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Positionen & Reden

Grußwort zu den MEDIENTAGEN 2009 von Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Medientage München GmbH und Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM)

28.10.2009 | P&R

- ES GILT DAS GESPROCHENE WORT! -

Sehr geehrter Herr Minister,
sehr geehrter Herr Precht,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich heiße Sie hier im Internationalen Congress Center der Messe München zu den
23. MEDIENTAGEN herzlich willkommen.

Die MEDIENTAGE stehen in diesem Jahr unter dem Leitsatz „MUT – Medien und Transformation“. Dieses Motto trifft in mehrfacher Hinsicht die derzeitige Situation: Die Transformation ist gegenwärtig das Thema, das uns alle am stärksten bewegt, egal in welchem Segment der Medienbranche wir tätig sind. Und diese Transformation erfordert Mut. Mut neue Wege zu gehen, nach neuen Lösungen zu suchen, denn in der Medienbranche wird in den kommenden Jahren wenig so bleiben, wie es derzeit ist.
Sie alle kennen die Eckpunkte des gegenwärtigen Transformationsprozesses, der zwei unterschiedliche Treiber hat, zum Einen die Digitalisierung, zum Anderen die nach wie vor anhaltende Wirtschaftskrise. Wenn wir von Transformation sprechen, dann reden wir von Strukturen, Inhalten und Technologien. - Laut seriösen Prognosen werden in diesem Jahr die weltweiten Werbeinvestitionen um 8,5 Prozent zurückgehen. Dieser Rückgang trifft die einzelnen Bereiche der Branche unterschiedlich hart. Während der Online-Werbemarkt weiterhin gute zweistellige Wachstumsraten verzeichnet, müssen die privaten Fernsehsender und vor allem die Zeitungs- und Zeitschriftenverlage zum Teil massive Einbußen hinnehmen. Bei den Fernsehsendern bedeutet das oft noch mehr Sparen, aufwändige Neuproduktionen verschieben, hochwertige Formate gegen möglichst günstige Eigen- oder Kaufproduktionen tauschen. Zugleich lässt eine effiziente Ordnungspolitik, etwa im Hinblick auf Gewinnspiele, nur geringe Spielräume für neue Geschäftsmodelle.

Noch virulenter sind die Probleme der Verlage, denn hier verspricht Sparen allein keine Lösung. Bei ihnen geht es um nicht weniger als einen radikalen Strukturwandel, vom Papier ins Netz, von Gratis-Inhalten zum Paid-Content. Wenn dieser Übergang nicht gelingt, wird das nicht nur für die Verlagsbranche dramatische Folgen haben, sondern für die ganze Gesellschaft. Angesichts der bestehenden Verhältnisse kann nicht allein der Rundfunk im Fokus dieser MEDIENTAGE stehen. Diesem Faktum sollte bereits der Mediengipfel Rechnung tragen.

Gestatten Sie mir dennoch, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass ich in meiner kurzen Analyse der Themen, die uns in den kommenden drei Tagen beschäftigen werden, mit dem Rundfunk beginne. Und da kommt man nicht umhin, festzustellen, dass einer der wenigen Gewinner des derzeitigen Transformationsprozesses zweifellos der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist. Mit Einnahmen von rund 8 Mrd. Euro aus Gebühren und Werbung ist er das finanziell am besten ausgestattete öffentlich-rechtliche System der Welt. Während beim privaten Rundfunk nach zwei einschneidenden Werberezessionen in den zurückliegenden acht Jahren die finanzielle Basis und damit ein Stück weit auch publizistische Substanz schwindet, rüstet der öffentlich-rechtliche Rundfunk, ausgestattet mit einer neuen Gebührenerhöhung zusätzlich im Internet auf. Während wir uns mit einem äußerst schwierigen Drei-Stufen-Test-Modell herumschlagen, das u.a. auf 40 Telemedien-Konzepte angewendet werden muss, geht in Ländern wie Frankreich und Großbritannien die Politik selbstverständlich daran, eine weitere Expansion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu unterbinden, um privaten Medienunternehmen in einem äußerst schwierigen Umfeld Entwicklungschancen zu ermöglichen. Bei den Landesmedienanstalten hat im Übrigen die Art und Weise wie mit unseren Vorschlägen zum Drei-Stufen-Test umgegangen wurde, ganz erheblich Zweifel genährt, ob von öffentlich-rechtlicher Seite darüber eine offene und transparente Diskussion überhaupt gewünscht wird.

Während der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch in Zukunft aus dem Vollen schöpfen kann, sind private TV-Anbieter angesichts von durchweg zweistelligen Einnahmerückgängen gezwungen, drastisch zu sparen, denn die Folgen der Werberezession lassen sich kaum durch die kommenden Möglichkeiten beim Product-Placement oder über Einnahmen aus der HD-Ausstrahlung von Programmen kompensieren. Angesichts dieser Marktsituation liefern die privaten Fernsehanbieter insgesamt immer noch und immer wieder eine erstaunliche Programmqualität im internationalen Vergleich. – Wenn wir über den Zustand des dualen Systems sprechen, sollten wir im Übrigen auch nicht außer Acht lassen, dass auch unsere Produktionslandschaft immer stärker unter den gegebenen Verhältnissen in Mitleidenschaft gezogen wird. Zudem stellt sich natürlich die Frage, woher das Geld für den digitalen Umstieg des Hörfunks kommen soll?
Bedrohlich ist die Situation für die Zeitungs- und Zeitschriftenverlage. So haben die deutschen Tageszeitungen in den letzten 20 Jahren etwa ein Viertel ihrer Auflage verloren.
Die Werbeeinnahmen, die über Jahrzehnte zwei Drittel des Umsatzes ausmachten, decken mittlerweile nur noch etwa 50 Prozent des Gesamtbudgets. Dazu kommt, dass die Zeitungen deutlich stärker als Hörfunk und Fernsehen Nutzer an das Internet verlieren. Die Printmedien stehen also vor der riesigen Herausforderung, so schnell wie möglich Geschäftsmodelle für das Internet finden zu müssen. Das ist angesichts der ausgeprägten Gratiskultur des Netzes schwer genug. Klar ist, wer auch in Zukunft Qualität im Netz will, kommt um eine Bezahlung für entsprechende Inhalte nicht herum. Mangelnde Einkünfte für Inhalte-Anbieter werden sonst über kurz oder lang zu Qualitätsverlusten im Print- und Onlinebereich führen. Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe unterschiedlicher Erlösmodelle für publizistische Inhalte im Netz und jeder Verlag wird für sich selber entscheiden müssen, welches Modell für ihn das Beste ist. Notwendig ist jedoch, dass alle großen Verlagshäuser hinter der Idee des Paid-Content stehen, damit sie funktionieren kann. Wichtig sind Bündnisse, wie beispielsweise das Modell „Journalism Online“ in den USA oder ein ähnliches Modell, wie es Burda bei „nachrichten.de“ praktiziert, also Modelle, bei denen über eine Plattform Inhalte aus unterschiedlichsten Quellen angeboten und die Urheber am Umsatz beteiligt werden.

Wenn man sich Gedanken macht über die Zukunft unserer Verlagslandschaft, muss man in diese Überlegungen automatisch zwei ganz unterschiedliche Unternehmen einbeziehen. Das sind einerseits Google und andererseits wieder der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Es liegt auf der Hand, dass die Nachrichtenportale des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit ihren Qualitätsinhalten inhaltlich ähnlich gelagerte Pay-Online-Angebote von Verlagen unterlaufen. Denn wer ist schon bereit, für Inhalte zu bezahlen, wenn er sie beispielsweise ähnlich bei tagesschau.de umsonst bekommt? In manchen Diskussionsbeiträgen der letzten Monate wurde angemerkt, dass sich die Medienpolitik aus dem Bereich des Internets weitgehend zurückgezogen hat und „nun schüchtern und ahnungslos am Wegrand steht“, wie es Bodo Hombach neulich formuliert hat. Das ist richtig, wenn auch zweischneidig. Um beim konkreten Beispiel zu bleiben: Die Politik kann im Internet keine Bezahlmodelle durchsetzen, aber sie könnte sehr wohl die Konkurrenz durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Zaum halten. Die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist so gesehen nicht zu Ende diskutiert.

Ein Wort noch zu Google: 22 Mrd. Dollar erwarteter Jahresumsatz in 2009, damit 70 Prozent des gesamten Online-Werbeumsatzes in den USA und immerhin noch 50 Prozent des Online-Werbemarktes in Deutschland; etwa 90 Prozent Marktanteil bei den Suchmaschinen hierzulande, das bedeutet, dass täglich 35 Mio. Menschen in Deutschland allein die Google Suchmaschine nutzen. Das sind Nutzungszahlen, die kein anderes Medium auch nur annähernd erreicht. Dazu kommen zahlreiche Projekte, die durch die bloße Marktmacht des Unternehmens auf Viele beängstigend wirken. Man muss Google nicht fürchten, aber natürlich muss der Einfluss von Google auf die öffentliche Meinungsbildung thematisiert werden. Die MEDIENTAGE sind hierfür eine geeignete Plattform, wie für viele andere aktuelle Themen, auf die ich hier nicht eingehen konnte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

bevor ich das Wort an Herrn Medienminister Schneider übergebe, möchte ich mich schon im Voraus bei Helmut Markwort für die Moderation des Mediengipfels bedanken. Herzlich willkommen heißen möchte ich die Teilnehmer am Mediengipfel. Mein besonderer Gruß gilt dabei dem ARD-Vorsitzenden und Intendanten des SWR, Peter Boudgoust, dem Vorstandsvorsitzenden der ProSiebenSat.1 Media AG, Thomas Ebeling und René Obermann, dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Telekom, die gemeinsam mit Staatsminister Schneider heute erstmals die Diskussion bereichern werden. Abschließend möchte ich den Organisatoren der MEDIENTAGE, allen voran Herrn Kors, Herrn Müller und Herrn Tusch und ihrem Team für die Organisation der 23. MEDIENTAGE MÜNCHEN danken. Mein Dank gilt darüber hinaus der Bayerischen Staatskanzlei für die politische Unterstützung und finanzielle Förderung. – Allen Besuchern der MEDIENTAGE wünsche ich für die kommenden drei Tage neue, gewinnbringende Erkenntnisse, spannende Diskussionen und nicht zuletzt auch gute Unterhaltung.