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Positionen & Reden

Grußwort von BLM-Präsident Siegfried Schneider zur Veranstaltung „TV-Apps – The World of Connected TV“ am 31. Mai 2016

31.05.2016 | P&R 2016
Sehr geehrte Frau Chardon,
sehr geehrte Frau Grohmann,
sehr geehrter Herr Körner,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
 
immer mehr TV-Zuschauer tauschen ihr Fernsehgerät zu Hause gegen eine multimediale Entertainment-Zentrale mit Internetanschluss. Moderne Smart-TV-Geräte mutieren im Heimnetzwerk zu einer Mischung aus HD-Fernsehmonitor, Online-Plattform und Smartphone XXL. Etwa jeder vierte deutsche TV-Haushalt hat inzwischen das Fernsehgerät mit einem Online-Anschluss in ein High-Tech-Kino verwandelt, das viel mehr ist als nur eine TV-Leinwand: Inhalte können auf Knopfdruck aus virtuellen Streaming-Videotheken heruntergeladen werden, die Fernbedienung avanciert zum Game-Controller, und auf dem Flachbildschirm tauchen plötzlich Apps auf, die wir von unseren Smartphone-Displays kennen.
 
Mehr als 25 Millionen Smart-TV-Geräte wurden in Deutschland bereits verkauft. Weil inzwischen etwa drei Viertel aller deutschen Haushalte über einen breitbandigen Internetanschluss verfügen, entdecken immer mehr Verbraucher die Möglichkeit, sich per Internetprotokoll TV-Bilder und andere Online-Services über das weltweite Datennetz auf den Flachbildschirm zu holen. Fernsehen und Internet sind so für einen Großteil des TV-Publikums kein Widerspruch mehr, sondern eine Art Symbiose eingegangen. In jedem fünften der knapp 39 Millionen deutschen TV-Haushalte, so geht aus dem Digitalisie­rungsbericht der Landesmedienanstalten hervor, war im vergangenen Jahr ein TV-Empfangsgerät an das Internet angeschlossen.
 
Die zweite Generation des Übertragungsstandards HbbTV gestattet es, mit dem Red Button über den Online-Kanal nicht nur relativ statische Microsites parallel zum TV-Programm aufzurufen, sondern auch Bewegtbilder. Mit HbbTV 2.0 ist es sogar machbar, Werbung als Bewegtbild-Overlay zu gestalten. Außerdem wird die Interaktion zwischen TV-Flachbildschirm und Geräten wie Tablet oder Smartphone erleichtert.
 
Wer einen Smart-TV-Flachbildschirm besitzt, kann über die Apps der Gerätehersteller, über den Red Button der HbbTV-Applikation oder über den Internetbrowser jederzeit von der TV- in die WWW-Welt wechseln. Die meisten Nutzer wählen zurzeit die von den Geräteherstellern vorinstallierten Apps, wenn sie nach Inhalten jenseits der Fernseh­kanäle suchen. Damit steigen Samsung, Philips, Sony, LG, Panasonic, Technisat & Co. zu mächtigen Intermediären auf. Sie produzieren zwar keine eigenen Inhalte, entscheiden aber mit darüber, welche Inhalte wen via App erreichen können.
 
Die digitale Transformation ist nicht zu übersehen und verändert nachhaltig die Medien­nutzung, aber auch die Geschäftsmodelle: Das Fernsehgerät wird zur Medienzentrale, die per Smartphone oder Tablet steuerbar ist. TV-Bilder lassen sich vom großen Monitor auf den Second oder Third Screen übertragen, können aber auch umgekehrt vom Smart­phone auf den großen Flatscreen gelangen. Die Grenzen zwischen Fernsehen und Unterhaltungselektronik sind dabei fließend. Einige große TV-Gerätehersteller (Philips, Sony) setzen bereits konsequent auf Googles Betriebssystem Android und machen den Fernsehbildschirm zum Multimedia-Tablet.
 
Bei Apple TV lassen sich einmal fürs iPhone oder iPad gekaufte Apps kostenlos auf dem TV-Bildschirm nutzen. Apples Sprachassistent Siri nimmt sogar Befehle wie „Zeige mir alle Hitchcock-Filme“ entgegen und serviert anschließend eine entsprechende Video-Auswahl aus App-Store oder Mediathek. Amazons Fire TV und Googles Chromecast bieten ebenfalls Zugang zu Streaming-Inhalten jenseits der klassischen Fernsehsphären: also zu Angeboten wie Amazon Prime, Netflix oder Maxdome. Und natürlich erlauben es moderne TV-Boxen auch, Computer- und Videospiele zu streamen.
 
Die Online-Verbindung macht es möglich, dass aus dem Massenmedium Fernsehen ein Anbieter von Bewegtbildern wird, die individualisiert und personalisiert ausgespielt werden können. Nutzer unterscheiden bei ihrem TV-Konsum inzwischen kaum noch zwischen linear und non-linear. Sie wollen vor allem eines: audiovisuelle Inhalte immer und überall, also zeit- und ortsunabhängig nutzen. Dafür bietet Smart TV Lösungen, die ebenso schlau, modern und elegant – also mit einem Wort: smart sind.
 
Außer den Inhalten lässt sich dank HbbTV zunehmend auch die TV-Werbung den individuellen Interessen einzelner Zuschauer anpassen. Das sogenannte Adressable TV bedeutet eine Chance für die Fernsehbranche im Wettbewerb um Werbekunden: Während sich im Internet aufgrund von personalisierten Nutzer-Daten Streuverluste vermeiden lassen, ist dies bei klassischer Fernsehwerbung nicht möglich. Ähnliches lässt sich nun aber durch hybride Lösungen dank der Internetverbindungen von TV-Geräten realisieren. So versetzen Big Data und Algorithmen zunehmend auch die TV-Branche in die Lage, den passenden Werbespot zur rechten Zeit beim optimalen Adressaten auszustrahlen.
 
Verbraucherschützer und die Stiftung Warentest allerdings warnen inzwischen vor den Datenschutz-Risiken. Da ist vom Spion im Wohnzimmer die Rede und davon, dass Geräte schon beim ersten Einschalten online gehen, ohne dass die Nutzer etwas davon mitbekommen.
 
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
 
wer die smarte Zukunft des Fernsehens nicht verspielen will, der muss die Sorgen von Daten- und Verbraucherschützern ernst nehmen. Vor allem aber muss er das Vertrauen der Verbraucher gewinnen und ihnen ausreichend Möglichkeiten zum Eigendatenschutz geben.
 
Für die Regulierung von Smart TV bestehen vor allem vier Herausforderungen: Erstens müssen für Online- und TV-Inhalte bei hybriden Plattformen identische Regeln gelten. Zweitens darf kein Inhalteanbieter von Geräteherstellern benachteiligt werden. Drittens müssen die Kriterien offengelegt werden, anhand derer Algorithmen Nutzern personali­sierte Angebote präsentieren. Und viertens dürfen ohne Einwilligung der Konsumenten keine Nutzerdaten gesammelt werden. Immerhin schreibt der neue Standard HbbTV 2.0 den Geräteherstellern vor, dass Verbraucher das Sammeln ihrer Nutzerdaten jederzeit abschalten können müssen.
 
Mein Fazit? Sollte es uns gelingen, verantwortungsbewusst mit den von mir geschilderten Risiken umzugehen, dann glaube ich daran, dass die TV- und Medienbranche auch weiterhin smart am Start einer verheißungsvollen Zukunft steht.
 
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.