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Positionen & Reden

Grußwort zur Eröffnung der 32. MEDIENTAGE MÜNCHEN am 24. Oktober 2018

24.10.2018 | P&R 2018

Von Siegfried Schneider,

Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) und
Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Medientage München GmbH

- ES GILT DAS GESPROCHENE WORT! -

Sehr geehrter Herr Minister Eisenreich,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

liebe Teilnehmer der MEDIENTAGE MÜNCHEN!

Herzlich willkommen zu den 32. MEDIENTAGEN MÜNCHEN – hier in den ganz neuen Räumen des Conference Center Nord und der Halle C6 der Messe München!

Ich freue mich sehr, gemeinsam mit Ihnen und vielen nationalen und internationalen Gästen drei Tage lang über das spannende Thema „Engage – Shaping Media Tech Society“ zu diskutieren.

Wie können die Medien neue Technologien für sich nutzen? Wie werden sich Medien weiter verändern? Und wie prägt das alles unsere Mediengesellschaft? Das sind ganz wesentliche Fragen, denen wir uns stellen müssen. Zentral ist dabei, wie unsere Medien auch künftig ihr Publikum erreichen und welche Weichen dafür jetzt gestellt werden müssen, damit der Zug nicht ohne uns abfährt.

Denn: Innovation ist Chance, Innovation ist Zukunft, Innovation ist Herausforderung.

Deshalb spielen Themen wie Künstliche Intelligenz, Blockchain, (soziale) Medienplattformen oder auch ein Blick auf China auf den MEDIENTAGEN 2018 eine so wichtige Rolle. Dazu nur drei Beispiele aus dem dieses Jahr noch internationaler geprägten Programm:

Kourtney Bitterly von der New York Times wird über ihre Erfahrungen zum Thema Medien und Künstliche Intelligenz berichten. Karl Wehner, Managing Director Deutschland, Österreich, Schweiz, Türkei und Osteuropa der Alibaba Gruppe, spricht über New Retail und die digitalen Herausforderungen. Eleonore Pauwels von der United Nations University geht in ihrer „Responsibility Keynote“ der Frage nach, wie die Medienbranche dazu beitragen kann, Künstliche Intelligenz menschlich zu gestalten.

Aber auch klassische Themen wie TV und Audio, Werbung und Marketing stehen im Fokus. Ich freue mich, dass Max Conze, neuer CEO von ProSiebenSat.1 Media, zum ersten Mal auf den MEDIENTAGEN dabei ist und gleich mit BR-Intendant Ulrich Wilhelm über die Zukunft des Fernsehens sprechen wird. Ihnen und allen anderen – mehr als 400! – Speakern herzlichen Dank!

Meine Damen und Herren: Technologien wie Künstliche Intelligenz und Machine Learning verändern die Produktion, die Vermarktung und den Konsum von Medien. Gleichzeitig hat Social Media in den vergangenen Jahren die Art und Weise, wie Menschen mit Nachrichten und Informationen interagieren, grundlegend verändert und damit auch „Öffentlichkeit“ neu definiert. Parallel dazu haben Phänomene wie Fake News, Filterblasen oder Daten-Skandale die gesellschaftlichen Auswirkungen der Digitalisierung in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt.

So forderte EU-Kommissarin Mariya Gabriel erst im Juni dieses Jahres eine „inklusive und wertebasierte Entwicklung der digitalen Ära“. Und kurz darauf geriet Microsoft in die Schlagzeilen – nicht, weil das Unternehmen ein neues Produkt vorstellte, sondern weil es vom US-Senat Regeln für Künstliche Intelligenz verlangte.

Auf Bundesebene sind gerade zahlreiche neue Gremien – vom Digitalkabinett über die Enquetekommission Künstliche Intelligenz bis zur Datenethikkommission – entstanden. Sie befassen sich auch und gerade mit neu zu schaffenden gesellschaftlichen Regeln für den Umgang mit neuen Technologien.

Innovationen und die Debatte über ihre gesellschaftlichen Folgen gehören zusammen. Deshalb wollen und werden wir auf den MEDIENTAGEN 2018 auch thematisieren, welche Auswirkungen die Technisierung der Medien auf uns hat und wie wir die Digitalisierung verantwortungsvoll gestalten können.

Einer, der dazu ziemlich provokante Thesen formuliert, ist der Silicon-Valley-Insider Andrew Keen. Ich freue mich sehr, dass Sie heute bei uns sind – welcome, Mr. Keen! Ohne Ihrer Eröffnungs-Keynote etwas vorwegnehmen zu wollen: Besonders gefallen hat mir an Ihrem neuen Buch „How to fix the Future“ der optimistische Ansatz in Bezug auf Deutschland (und Europa) – ich zitiere [aus dem Vorwort]:

„Deutschland hat eine lange Tradition, andernorts begonnene technische Revolutionen aufzugreifen und neu zu gestalten […] Deutschland [hat] mit einer Mischung aus Innovation, Gesetzgebung und Bildung einmal mehr die Chance, auch in der Industrie 4.0 zum Vorreiter zu werden.“ [Zitat Ende]

Lassen Sie uns also Vorreiter in der Media Tech Society sein – in Bezug auf Innovationen, aber auch und gerade, was die notwendige gesellschaftliche Debatte über politische, wirtschaftliche, strukturelle und ethische Folgen der Digitalisierung betrifft!

Diese Debatte sollte nicht nur in Ethikgremien stattfinden. Sie sollte von der ganzen Gesellschaft geführt werden. Am Ende nämlich muss jeder Einzelne für sich die Frage beantworten, welche Werte er etwa im Umgang mit Social Media, Online-Shopping oder persönlichen Daten einhalten will. Schließlich schätzt jeder Mensch Chancen und Risiken der Digitalisierung, abhängig von seiner Kultur, Sozialisierung oder Bildung, anders ein.

Ein Blick nach China zeigt das mehr als deutlich. Das Land macht uns vor, wie sich Machine-Learning-Anwendungen entwickeln und einsetzen lassen. Auch in Bezug auf Innovation und technischen Fortschritt müssen sich westliche Medienhäuser mit den Entwicklungen in China auseinandersetzen. Daher widmen die MEDIENTAGE 2018 dem Land morgen ein ausführliches Special. Auch, weil das Beispiel China sehr klar zeigt: Nicht jede Verwendung der neuen Technologien – etwa das Social Scoring – ist gesellschaftlich wünschenswert oder erwünscht. Das wichtige Thema Pressefreiheit steht selbstverständlich ebenfalls auf der Agenda des China-Tages.

Unser Ziel muss sein: Wir müssen das Potenzial neuer Technologien nutzen und international mithalten. Gleichzeitig müssen wir uns möglicher Problematiken bewusst sein und rechtzeitig gegensteuern.

Den Medien kommt hier zweifellos eine Schlüsselrolle zu. Was sind die gesellschaftlichen Auswirkungen, wenn Mechanismen von Medien immer stärker technologisch gesteuert sind? Wie können wir unsere Autonomie bewahren, wenn Algorithmen darüber entscheiden, welche Nachrichten wir lesen, welche Partner wir treffen oder vielleicht sogar darüber, welche Partei wir wählen?

Letztlich geht es um nicht weniger als den Erhalt der freien Meinungsbildung und Meinungsvielfalt in unserer digitalen Welt.

Neben gesellschaftlichen Regeln für den Umgang mit neuen Technologien braucht es selbstverständlich deshalb auch eine moderne, zukunftsweisende Regulierung. Sie muss auf den nicht verhandelbaren Grundwerten unserer Gesellschaft aufbauen: Freiheit. Demokratie. Rechtsstaat. Menschenrechte. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die Transparenz digitaler Prozesse.

Mit dem aktuell vorliegenden Entwurf des neuen Medienstaatsvertrags wurde hier ein guter Weg eingeschlagen. Dazu nur zwei Anmerkungen:

Die Rundfunkzulassung zu verschlanken ist ein Ziel, das die Medienanstalten ausdrücklich begrüßen. Die Medienanstalten regen schon lange an, die Zulassung durch eine qualifizierte Anzeigepflicht zu ersetzen. Nach unserer Einschätzung ist die im Entwurf vorgeschlagene Fiktion einer Rundfunkzulassung deutlich weniger geeignet, die gewünschten Verfahrensverschlankungen zu erreichen.

Wenig zukunftsweisend ist, dass der Entwurf am bisherigen Rundfunkbegriff festhält: Dabei ist – gerade mit Blick auf die Vielfaltssicherung, also auf das Konzentrationsrecht im digitalen Zeitalter – die Definition von Rundfunk als zeitgleicher linearer Konsum schon lange nicht mehr zeitgemäß. Lassen Sie uns nur einmal auf die aktuelle Situation schauen: Was den deutschen Fernsehmarkt betrifft, könnte die KEK nur noch in einem einzigen (unwahrscheinlichen!) Fall tätig werden: nämlich, wenn P7S1 und RTL zusammengehen würden.

Zur Verhinderung vorherrschender Meinungsmacht sollten lineare und nichtlineare Angebote mit Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung den gleichen Regelungen unterliegen. Wenn sich das Konzentrationsrecht hier nicht weiterentwickelt, muss man fragen, wozu man die KEK – in der ich selbst Mitglied bin – überhaupt noch braucht…

Zumal die nicht-lineare Online-Nutzung vor allem jüngerer Altersgruppen von Abrufangeboten zur öffentlichen Meinungsbildung weiter zunehmen wird. Das zeigen die Ergebnisse des Medienvielfaltsmonitors ganz deutlich. Die BLM entwickelte und publizierte ihn erstmals bereits 2012 – schon damals übrigens aus der Überzeugung heraus, dass in konvergenten Zeiten auch die Medienkonzentration konvergent betrachtet werden muss. Die aktuellen Ergebnisse und den neuen Medienvielfaltsbericht der Medienanstalten werde ich am Freitag auf den Medientagen vorstellen.

Während wir hier auf Anpassungen am Entwurf hoffen, ist auf europäischer Ebene die neue AVMD-Richtlinie nun durch. Vor welche Herausforderungen die Reform das nationale Recht stellt, wann und mit welchen Inhalten die e-Privacy-Verordnung verabschiedet wird, oder was der Brexit für den europäischen Medienmarkt bedeutet – damit werden wir uns übermorgen auf dem Europatag der MEDIENTAGE intensiv befassen. Der Europatag wird nun bereits zum dritten Mal von der BLM gemeinsam mit dem Institut für Europäisches Medienrecht (EMR) durchführt.

Erlauben Sie mir zuletzt noch einen Hinweis auf die kongressbegleitende Ausstellung, die wir deutlich aufgewertet haben. Von den vielen Highlights will ich nur ein paar nennen:

Das Thema Künstliche Intelligenz präsentieren Digital- und Tech-Unternehmen, Medienhäuser, Dienstleister und Startups in einem „AI-Pavilion“. Sie stellen dort ihre Innovationen, Technologien und Services vor. Außerdem zeigen Forschungsinstitutionen zukunftsweisende Prototypen, die sich mit dem kreativen Potenzial von KI auseinandersetzen.

Den großen Start-up-Bereich „Rockets & Unicorns“ gibt es auch heuer wieder – organisiert vom Media Lab Bayern, das seit wenigen Wochen übrigens einen zweiten Standort in Ansbach hat. Hier wird ein umfangreiches Programm für Gründer und alle, die sich dafür interessieren, geboten.

Ein weiterer gefragter Treffpunkt – vor allem für den Nachwuchs in der Medienbranche – wird der MedienCampus sein. Rund 40 Campusradiomacher sind dieses Jahr als Reporter auf den Medientagen unterwegs und gestalten am Donnerstag am Stand der Media School Bayern eine zweistündige Sendung, die live auf Radio M94.5 läuft.

Meine Damen und Herren, ich hoffe, ich habe Sie neugierig gemacht auf die MEDIENTAGE 2018! Sie alle sind Teil der „Media Tech Society“. Nutzen Sie die Chance, sich in den kommenden drei Tagen umfassend über neue Trends zu informieren und sie zu reflektieren, für Neues inspiriert zu werden. Ich freue mich auf diese drei Tage – gerade auch auf die morgige „Nacht der Medien“ im Haus der Kunst, mit viel Gelegenheit zum Austausch und Netzwerken. Dem gesamten Medientage-Team ganz herzlichen Dank für die Organisation der Veranstaltung!

Ich darf jetzt an den Bayerischen Medienminister Georg Eisenreich übergeben. Seinen Sie alle noch einmal herzlich willkommen auf den 32. MEDIENTAGEN 2018! Vielen Dank.