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Positionen & Reden

Grußwort von BLM-Präsident Siegfried Schneider zur Präsentation des Web-TV-Monitors 2015 am 21. Januar 2016

21.01.2016 | P&R 2016
Sehr geehrte Damen und Herren,
 
ich heiße Sie hier im Werk 1 ganz herzlich willkommen. Wo könnten wir besser über die Potenziale von Bewegtbildern im Internet diskutieren als in einem Gründerzentrum für die digitale Wirtschaft? Die Ergebnisse des aktuellen TNS Convergence Monitor zeigen, dass wir inzwischen 17 Prozent der Zeit unserer Online-Mediennutzung mit dem Anschauen von Videos verbringen – Tendenz stark steigend! Ein Ende dieser Entwicklung ist angesichts steigender Bandbreiten bei Internetverbindungen und angesichts der enormen Dynamik der Märkte für digitale Endgeräte und Verbreitungstechnologie nicht absehbar.
 
Die Nutzung von Bewegtbildern erfolgt zunehmend non-linear. Vor allem junge Menschen machen das Internet zum Zentrum ihrer kompletten Mediennutzung. Sie konsumieren Bewegtbildangebote online, immer und überall, sozusagen als „Video to go“. Tablets und Smartphones machen es möglich. Fast die Hälfte aller deutschen Online-Nutzer sieht einmal wöchentlich Videoclips, Serien oder Filme via Internet: entweder per Streaming oder als Download, entweder gratis oder gegen Entgelt per Video on Demand. Bei den 14- bis 29-Jährigen liegt der Anteil derer, die mindestens einmal pro Woche Internet-Videos nutzen, sogar bei fast 80 Prozent. Selbst in der Gruppe der 30- bis 49-Jährigen gaben immerhin 51 Prozent der Befragten im vergangenen Jahr an, mindestens einmal pro Woche im Internet Videos anzuklicken.
 
Männer unter 30 Jahren, so ergab die ARD/ZDF-Onlinestudie, nutzen Videos im World Wide Web am stärksten – etwa die Hälfte dieser Altersgruppe in Deutschland sogar täglich. Aber auch von den Frauen unter 30 Jahren schaut im Durchschnitt jede fünfte täglich Online-Videos. Übrigens: 16 Prozent der Online-Nutzer, so ergab die ARD/ZDF-Onlinestudie, sehen weniger fern, seit sie Videos im Internet nutzen. Bei den 14- bis 29-Jährigen verweilt bereits jeder dritte Fan von Online-Bewegtbildern kürzer vor dem TV-Bildschirm, bei den Männern dieser Altersgruppe gilt dies sogar für 41 Prozent.
 
Wachstum und Ausdifferenzierung des Online-Bewegtbildmarktes stehen erst am Anfang. Moderne Smart-TV-Geräte erlauben es, dass lineare und non-lineare Bewegtbilder auf ein und demselben Bildschirm erscheinen. Over-the-top-TV (OTT-TV), bei dem audiovisuelle Inhalte via Online-Verbindung auf den TV-Bildschirm gelangen, bedeutet, dass Internet-Videos nicht nur eine Sache für PC, Laptop oder Second Screen sind, sondern auch auf dem großen Flachbildschirm im Wohnzimmer geschaut werden können. Und deshalb konkurrieren ARD und ZDF, RTL und Sat.1 auf dem TV-Monitor längst mit der gesamten Web-TV-Welt.
 
Die Verbreitung von mobilen Endgeräten mit Online-Zugang, den sogenannten Mobile Devices, und von internetfähigen TV-Flachbildschirmen schafft ständig neue Nutzerumgebungen für Web-TV. Per Smartphone und Tablet werden am liebsten kürzere Videos geschaut, über die Smart-TV-Geräte häufig online auch lange Sendungen oder komplette Filme abgerufen.
 
Für YouTube sind die Video-Abrufe mit mobilen Endgeräten bereits wichtiger als Video on Demand über stationäre Computer. Meist fungieren YouTube-Clips als kleiner Video-Snack zwischendurch. Und so wundert es nicht, dass Videos auf Abruf generell weniger lange geschaut werden als beispielsweise Live-Streams. Bei Twitch, der weltweit größten Live-Streaming-Plattform, liegt die tägliche Nutzungsdauer mittlerweile bei mehr als 100 Minuten pro Tag und Nutzer.
 
Die BLM hat erstmals im Jahr 2010 Marktdaten zur Anzahl, Nutzung und Relevanz der Web-TV-Angebote in Deutschland ermitteln lassen. Die aktuelle Studie Web-TV-Monitor ist eine Kooperation zwischen der BLM und der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg, LFK. Zwar lag die Zahl der klassischen Web-TV-Angebote 2010 in Deutschland mit 1275 über dem heutigen Wert. Allerdings existieren inzwischen rund 8.000 deutsche YouTube-Kanäle. Deshalb ist es nur konsequent, dass der Web-TV-Monitor 2015 erstmals auch YouTube-Angebote berücksichtigt.
 
YouTube ist mit mehr als einer Milliarde Nutzern pro Monat die weltweit dominierende Online-Bewegtbildplattform. Kein Wunder also, dass sich die Google-Tochterfirma für alle Web-TV-Anbieter längst als wichtigste fremde Video-on-Demand-Plattform etabliert hat. Indes holt Facebook in diesem Bereich mächtig auf. Was könnte besser geeignet sein, um die Reichweite eines Videos zu vergrößern als ein soziales Online-Netzwerk?
 
Dass das Internet inzwischen auch für TV-Programmanbieter ein wichtiger Verbreitungs­kanal ist, machen nicht nur die Mediatheken deutlich, sondern auch die Multichannel-Networks der beiden großen deutschen TV-Senderfamilien. Studio 71 und Seven One (beide ProSiebenSat.1 Media SE) sowie Divimove und Broadband TV (beide RTL Group) gehören zu den zwanzig erfolgreichsten YouTube-Netzwerken in Deutschland.

Das Besondere an Bewegtbildern im Internet ist, dass im Online-Bereiche die Interaktion mit anderen Nutzern immer nur einen Mausklick weit entfernt ist. So löst das Web-TV ein Versprechen ein, das so alt ist wie die Diskussionen über interaktives Fernsehen.
 
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
 
noch steht das Medium Web-TV erst am Anfang seiner Entwicklung – und ist dennoch bereits ein Massenmedium! Der Online-Bewegtbildmarkt hat eine erste Phase der Konsolidierung hinter sich. Die Inhalte werden immer professioneller, werden dem immer ähnlicher, was wir vom klassischen Fernsehen her gewohnt sind. YouTube und Facebook, aber vielleicht auch Twitch, Periscope, Instagram oder Snapchat könnten dazu beitragen, die Reichweiten von Online-Videos so zu steigern, dass sich diese auch über Werbung monetarisieren lassen.
 
Wie Branchen-Vertreter selbst die Marktaussichten beurteilen, wird Ihnen gleich Prof. Dr. Klaus Goldhammer erläutern. Und welche Rolle spielt YouTube? Dazu kann uns Bertram Gugel sicher spannende Ausführungen machen. Im Rahmen der sich anschließenden Podiumsdiskussion aber sollten wir auch über die Inhalte von Web-Videos diskutieren. Wie steht es um deren publizistische Qualität und Relevanz? In welchem Verhältnis steht das Medium Fernsehen zum Web-TV?
 
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
 
in diesem Sinne freue ich mich auf die nun folgenden Präsentationen und auf die Diskussion mit Ihnen.