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Positionen & Reden

BLM-Präsident Siegfried Schneider zum Tod von Dr. Erich Jooß beim Requiem am 9. November 2017 in der St. Michaelskirche

09.11.2017 | P&R 2017

Sehr geehrte Frau Jooß,
sehr geehrte Familienangehörige,
sehr geehrte Trauergemeinde,

wir nehmen heute Abschied von Dr. Erich Jooß, der leider viel zu früh von uns gegangen ist. Viel zu früh, um nach einem erfüllten Berufsleben den Ruhestand aktiv genießen zu können – als kreativer Geist mit Liebe zum Wort und zur Musik, als Ehemann, Vater und liebevoller Großvater, als engagierter Christ und nicht zuletzt als begeisterter Medienschaffender und Mitgestalter der bayerischen Medienlandschaft.

Was die Gestaltung betrifft, war sich Dr. Jooß als langjähriger Vorsitzender des Medienrates der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien durchaus bewusst, wie schwierig diese Aufgabe in der heutigen Medienwelt ist. Anlässlich seines Abschieds vom Medienrat im April dieses Jahres hat er selbst betont, dass die Länder die Medienwirklichkeit schon lange nicht mehr offensiv gestalten, sondern nur noch nachhinkend reagieren können. Das werde nicht nur am Generationengap sichtbar, der – ich zitiere – „junge Mediennutzer von älteren, traditionellen Medienkonsumenten trennt: Es wird auch sichtbar an einer wachsenden politischen und gesellschaftlichen Überforderung, der wir uns stellen müssen.“ (Zitat Ende) Gleich darauf versicherte er in seinem Rückblick aber, nicht zu den Kulturpessimisten zu gehören, die eine Verdrängung der alten Medien durch die neuen bedauern.

Aus diesen Worten können wir die abwägende Stimme heraushören, die wir genauso wie seine optimistische Grundhaltung so an seiner Arbeit für und mit dem Medienrat geschätzt haben. Seine Fähigkeit und Bereitschaft zuzuhören, seine differenzierte Auseinandersetzung mit neuen Themen und sein leidenschaftlicher Einsatz für Programmqualität, Jugendschutz und Medienpädagogik haben 14 Jahre lang die Arbeit des Gremiums unter seiner Leitung geprägt. Sein Lebensmotto „Carpe diem!“ war dabei nie ein Selbstzweck, sondern Basis für die ausgewogene Balance zwischen Emotion und Ratio. Dr. Jooß gehörte nicht zu den lauten Selbstdarstellern, sondern zu den besonnenen Moderatoren neuer Medienentwicklungen, der Offenheit für Veränderung gezeigt, sich aber auch eine gesunde Kritikfähigkeit bewahrt hat.

Als Germanist und Historiker war er sich der Kraft  und der Wirkung des Wortes bewusst und hat diese auf unterschiedliche Art und Weise eingesetzt. Der private Rundfunk und Bücher gehörten gleichermaßen zu seinen großen Leidenschaften. Im Zentrum seines Engagements für Organisationen wie das Medienhaus Sankt Michaelsbund, die BLM oder die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur stand sein Antrieb, Verantwortung als Ratgeber und Entscheider zu übernehmen: Verantwortung für die Gesellschaft, Verantwortung für eine lebenswerte Zukunft und Verantwortung für die nächsten Generationen.

Diese Verantwortungsbereitschaft war die Triebfeder für sein Wirken als Mitglied und Vorsitzender des BLM-Medienrates, in den er 1993 als Vertreter der Organisationen der Erwachsenenbildung entsandt worden war. Nach seinem Verständnis ging es im Medienrat nicht nur darum, die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben durch die privaten Rundfunkanbieter zu überprüfen, Sanktionen auszusprechen oder Regulierungsfragen zu diskutieren, sondern auch darum, die Medienausbildung der nächsten Generation zu fördern sowie Kinder und Jugendliche für den kritischen Medienkonsum zu sensibilisieren. Bei der Gründung der Stiftung Medienpädagogik Bayern war er deshalb einer der treibenden Kräfte, die sich für Projekte wie den Medienführerschein Bayern oder die Elternabende des Referentennetz­werks eingesetzt haben.

Als kritischen Moderator von Entwicklungen in Medienlandschaft und Mediengesellschaft habe ich Dr. Jooß bereits gewürdigt. Zu dieser Moderationsgabe gehörten auch seine Dialogbereitschaft und seine Zusammenarbeit mit anderen Gremien wie dem Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks oder den Gremien anderer Landesmedienanstalten. In einem Orchester, das wusste der Musikliebhaber und Jazzfan, müssen alle gemeinsam den richtigen Ton finden, aber trotzdem ihre individuelle Note bewahren. In diesem Sinne war die Zusammenarbeit mit dem Vorsitzenden des BLM-Medienrats stets von gegenseitigem Vertrauen und Respekt geprägt, ein Respekt vor Andersdenkenden, die so manche in Zeiten eines immer rüder werdenden Tons im Netz vermissen werden.

Ich denke, ich spreche auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BLM, wenn ich sage: Seine Beharrlichkeit, auch in erhitzten Wortgefechten stets den Ton zu wahren, wird uns fehlen. Unser Mitgefühl gehört seiner Familie, denen wir Kraft und Stärke für die kommende, schwere Zeit wünschen, und allen anderen, die eng mit ihm zusammen gearbeitet haben. Wir werden seine Ratio und seine Menschlichkeit vermissen.