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Positionen & Reden

Grußwort zu den MEDIENTAGEN MÜNCHEN 2001 von Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring

17.10.2001 | P&R
Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der DVB Multimedia Bayern GmbH und
Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien

- ES GILT DAS GESPROCHENE WORT! -

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

„MediaWorld: Neue Dimensionen, neue Realitäten“ lautet das Motto der 15. MEDIENTAGE MÜNCHEN, zu denen ich Sie heute und hier sehr herzlich begrüßen möchte. Ich freue mich darüber, dass im Saal wieder alle Bereiche aus der Medien- und Kommunikationsbranche vertreten sind. Genauso herzlich möchte ich auch die Teilnehmer des Mediengipfels begrüßen, der unter der bewährten Moderation von Helmut Markwort nachher sicher für Spannung sorgen wird.

Wie treffend das diesjährige Motto in all seinen Facetten ist, haben wir wohl alle - vor allem im Hinblick auf die weltpolitische Lage - nicht geahnt. Ursprünglich zielte das Motto vor allem auf die Situation der Medienwirtschaft. „Old und New Economy“ wachsen jetzt zusammen: Die Goldgräberstimmung in der Internetbranche ist vorbei, das zeichnete sich schon bei den MEDIENTAGE Veranstaltungen im vergangenen Jahr ab. Nach einem schmerzhaften Lernprozess geht es nun darum, wirtschaftlich tragbare Strategien für die zusammenwachsenden Medienmärkte zu entwickeln. Und diese Strategien müssen gleich auf zwei Ebenen funktionieren: bei der globalen Ausrichtung der Unternehmen und bei der sinnvollen Koppelung von Infrastruktur und Inhalten.

Der Internationalisierung und Globalisierung der Medienbranche wollen auch die MEDIENTAGE MÜNCHEN gerecht werden. Deshalb haben die Veranstalter, die DVB Multimedia Bayern GmbH und die Standortagentur gotoBavaria, zwei Marken kreiert: MediaWorld steht für den „Internationalen Medienkongress München“. Parallel läuft die DigitalSigns, die Internationale Medienmesse München, auf der die Medienwelt bzw. die „Medienzukunft zum Anfassen“ zu sehen ist. Diese Messe wurde 1994 von der BLM initiiert und findet jetzt bereits zum achten Mal statt. 120 Aussteller präsentieren in den kommenden drei Tagen den Kongressbesuchern und der interessierten Öffentlichkeit auf ca. 5.000 m² Messefläche ihre neuesten Produkte und Projekte rund um Hörfunk, Fernsehen, Film und Internet.

In diesem Jahr ist es gelungen, drei Spezialbereiche in die Internationale Medienmesse
zu integrieren:
  • Dank einer gemeinsamen Initiative des MedienCampus Bayern e.V. und der MEDIENTAGE MÜNCHEN präsentieren sich auf dem MEDIENCAMPUS 40 Institutionen und Unternehmen der Aus- und Fortbildung aus der Medienbranche.
  • Neu in diesem Jahr ist das mit Unterstützung von br-online eingerichtete InternetCafé.
  • Mit der StartupArea, die von der Unternehmensberatung KPMG und dem Gründerzentrum für neue Medien in Unterföhring gefördert wird, bietet die DigitalSigns zum zweiten Mal ein gesondertes Forum für Existenzgründer, Kapitalgeber und Berater im Medienbereich. Gerade jetzt, angesichts der Krise der New Economy, ist eine Informationsplattform wie diese wichtiger denn je. Man darf schließlich nicht vergessen: In jeder Krise liegt auch eine Chance!
Doch unser Denken und Handeln wird in diesen Tagen von einer ganz anderen, weltpolitischen Krise bestimmt, die niemanden so einfach zur Tagesordnung übergehen lässt. Angesichts der Terroranschläge in den USA haben wir für Freitag nachmittag kurzfristig eine Sonderveranstaltung organisiert, in der es um die Verantwortung der Medien in Krisenzeiten“ geht.

Eines hat die weltweite und aktuelle Berichterstattung über die Terroranschläge in den USA auf jeden Fall verdeutlicht: Das Fernsehen erweist sich als Leitmedium in einer solchen Zeit. Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Zeitschrift „TV Today“ vom 19./20 September bildete das Fernsehen für 82 Prozent der Deutschen die wichtigste Informationsquelle zu den Terroranschlägen. Für acht Prozent stand das Radio im Mittelpunkt und sieben Prozent setzten auf Zeitungen als Informationsquelle. Das Schlusslicht bildete das Internet mit zwei Prozent. Und noch ein Wert illustriert die Bedeutung des Massenmediums Fernsehen: Im September stieg die TV-Nutzung bei Personen ab 14 Jahren mit einer durchschnittlichen Sehdauer von 207 Minuten pro Tag auf einen außergewöhnlich hohen Wert.

Es geht mir hier nicht darum, Mediengattungen gegeneinander auszuspielen. Wir wissen alle, dass diese Medien auch unterschiedliche Funktionen erfüllen. Printmedien eignen sich hervorragend zur Hintergrundberichterstattung; aus dem Internet ziehen sich die Nutzer gezielt und aktuell bestimmte Informationen heraus; das Radio ist eher ein Nebenbeimedium, auch wenn das Wort nun wieder eine größere Rolle spielt. Das Massenmedium Fernsehen jedoch übt offenbar die größte Wirkung aus, auch auf Kinder und Jugendliche, wie mehrere aktuelle Untersuchungen belegen.

Dieser Aspekt muss bei der Strukturreform der Medienordnung, wie sie gerade entwickelt wird, immer im Auge behalten werden, auch wenn das Ziel, die Vereinheitlichung des Jugendschutzes in den elektronischen Medien unumstritten ist. Genauso wie die Länder befürworten auch die Landesmedienanstalten eine integrierte und vernetzte Medienaufsicht im Hinblick auf den Jugendschutz. Der Wunsch, die Dinge neu zu ordnen, ist nachvollziehbar. Dabei dürfen aber folgende Gesichtspunkte nicht in den Hintergrund treten:
 
  1. Selbstverantwortung und Selbstkontrolle sollen gestärkt werden. Die Selbstkontrolle kann aber nicht die ordnungspolitische, inhaltliche und bewertende Aufsicht im Nachhinein ersetzen. Dies ist keine Absage an den Gedanken der Selbstkontrolle, sondern eine realistische Einschätzung der Gegebenheiten auf dem Medienmarkt.
     
  2. Die neue Medienordnung muss den Jugendschutz weiter entwickeln und zugleich auf bewährten Strukturen bei den Landesmedienanstalten und anderen Jugendschutzinstitutionen aufbauen.
     
  3. Die neue Medienordnung muss für Gleichbehandlung sorgen. Es ist kaum vorstellbar, privates Fernsehen und Internet unter eine gemeinsame Aufsicht zu stellen, aber Fernsehen und Fernsehen nicht. ARD und ZDF müssen daher in geeigneter Weise in ein solches Zukunftsmodell eingebunden sein.
Im Gegensatz zu der eben erläuterten Abgrenzung zwischen privatem und öffentlichrechtlichem Rundfunk hat sich bei der Frage des Zugangs zum digitalen Fernsehen inzwischen eine bemerkenswerte Allianz gebildet: Landesmedienanstalten sowie öffentlichrechtliche und private Sender haben sich für die Multimedia Home Plattform – kurz MHP - ausgesprochen, die durch ein offenes Betriebssystem einen diskriminierungsfreien Zugang zum digitalen Fernsehen für alle Programme- und Diensteanbieter garantiert. Es wäre wünschenswert, wenn sich nun auch alle neuen Kabelnetzbetreiber für den MHP-Standard aussprechen. Signale in dieser Richtung gibt es ja bereits.

Die Kabelregulierung und die Pläne der neuen Netzbetreiber Liberty Media, ish (ehemals Kabel NRW) und iesy (ehemals eKabel Hesssen) bilden den zweiten Themenkomplex, der in den nächsten Tagen hier für Zündstoff sorgen dürfte. Das Kabel, das wissen wir alle, kann nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen werden. Der chancengleiche Zugang zum Meinungsmarkt muss weiterhin für alle Programm- und Diensteanbieter gewährleistet sein. Man sollte aber auch nicht vergessen, dass es bereits Spielregeln gibt, die nur angewandt werden müssen. Wir dürfen gespannt sein, wie der Bayerische Ministerpräsident in seiner Eröffnungsrede auf diesen Themenkomplex eingehen wird.

Aus meiner Sicht nur noch eine Anmerkung: Statt ständig den „Teufel“ in persona des USMilliardärs John Malone an die Wand zu malen und Ängste vor den neuen Netzbetreibern zu schüren, sollte man auch einmal die Chancen des Kabelverkaufs erörtern. Machen wir uns doch nichts vor: Trotz intensiver, langwieriger Verhandlungen hat sich kein deutscher Investor gefunden, der die Kabelnetze übernehmen wollte. Hier in Bayern war man zum Beispiel sehr um eine „bayerische Lösung“ bemüht, doch wer sollte die Milliarden aufbringen, die für den Ausbau der Netze notwendig sind? Die Chance, mittel- und langfristig ein modernes, interaktives Kommunikationsnetz aufzubauen, liegt jetzt im Ausbau!

Angesichts dieses spannenden Themas freue ich mich besonders, dass wir Miranda Curtis, die Präsidentin des Kabelnetzbetreibers Liberty Media International, als Podiumsgast gewinnen konnten, die in München erstmals auf einem deutschen Medienkongress zu den Plänen ihres Unternehmens Stellung nehmen wird.

Das vielfältige Programm und die informative Messe der diesjährigen MEDIENTAGE MÜNCHEN sind vor allen dem Engagement der Kooperationspartner, Mitveranstalter und Aussteller sowie den Teams des Veranstalterduos zu verdanken. Ich bin überzeugt, dieses Engagement hat sich gelohnt. Dieser Meinung ist sicher auch Dr. Peter Frieß, der Geschäftsführer der gotoBavaria, den ich jetzt auf das Podium bitten möchte!