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Positionen & Reden

Begrüßung von Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring zum Start des europäischen DMB-Projekts MI FRIENDS am 07.06.2006 in München

07.06.2006 | P&R

- ES GILT DAS GESPROCHENE WORT -
 
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
 
ich freue mich, Sie hier so zahlreich zum Start des europäischen DMB-Projekts MI FRIENDS und zur Vorstellung weiterer DMB-Projekte, vor allem des bundesweiten Projekts „Watcha“ von Mobiles Fernsehen Deutschland und Debitel, begrüßen zu dürfen. Wir haben hier heute viele hochrangige Gäste, die ich willkommen heißen darf. An erster Stelle möchte ich den südkoreanischen Minister für Information und Telekommunikation, Mr. Rho (No) Jun-Hyong, sehr herzlich begrüßen. Es ist für uns eine große Ehre, dass Sie heute bei uns sind. Das „Memorandum of Understanding“ zwischen Ihrem Ministerium und der BLM, das wir im April 2005 in München unterzeichnet haben, war in vielerlei Hinsicht der Katalysator für unser Projekt MI FRIENDS. Herzlich willkommen heiße ich auch Mr. Chun-Hwan Yim, den Präsidenten des Forschungsinstituts ETRI, mit dem wir seit Monaten in einem produktiven Kontakt stehen. ETRI wird im Laufe der heutigen Veranstaltung neueste DMB-Entwicklungen aus Korea zeigen, u.a. dreidimensionale Videos. Wir freuen uns ebenfalls sehr über das Hier sein von Dr. Chan Yeob Yeun, dem Vice President von LG Electronics International. LG hat uns 400 DMB-Handys für unser Pilotprojekt hier in München zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank dafür!
 
Neben unseren hochrangigen Gästen aus Korea möchte ich Quentin Howard, den Präsidenten des World DAB Forums herzlich bei uns willkommen heißen. World DAB ist der Mitorganisator der heutigen Veranstaltung. Mein Gruß gilt darüber hinaus den weiteren Teilnehmern unserer Pressekonferenz: Herrn Rainer Hüther, Vorsitzender der Geschäfts­führung des Deutschen SportFernsehens und Vorstand von EM-TV, der die privaten Anbieter vertritt, und Herrn Dr. Illgner-Fehns, Mitglied der Geschäftsleitung des Instituts für Rundfunktechnik, das hier auf deutscher Seite viel für die Entwicklung von DMB geleistet hat. Auch wenn er derzeit noch nicht bei uns ist, begrüße ich sehr herzlich Herrn Herbert Tillmann, den Technischen Direktor des Bayerischen Rundfunks. Die Zusammenarbeit mit dem BR in der Vorbereitung dieses Projekts war auf allen Ebenen produktiv, wie wir das auch von anderen gemeinsamen Projekten kennen. Über die Teilnehmer an der Pressekonferenz hinaus möchte ich die anwesenden Vertreter der weiteren Projektpartner von MI FRIENDS willkommen heißen, ebenso die bereits anwesenden Vertreter von Mobiles Fernsehen Deutschland, der Debitel, T-Systems und Samsung. Last but not least begrüße ich Thomas Fraps, u.a. Moderator der Sendung “Faszination Wissen” im Bayerischen Fernsehen, der uns in einer Präsentation zum Auftakt der Pressekonferenz DMB anschaulich, intelligent und wohl auch ein Stück magisch nahe bringen wird.
 
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
 
noch vor drei Monaten hat kaum jemand für möglich gehalten, dass DMB in Deutschland tatsächlich zum Beginn der Fußballweltmeisterschaft 2006 starten wird. Zu langsam und kompliziert seien die Entscheidungsprozesse der Landesmedienanstalten, zu kurz die Vorbereitungszeit für Netz- und Plattformbetreiber und auch die Frage der Endgeräte für den deutschen Markt galt zunächst als nicht geklärt. Das Handelsblatt titelte in diesem Sinne vor fast genau drei Monaten, am 08.03.2006: „Handy-TV hat den Startschuss verpasst“. Trotz dieser weitverbreiteten Skepsis ist das DMB-Projekt von MFD und Debitel vor einer Woche in Berlin, Frankfurt, Köln München und Stuttgart gestartet. In wenigen Wochen werden weitere Städte folgen und im kommenden Jahr sollen 75 Prozent der Bevölkerung das Angebot nutzen können. Heute erleben wir hier in München den Start des ersten Teilprojekts unseres europäischen DMB-Projekts MI FRIENDS. Zudem ist in der vergangenen Woche auch ein zeitlich befristeter technischer Betriebsversuch für DVB-H in Berlin, Hamburg, Hannover und München auf den Weg gebracht worden.
 
Die beiden DMB-Projekte profitieren enorm von der Entwicklung in Südkorea, ja sie wären ohne diese Entwicklung und die Zusammenarbeit kaum denkbar und das gilt nicht nur für die Endgeräte. Wir alle wissen, dass Südkorea in diesem Bereich weltweit führend ist. Im Mai vergangenen Jahres wurde dort DMB auf Satellitenbasis eingeführt und im Dezember 2005 wurden weltweit erstmals auch terrestrische DMB-Dienste im Regelbetrieb gestartet. Nach nur einem Jahr gibt es in Südkorea etwa 800.000 DMB-Nutzer. Bis zum Jahresende sollen 5 Millionen Geräte umgesetzt und 90 Prozent des Landes mit DMB abgedeckt sein.
 
Die Entwicklung und auch die Diskussion um DMB in Deutschland ist ein Indikator für eine nachhaltige Veränderung unserer Medienlandschaft, meine Damen und Herren. Weltweit erleben wir wie international agierende Online-Unternehmen, u.a. Google, Microsoft und Yahoo und globale Player aus dem Bereich der Telekommunikation wie Vodafon und die Deutsche Telekom mit ihrer enormen wirtschaftlichen Macht in den Medienmarkt drängen und damit in Konkurrenz treten zu den klassischen Medienunternehmen. Erstmals deutlich wurde das in Deutschland mit dem Verkauf der Bundesligarechte durch die Deutsche Fußball Liga Ende vergangenen Jahres. Nicht mehr die klassischen Medienunternehmen, sondern ARENA, ein Tochterunternehmen des Kabelnetzbetreibers Unity und die Deutsche Telekom haben zentrale Rechte zugesprochen bekommen. – Alle Unternehmen, die sich im Medienmarkt bewegen, ob eingesessen oder neu, wollen gute Geschäfte machen. Dagegen ist nichts zu sagen, im Gegenteil. Wettbewerb kommt immer dem Kunden zu Gute. Worauf es ankommt ist, dass dieser Wettbewerb unter fairen Bedingungen stattfindet. Lassen Sie mich dazu einige Anmerkungen machen.
 
Wenn man die Aktivitäten der Deutschen Telekom in den letzten Monaten betrachtet – das gilt mit gewissen Abstrichen aber auch für andere Telekommunikationsunternehmen – stellt man fest, dass es eine neue Verbindung gibt zwischen Plattform und Inhalt. Die derzeitige Regulierung geht dagegen noch von der klassischen Trennung zwischen Netzen und Inhalten aus. Da es mittlerweile erste Fälle gibt, bei denen diese Trennung nicht mehr existiert, bedarf es hier neuer Regelungen, zumindest solange kein hinreichender Wett­bewerb bei den Netzen besteht. Bei vertikal integrierten Unternehmen besteht immer die Gefahr, dass eigene Inhalte anderen, konkurrierenden Inhalten vorgezogen werden. Es geht also darum, einen chancengleichen und diskriminierungsfreien Zugang aller Anbieter zu den Plattformen sicherzustellen. Nötig ist dazu aus meiner Sicht die Offenlegung der Plattform­verträge, getrennte Buchführung, sowie das Untersagen von Quersubventionierung. Auch bei Navigation und elektronischer Programmführung muss Chancengleichheit sichergestellt sein. Man muss darüber hinaus diskutieren, ob es unter Wettbewerbsgesichtspunkten hinnehmbar ist, wenn die Telekom anderen DSL-Anbietern den Zugang zu Bildern der Bundesliga verweigert oder ARENA Satellitenkunden zu ungünstigeren Bedingungen beliefert als die eigenen Kabelkunden. Die Absichten dahinter sind eindeutig: Man will die eigene Position gegenüber den Wettbewerbern verbessern. Ein Unterschied besteht allerdings zwischen ARENA und der Telekom, im Hinblick auf die Übertragung der Bundes­liga: Die Rolle der Telekom ist nach der Vereinbarung mit Premiere eine reine Dienst­leistungsfunktion. Die medienrechtliche Verantwortung über die Inhalte liegt allein bei Premiere.
 
Im digitalen Kabel sind wir lange von annähernd unbegrenzten Kapazitäten ausgegangen. Heute, in der Übergangsphase von analog zu digital, werden gerade dort die Grenzen sichtbar, wo Netzbetreiber eigene Pakete einspeisen. Es besteht konkret die Gefahr, dass dies auf Kosten Dritter geht. Ich habe in den letzten Wochen mehrere Briefe und Anrufe von kleinen, unabhängigen TV-Anbietern und Teleshoppingunternehmen erhalten, denen droht aus dem Kabel genommen bzw. mit anderen Angeboten zeitpartagiert auf einem Kanal ausgestrahlt zu werden. Die Medienaufsicht muss in Zukunft genau hinsehen, wenn es um den Verbleib solcher und lokaler/regionaler Inhalte geht.
 
Angesichts der komplexen Entwicklungen bedarf es sowohl einer Anpassung des Medien­rechts als auch des Telekommunikationsrechts. Ich habe in letzter Zeit immer wieder darauf hingewiesen, dass die auch gesetzlich vorgeschriebene Zusammenarbeit zwischen den Landesmedienanstalten, der Bundesnetzagentur und den Kartellbehörden intensiviert und verbessert werden muss. Im Grunde haben wir damit auch gute Erfahrungen gemacht. Kontraproduktiv ist allerdings, wenn die Bundesnetzagentur, wie Anfang des Jahres geschehen, Eckpunkte über die künftige Verteilung von digitalen terrestrischen Frequenzen veröffentlicht ohne Absprache mit den Ländern, obwohl die Länder dafür zuständig sind.

Die in dem Papier zum Ausdruck kommende Haltung der Bundesnetzagentur, digitale Rundfunkfrequenzen im wesentlichen für Nicht-Rundfunkdienste zu verwenden, ist weder für die Länder, noch für die Rundfunkanbieter und Landesmedienanstalten akzeptabel. Dies hat im Übrigen auch der Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder und rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck in einem Brief an den Bundeswirtschaftsminister Glos deutlich zum Ausdruck gebracht. Man konnte zudem in den letzten Monaten bei einigen Äußerungen aus den Chefetagen großer Telekommunikations- und Mobilfunkunternehmen den Eindruck gewinnen, dass sich diese Unternehmen teilweise schwer tun, zu akzeptieren, dass sie sich an Regeln halten müssen, wenn sie massenkommunikative Inhalte anbieten. Das ist für mich etwas verwunderlich, weil ich andererseits als Vorsitzender der Kommission Jugendmedienschutz durchaus positive Erfahrungen mit diesen Unternehmen in Sachen Jugendschutz gemacht habe.
 
Entscheidend für die Intensität und Ausprägung der Regulierung bleiben die Inhalte, deren Meinungsrelevanz und mögliche Wirkung. Deshalb werden auch in Zukunft Rundfunk­angebote – unabhängig vom Verbreitungsweg – einer intensiveren Regulierung unterliegen als Mediendienste. – Noch ein letztes Wort zur Sorge der Rundfunkunternehmen im Wettbewerb mit den Telekommunikations- und Mobilfunkunternehmen benachteiligt zu werden: Dass die Mobilfunkunternehmen jetzt für den auf zwei Monate begrenzten DVB-H-Showcase die Genehmigungen erhalten haben, ist keine Präjudizierung im Hinblick auf eine endgültige Regelung. Es geht, wie ich bereits am Anfang betont habe, um einen fairen Interessenausgleich zwischen allen Marktteilnehmern.
 
Die Digitalisierung und die damit einhergehende technische Konvergenz haben die gesamte Medienbranche einem grundlegenden Wandel unterworfen. Die Zeiten, in denen Fernsehen, Radio und Zeitung ihre jeweiligen Hoheitsgebiete mehr oder weniger unangefochten verteidigen konnten, gehören zunehmend der Vergangenheit an. Dies gilt in besonderem Maße für lokale und regionale Anbieter und mittelständische Unternehmen. Gerade sie müssen sich im entgrenzten Wettbewerb um digitale Inhalte positionieren. Für mich steht außer Frage, dass sie dank jahre- und jahrzehntelanger Erfahrungen und Kompetenzen im Inhaltegeschäft hier Wesentliches einzubringen und zur Gestaltung der Medienzukunft beizutragen haben.
 
Unser DMB-Projekt MI FRIENDS, das heute in München und in zwei bis drei Monaten in Regensburg starten wird, wo insbesondere lokale Inhalte und Dienste eine Rolle spielen sollen, ist ein wichtiger Mosaikstein, um zu gewährleisten. dass die mittelständischen Medienunternehmen an der digitalen Entwicklung teilhaben. – Neueste Umfragen zeigen, dass die Chancen groß sind, dass sich „Mobile Broadcasting“ zu einem hochinteressanten Geschäftsfeld für alle Beteiligten entwickeln kann. Ein Projekt wie MI FRIENDS, das „Mobile Broadcasting“ erlebbar macht, leistet dazu einen wichtigen Beitrag.
 
Ich freue mich jetzt, das Wort an den südkoreanischen Minister für Information und Telekommunikation, Mr. Rho, übergeben zu dürfen.