Cookie Hinweis

Suche

Positionen & Reden

Grußwort von BLM-Präsident Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring zum BLM-Forum „Bezahlfernsehen: sein Wert, sein Preis“ am 27.01.2011 in München

27.01.2011 | P&R 2011

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Sehr geehrter Herr Lauff,
sehr geehrte Podiumsteilnehmer,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich darf Sie sehr herzlich begrüßen zum ersten BLM-Forum im Jahr 2011. Bezahlfernsehen ist das Thema der heutigen Veranstaltung. Man muss nicht soweit gehen, Bezahlfernsehen als schillernden Begriff zu bezeichnen, aber es ist doch ein Begriff, der erklärungs- bzw. definitionsbedürftig ist. Denn ist nicht letztlich alles Fernsehen auch Bezahlfernsehen? Angefangen beim öffentlich-rechtlichen Angebot, für das derzeit eine gerätebezogene Rundfunkgebühr entrichtet werden muss und ab 2013 von jedem Wohnungsinhaber und jedem Betriebsstätteninhaber ein Rundfunkbeitrag, unabhängig von der tatsächlichen Nutzung. Georg Kofler würde das „Zwangsbeitrag“ nennen, so wie er früher von der „Zwangsgebühr“ gesprochen hat. Wir alle bezahlen für das öffentlich-rechtliche Fernsehen und selbstverständlich auch für den Hörfunk. Wir bezahlen - soweit wir Kabelkunden sind - für ein Basis-Kabelangebot, unabhängig davon, um welchen Kabelnetz-Betreiber es sich handelt. Wir bezahlen auch an die Telekommunikationsunternehmen, die IPTV anbieten. Wir bezahlen an ASTRA, wenn wir private HD-Programme empfangen wollen. Wir bezahlen also prinzipiell auch für das sogenannte freie Fernsehen und wenn es nur mit unserer Aufmerksamkeit für die Werbespots ist. - Alles also Bezahlfernsehen? Ja und nein.

Hier und heute soll es primär um eine engere Definition des Begriffs gehen. Im Mittelpunkt soll nicht das öffentlich-rechtliche Angebot stehen, es sei denn, es handelt sich um geplante Pay-Inhalte. Es geht nicht um die Basispakete von Kabelnetz- oder IPTV-Plattformbetreibern. Es geht konkret um Sky, um die sogenannten Premium-Angebote unterschiedlicher Netzbetreiber, um Video-on-Demand-Plattformen. Es geht auch um eine Plattform wie HD+ von ASTRA.

Für diese speziellen Pay-TV-Angebote im engen Wortsinn haben wir mit der heutigen Veranstaltung einen passenden Termin gewählt, denn Ende Februar 2011 ist es genau
20 Jahre her, dass der Pay-TV-Anbieter Premiere gegründet wurde. Nun ist die ganz überwiegende Mehrheit der Medienexperten hierzulande seit vielen Jahren der Meinung: Pay-TV in Deutschland mag Vieles sein, aber kein Grund zum Feiern. Und es lässt sich kaum leugnen: Für diese Sicht der Dinge gibt es gute Argumente. Als im Sommer 2010 bekannt wurde, Sky Deutschland, - Sie erinnern sich, die Umbenennung von Premiere zu Sky erfolgte ein Jahr davor, - benötige noch einmal eine Finanzspritze in Höhe von 340 Mio. Euro – es wurden schließlich 400 Mio. Euro - war das der Aufhänger für eine Art Grabrede im „Spiegel“, die überschrieben war mit „Der letzte Schuss“. Im Text hieß es u.a.: „ Pay-TV ist eine der teuersten Investitionsruinen der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Rund sechs Milliarden Euro wurden bei Teleclub, Premiere, DF1 und schließlich Sky in der irrwitzigen Hoffnung verbrannt, irgendwann einmal profitabel zu sein. Was eigentlich muss noch geschehen, damit auch der Letzte begreift, dass hier kein Geld zu verdienen ist.“ Zitat Ende.

Ich habe die sechs Milliarden Euro nicht nachgerechnet, gehe aber davon aus, dass diese Summe in etwa richtig sein wird. Die Geschichte von Premiere war keine Erfolgsgeschichte und fast eineinhalb Jahre sah es so aus, als sollte sich das auch unter neuem Namen und neuem Management nicht ändern. Aber nun gibt es Hoffnung am Horizont: Erstmals seit langem werden relevante Abonnentenzuwächse, niedrigere Kündigungsraten als beim großen Bruder BSkyB und die höchste Kundenzufriedenheit seit Jahren vermeldet. Gleiches gilt für den durchschnittlichen Umsatz pro Kunde. Dieser Erfolg, der noch nicht ein Durchbruch ist, aber immerhin eine Ermutigung, hat einen Namen: Es ist Brian Sullivan, seit April 2010 Vorstandsvorsitzender von Sky Deutschland. Ein Mann, der allen Unkenrufen zum Trotz an den Erfolg von Pay-TV in Deutschland glaubt. Mr. Sullivan, a very warm welcome to you.
Seit er das Ruder übernommen hat, hat sich einiges getan: Die Anzahl der HD-Programme wurde ausgebaut, es gibt einen 3D-Kanal, den Festplattenrekorder Sky+, der zeitversetztes Fernsehen ermöglicht, Sky-Angebote sind auf den mobilen Apple-Geräten und der X-Box von Microsoft empfangbar und man ist in Verhandlungen mit den großen Kabelnetzbetreibern im Hinblick auf gemeinsame Vermarktung und gemeinsamen Vertrieb. Mit Kabel BW hat man sich bereits geeinigt. Ich bin sicher, über all das und zukünftige Pläne wird uns Brian Sullivan berichten und auch darüber, wie das so schnell gehen konnte, dass Sky Deutschland jetzt Geld verdient, wie James Murdoch am Dienstag in München berichtete.

Natürlich steht Sky Deutschland unter Erfolgsdruck, denn die Konkurrenz schläft nicht. Die großen Netzbetreiber haben bei Pay-TV in den letzten Monaten zugelegt, was ihre Verhandlungsposition gegenüber Sky durchaus stärkt. Auf der anderen Seite hat man mit der Deutschen Telekom einen großen gemeinsamen Konkurrenten. Die Telekom hat im Bereich des Pay-TV ehrgeizige Pläne. Der Vorstandsvorsitzende René Obermann hat als Ziel ausgegeben, bis 2015 der größte Pay-TV-Anbieter in Deutschland zu sein. Auch Vodafone ist wieder in den IPTV- und Pay-TV-Markt eingestiegen. Die Digitalisierung und der Durchbruch bei den HDTV-Geräten erweisen sich als Treiber für Pay-TV in Deutschland.

So ist es keine Überraschung, dass alle großen Beratungsunternehmen im Pay-TV einen Wachstumsmarkt sehen, von dem sie erwarten, dass er in den kommenden Jahren um jährlich 5 bis 7 Prozent zulegen wird. Noch deutlich höher werden die Zuwachsraten im Bereich Video on Demand eingeschätzt, wobei das Marktvolumen im Vergleich zum Gesamtmarkt überschaubar bleiben wird. So erwarten PriceWaterhouseCoopers im German Entertainment und Media Outlook 2010 bis 2014, dass im Jahr 2014 insgesamt 24 Mio. Filme per Download oder Streaming entliehen werden, bei einem Preis von durchschnittlich vier Euro.

Tatsache ist, dass wir zahlreiche kleine Pay-TV-Sender in Deutschland haben, deren Geschäftsmodell funktioniert. Sie bieten maßgeschneiderte Inhalte für klar definierte Zielgruppen, haben ein hohes Qualitätsniveau und werden über verschiedene Plattformen angeboten. Inwieweit es erfolgversprechend ist, vom Free-TV ins Pay-TV zu wechseln, werden wir am Beispiel MTV hören. Und auch das Thema Grundverschlüsselung wird sicher angesprochen werden, die aus meiner Sicht dazu beitragen kann, Pay-TV einen weiteren Schub zu geben.

Schon heute ist die These falsch, dass Pay-TV in Deutschland nicht erfolgreich ist. Und ich bin überzeugt, dass trotz Internet, Apple TV und Google TV die Marktanteile von Pay-TV in den kommenden Jahren weiter zunehmen werden. Welche Strategien die einzelnen Anbieter dabei verfolgen, werden wir im Folgenden hören. Ich darf nun das Wort an unseren Moderator Werner Lauff weitergeben, der uns sicher gewohnt souverän durch diese Veranstaltung führen wird.