, dass damit okalfernsehen empfangbar st, zeigt das Beispiel Franken: Während die Anzahl der digitalen Satellitenhaushalte im Durchschnitt in ganz Bayern um 46 Prozent zugenommen hat, waren es in Franken 87 rozent. Die Anzahl der Haushalte ist von 82.000 auf jetzt 153.000 gestiegen. Dagegen liegt die Steigerungsrate in Ostbayern in diesem Jahr unter dem bayerischen Durchschnitt, während sie im vergangenen Jahr bei fast 100 Prozent gelegen hatte. Ich glaube nicht, dass in Ostbayern eine wirkliche Markt-Sättigung eingetreten ist. Eher zeigt diese Zahl, dass die lokalen Anbieter, die über Satellit ausgestrahlt werden, den digitalen Satellitenempfang weiterhin offensiv bewerben sollten. Schon jetzt ist absehbar, dass die Satellitenverbreitung für die lokalen TV-Anbieter an Bedeutung gewinnen wird.

Die zukünftige technische Verbreitung des lokalen Rundfunks ist ein äußerst wichtiges Thema. Ich habe gehört, dass bei den lokalen Fernsehanbietern zum Teil die Meinung besteht, die Landeszentrale tue zu wenig, um die digitale Kabelverbreitung lokaler Angebote sicherzustellen. Dieser Eindruck ist falsch. Einerseits ist die Einspeisung lokaler Programme ins digitale Kabel rechtlich abgesichert. Der § 52 Rundfunkstaatsvertrag enthält einen Passus, der den must-carry-Status der lokalen Anbieter im digitalen Kabel ausdrücklich garantiert, d.h. lokale Angebote müssen ebenso wie die öffentlich-rechtlichen Angebote eingespeist werden. Zudem enthält der § 52 die Regelung, dass die Entgelte für die Einspeisung so zu gestalten sein müssen, „dass auch regionale und lokale Angebote zu angemessenen und chancengleichen Bedingungen verbreitet werden können“. Darüber hinaus vertreten die Landeszentrale und die gesamte Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten sehr nachdrücklich die Position, dass die landesweiten und lokalen Fernsehfenster auch im digitalen Kabel Bestand haben müssen. Wir haben im Kreis der Direktoren erst vor einem Monat einen Beschluss gefasst, der sich mit dieser Thematik beschäftigt. Ich darf daraus zitieren: „Das BK-Netz ist neben der Terrestrik hervorragend zur Übertragung regionaler und lokaler Angebote geeignet. Der Betreiber digitaler Breitbandkabelnetze ist daher gut beraten, dezentrale Lösungen vorzusehen, so dass regionale Inhalte zu chancengleichen und angemessenen Bedingungen verbreitet werden können. Die Netzbetreiber und die Veranstalter der Programme RTL und Sat.1 müssen über digitale Netze zudem die Verbreitung von Regionalfenstern gewährleisten.“ Ende des Zitats. Die Bereitschaft, diese Forderung umzusetzen, ist bei der KDG hier in Bayern durchaus vorhanden. In den Gesprächen, die wir in den letzten Wochen geführt haben, wurde uns bestätigt, dass bei der KDG ein großes Interesse an lokalen Inhalten vorhanden ist. – Die Bayerische Medien Technik GmbH befasst sich im Auftrag der Landeszentrale derzeit intensiv mit der Frage, wie man die lokalen RTL-Fenster in das digitale Kabel bringen kann. Wir haben es dabei mit einer komplexen Problematik zu tun, da die über Satellit angelieferten Programmpakete jeweils „aufgeschnürt“ werden müssen, um die Fenster darin zu platzieren. Wir gehen aber davon aus, dass hier kurzfristig ein Weg gefunden wird, um die lokalen Fensterprogramme auch im digitalen Kabel sicherzustellen.
Nicht um das Kabel, sondern um Leitungen geht es in einer anderen Frage, die Sie, wie ich weiß, sehr beschäftigt hat. Nämlich um die Leitungen, die in der Regel die lokalen TVStudios mit den BK-Standorten verbinden. Um Gelder einzusparen, hatten wir hier zunächst auf 2 Megabit-Leitungen gesetzt. Wir haben uns mittlerweile überzeugen lassen, dass der Qualitätsstandard dieser Leitungen nicht ausreichend ist. In Zukunft werden wir deshalb für alle wichtigen Verbindungen 4 Megabit-Leitungen fördern.

Vor einem Monat wurde in der Staatskanzlei die Vereinbarung über den Start des digitalen terrestrischen Fernsehens in Bayern unterzeichnet. Ab Ende Mai 2005 wird etwa die Hälfte der bayerischen Bevölkerung mit einer Dachantenne mehr als zwanzig Fernsehprogramme und zusätzlich Mediendienste empfangen können. Im Großraum Berlin, in Teilen Norddeutschlands und Nordrhein-Westfalens ist DVB-T bereits in Betrieb. Noch in diesem Jahr wird das Rhein-Main-Gebiet folgen. Was die Flächendeckung und die Genehmigung von Mediendiensten angeht, kommt Bayern eine Vorreiterrolle zu. Die Landeszentrale hat sich immer dafür eingesetzt, dass bei DVB-T auch lokale Anbieter zum Zuge kommen. Deshalb haben wir ein Fördersystem entwickelt, nach dem lokale Anbieter die höchste Förderquote erhalten. Während es in Nürnberg einen eigenen Kanal des lokalen Anbieters geben wird, wird in München zwar das lokale RTL-Fenster ausgestrahlt, tv.münchen hat sich aus Kostengründen jedoch nicht für einen ganzen Kanal beworben. Auch das Deutsche SportFernsehen hat auf den vorgesehenen Kanal kurz vor der Genehmigung aus Kostengründen verzichtet.

Bei den Kosten für die Versorgung mit DVB-T gibt es sehr große Unterschiede zwischen Ballungsräumen und ländlichen Gebieten. Diese Kosten können weder von den privaten Anbietern noch von den Landesmedienanstalten erbracht werden, zumal diese Kosten auch erheblich über den Kosten von Kabel und Satellit liegen. Deshalb sind etwa bei dem Projekt in Mitteldeutschland bislang keine privaten Anbieter dabei. Der Anreiz für die Zuschauer hängt aber zweifellos in hohem Maße von der Beteiligung privater Anbieter ab. Das wird sich in Mitteldeutschland deutlich zeigen. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten haben sich bei der Anmeldung ihres Finanzbedarfs bei der KEF nicht nur an einer flächendeckenden Versorgung von DVB-T orientiert, sondern auch daran, dass zugleich die analoge Versorgung bis 2008 auf dem bisherigen Niveau weiterläuft. Dies ist nicht zu akzeptieren. Die Landesmedienanstalten schlagen deshalb vor, das analoge terrestrische Fernsehen bis Ende 2006 komplett abzuschalten. Die Einsparungen, die durch eine Einschränkung der bisher vollständigen Versorgung mit öffentlich-rechtlichen Fernsehprogrammen und durch eine frühere Abschaltung des analogen Fernsehens erzielt werden, sollen als einmalige Anschubfinanzierung für den Aufbau der digitalen terrestrischen Fernseh- und Radioversorgung auch für private Veranstalter genutzt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

die Landeszentrale tut alles in ihrer Macht stehende, damit lokale Anbieter in Zukunft auf allen digitalen Plattformen vertreten sein werden. Man muss bei dieser Thematik mehrere Aspekte einbeziehen: Digitalisierung erscheint auf den ersten Blick als mittelstandsfeindlich. Die großen nationalen und internationalen Unternehmen haben weit bessere finanzielle Möglichkeiten, den Weg in die Digitalisierung zu gehen und auch unter technischen Aspekten tun sie sich wesentlich leichter. In Zeiten, in denen die Medienlandschaft immer globaler wird, bedarf es von Seiten der Medienpolitik deshalb besonderer Anstrengungen für den Mittelstand, um Gleichschaltungsmechanismen schon im Ansatz entgegenzuwirken. Zur Stärkung der mittelständischen Komponente gehören entsprechende Finanzierungsmodelle und -mechanismen. Die Landeszentrale wird das ihre dazu beitragen, wie sie es immer getan hat. Nur muss die Politik auch sehen, dass die Mittel der Landesmedienanstalten endlich sind und dass sie nicht ausreichen, die Digitalisierung aller Bereiche im notwendigen Umfang zu fördern. In einer solchen Situation ist es kontraproduktiv, die Teilhabe der Landesmedienanstalten an der kommenden Gebührenerhöhung in Frage zu stellen. Für die BLM bedeutet das, dass unser Spielraum zur Bewältigung neuer Herausforderungen weiter eingeschränkt wird. Dazu gehört neben dem Jugendschutz vor allem der Zugang mittelständischer Unternehmen zu den digitalen Verbreitungswegen. Der Medienrat hat hierzu in seiner letzten Sitzung Ende Mai eine Resolution verabschiedet, in der er die Staatsregierung bittet, sich in den Beratungen mit den Ländern dafür einzusetzen, dass die Landesmedienanstalten auch bei kommenden Gebührenerhöhungen berücksichtigt werden.

Die mittelständischen Unternehmen müssen allerdings auch von sich aus aktiv werden. Wenn die Landeszentrale wie jetzt im Rahmen der DVB-T-Genehmigungen auch Mediendiensten Zugangsmöglichkeiten zu digitalen Netzen eröffnet, ist dies kein feindseliger Akt gegen Hörfunk- und Fernsehanbieter, sondern ein Weg, der einerseits eine gemeinsame Finanzierung der Netze sicherstellt und andererseits Kooperationsmöglichkeiten eröffnet. Sie sollten im Auge behalten, dass auch Diensteanbieter auf Content angewiesen sind – Content über den Hörfunk- und Fernsehanbieter verfügen und der ihnen neue Verwertungsmöglichkeiten bietet.

Als letzten kurzen Punkt habe ich mir das Stichwort "Überregulierung" notiert. Wie ich höre, geistert dieser Vorwurf derzeit wieder durch die bayerische Medienlandschaft. Ich gebe ganz ehrlich zu, dass ich generell ein Problem habe, das nachzuvollziehen. Seit ich Medienpolitik betreibe, besteht eines der hartnäckigsten Vorurteile darin, zu behaupten, die Medienregulierung in Deutschland sei deutlich rigider als in anderen Ländern. Diese Behauptung ist so alt wie falsch. So wäre es beispielsweise in den USA unmöglich, dass ein ausländischer Medienunternehmer fast die Hälfe des privaten amerikanischen Fernsehmarktes beherrscht.
Regulierung ist ein Kernelement unserer Rundfunkordnung, das Vielfalt gewährleistet, auch in Zeiten der Digitalisierung. Zu den Aufgaben der Medienpolitik gehört dabei auch, Rahmenbedingungen zu schaffen, die die wirtschaftlichen Erfolgschancen für private Unternehmen gewährleisten. Dies gilt auch für ausländische Investoren, solange sie sich an die Spielregeln des deutschen Medienrechts halten. Allerdings stellen wir zunehmend fest, dass sich z.B. mit dem Einstieg von Haim Saban als Mehrheitsaktionär bei der ProSiebenSat.1 Media AG ein neues unternehmerisches Denken breit macht, das vor allem der Gewinnmaximierung unterworfen ist und zunehmend im Gegensatz zur bisherigen deutschen Medienpolitik steht. Wir müssen ausländischen Investoren deshalb deutlicher als bisher die Anforderungen unseres Mediensystems und deren verfassungsrechtliche Grundlagen klar machen. Dazu gehört u.a. die Aufrechterhaltung eines Grundstandards an Vielfalt im privaten Fernsehen und die Beachtung föderaler Eigenständigkeiten etwa durch Fensterlösungen. Um in einer immer globaleren Medienwelt Schieflagen zu vermeiden, muss die Medienpolitik vor allem mittelständische Unternehmen unterstützen. Der Landesgesetzgeber in Bayern ist dabei auf einem richtigen Weg. So muss die Mitfinanzierung der lokalen und landesweiten Fernsehfenster durch die nationalen Unternehmen abgesichert werden. Darüber hinaus sollten die Fenster ausschließlich von wirtschaftlich und redaktionell unabhängigen Unternehmen gestaltet werden. Dies erfordert weitere ordnungspolitische Regelungen.

Nun, meine Damen und Herren, ist der Zeitpunkt da, an dem wir von der Medienpolitik zu den harten Fakten der Funkanalyse kommen. Die Details werden Sie gleich in bewährter Weise von Herrn Werres und Herrn Dr. Ecke von NFO Infratest erfahren. Zunächst darf ich aber Herrn Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly ans Rednerpult bitten, über dessen Anwesenheit bei den Lokalrundfunktagen wir uns sehr freuen.

Ihnen allen wünsche ich interessante Veranstaltungen, spannende Gespräche und heute Abend ein schönes und unterhaltsames Fest auf der Kaiserburg.