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Positionen & Reden

Keynote von BLM-Präsident Siegfried Schneider zur Eröffnung des Online-Audio-Nachmittags auf dem Digitalradiotag 2018 in Berlin am 3. September 2018

05.09.2018 | P&R 2018

Anrede,

herzlich willkommen zum zweiten Teil des Digitalradiotags 2018! Heute Vormittag haben wir über die Chancen von DAB+ gesprochen. In den kommenden zwei Stunden geht es nun um den – neben UKW und DAB+ – dritten relevanten Übertragungsweg für Audio, um Online. Dazu hören wir gleich einige wichtige Ergebnisse aus dem neuen Online-Audio-Monitor, der Nachfolgerstudie des Webradiomonitors.

Der Webradiomonitor, der in den letzten Jahren in Kooperation mit dem Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) und Verband Privater Medien (VAUNET) veröffentlicht wurde, wurde nun 2018 zum Online-Audio-Monitor weiterentwickelt: Der 2009 bei der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) entstandene Webradiomonitor konzentriert sich jetzt auf die fortschreitende Nutzung von Online-Audio-Angeboten, -Diensten und -Plattformen. Mit der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb), der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) und der Landesanstalt für Medien NRW (LfM) sind weitere Partner aus dem Kreis der Landesmedienanstalten als Auftraggeber hinzugekommen.

Der Online-Audio-Monitor untersucht bevölkerungsrepräsentativ die Online-Audio-Nutzung. Er liefert nun Daten zur Webradio-, Streaming- und Podcast-Nutzung, zum Audio-Nutzungsverhalten im Auto, zur Zahlungsbereitschaft und zum Einfluss von Zero-Rating-Tarifen auf die Nutzung. Auch die Verbreitung und Verwendung von Smart Speakern wie Google Home, Amazons Alexa oder Apples Siri sind wichtige Themen des Online-Audio-Monitors. Ohne zu viele Zahlen vorwegzunehmen, will ich dennoch aktuelle Entwicklungen kurz anreißen.

Meine Damen und Herren, Fakt ist: Online-Audio-Angebote sind zu einem Massenmedium geworden. Podcasts und Smart Speaker haben gerade im vergangenen Jahr zu einem neuen Audio-Hype geführt, an den im doch sehr Bewegtbild-orientierten digitalen Zeitalter wohl kaum einer so recht geglaubt hat.

Über 90 Prozent der 14- bis 29-Jährigen und 58 Prozent der Gesamtbevölkerung nutzen heute schon Online-Audio-Angebote. Und der Online-Audio-Boom lässt den Audio-Markt insgesamt wachsen. Das wird nicht nur zu einer Renaissance des Hörens führen, sondern auch zu einer Renaissance des Radios und der Radiowerbung – zumal eine spürbare Skepsis gegenüber einigen Formen der Online-Werbung dem traditionellen Hörfunk in die Hände spielen könnte. Im angloamerikanischen Raum, wo Audio ebenfalls gerade eine innovative Revolution erlebt, haben sich Autoren und Entwickler bereits dem neuen Motto „Audio kills the Videostar“ verschrieben.

Wie kommt es zu diesem Boom? Einen nicht geringen Anteil daran haben Lautsprecher, die zuhören. Ausgestattet mit Mikrofonen stellen sie die Verbindung her mit Sprachassistenten wie Alexa oder Siri, die einem auf Zuruf abnehmen, was man bisher via Maus, Tastatur oder Touchscreen erledigt hat. Ganz egal, ob man die Wettervorhersage, das TV-Programm vom Feierabend oder neue Batterien für die Fernbedienung haben will – die neuen Helferlein kümmern sich darum.

Durch Sprachsteuerung kehrt das Radio mit vielen Zusatz-Optionen ins Wohnzimmer zurück. Während die klassischen Radiogeräte – abgesehen vom Autoradio – bisher meist in der Küche, im Bad oder im Schlafzimmer stehen, werden Smart Speaker vor allem im Wohnzimmer installiert. Zwar ist bei Nutzern von Online-Audio-Angeboten laut unseren neuen Zahlen eindeutig das Smartphone das bevorzugte Empfangsgerät [61,5 %], aber bereits fast fünf Prozent [4,6%] verwenden dafür schon einen digitalen Sprachassistenten. In den USA sind die Smart Speaker mit 25 Prozent bereits nach dem Smartphone [46%] der zweitbeliebteste Abspielweg für Audio-Inhalte [so der „Smart Audio Report 2018“ von NPR und Edison Research]. Global gesehen hat ihre Marktdurchdringung ein atemberaubendes Tempo: Während das Internet noch fünf Jahre brauchte, um weltweit 50 Millionen Nutzer zu generieren und das Smartphone drei, haben dies die digitalen Sprachassistenten innerhalb eines Jahres geschafft.

Eine Entwicklung, in der – im doppelten Wortsinn – noch viel Musik steckt. Ich bin überzeugt: In Sachen Sprachassistenten stehen wir erst am Anfang. Denn die intelligenten Lautsprecher läuten bereits den nächsten Evolutionsschritt des Internets ein – die Zero-Screen-Ära, was schlicht Websuche ohne Bildschirm bedeutet. Ein Zukunftstrend mit enormen Auswirkungen, sei es auf Suchmaschinenoptimierung oder Online-Marketing.

Grund genug, Sprachassistenten zu einem von zwei großen Schwerpunkten zu machen, auf die sich der neue Online-Audio-Monitor konzentriert. Am 12. September auf der dmexco in Köln, wo wir weitere Ergebnisse aus dem Online-Audio-Monitor vorstellen, werden die Smart Speaker im Fokus stehen. Sie alle sind dazu ganz herzlich eingeladen!

An dieser Stelle will ich daher heute nur ein ganz wichtiges Ergebnis zu Smart Speaker herausgreifen: Die mit Abstand von den meisten Personen genutzte Funktion ist das Abspielen von Audio-Inhalten.
 

Knapp 80 Prozent [77,8 %] rufen Radio, Musik, Podcasts oder Hörspiele sprachgesteuert mithilfe von Alexa und Co. auf und hören sie über ihren Smart Speaker. Damit liegt die Audionutzung und weit vor der Steuerung von Smart Home-Anwendungen [25,7 %] oder dem Online-Shopping [14,2 %]. Aufgrund dieser Tatsache ist es meines Erachtens notwendig zu klären, ob Smart Speaker mit ihrer Bedeutung für Audio nicht unter die Vorgaben der Plattform-Regulierung fallen?

Nun zum zweiten Mega-Trend, auf den unsere neue Untersuchung ein besonderes Auge wirft – den Podcasts. Annähernd zehn Millionen Personen [9,4 Mio.] nutzen Podcasts oder Radiosendungen zum Nachhören, so der Online-Audio-Monitor.

Eine durchaus beeindruckende Zahl – wo es doch erst gut zwei Jahre her ist, dass Jan Böhmermann und Oli Schulz aus ihrer Radiosendung „Sanft & Sorgfältig“ den Podcast „Fest & Flauschig“ machten. Auf Spotify wurde er schnell zum erfolgreichsten Podcast.

Aber nicht nur Spotify und Co. setzen auf Podcasts. Auch Zeitungen und Zeitschriften bieten ihre Inhalte längst online zum Hören an. Die öffentlich-rechtlichen Hörfunkanbieter haben mit ihrer „Audiothek“ jüngst gemeinsam das Pendant zu den Mediatheken im Fernsehbereich geschaffen. Und erst Ende Juli ist auch der Suchgigant Google in das Pod-cast-Geschäft eingestiegen: die neue App „Google Podcasts“ ist seitdem auf hunderten Millionen Android-Handys bereits vorinstalliert.

Für Podcasts gilt ähnlich wie für Sprachassistenten: Ihre Nutzung geht nicht zwingend zulasten des klassischen Radios – sei es über UKW, DAB+ oder Webradio. Denn sie erhöhen – zumindest zu einem Teil – die mit Audio verbrachte Zeit insgesamt. Doch unsere Zahlen zeigen auch: Während die morgendliche „drive time“ weitgehend dem linearen Radio vorbehalten bleibt, muss sich das Radio die „drive time“ am frühen Abend mittlerweile mit den Podcasts und vor allem mit Musik-Streaming-Angeboten teilen.

Meine Damen und Herren,

die Zahlen für Online-Audio, die wir seit 2009 im Webradiomonitor und nun im Online-Audio-Monitor veröffentlichen, werden von Jahr zu Jahr besser. Es liefe etwas falsch in Sachen Digitalisierung, wenn es anders wäre. Dennoch: der größere Teil der Audio-Nutzung findet nach wie vor NICHT über das Internet statt, das belegen die neuen Ergebnisse ebenfalls.

Wichtig ist vor allem eines: Radio hat im Alltag der Menschen einen festen Platz – das hat die ma [ma 2018 Audio II] gerade wieder festgestellt. Unverändert schalten 77,6 Prozent der Deutschen täglich ein [Tagesreichweite, Mo.-Fr.], und zwar für mehr als vier Stunden pro Tag [Verweildauer, Mo.-Fr.].

Deshalb sind die großen Trends Smart Speaker und Podcasts auch Rückenwind fürs klassische Radio! Online-Audio kommt sozusagen on Top zu den vielen Vorzügen des Radios, für die es die Menschen lieben und die es in der digitalen Welt ausspielen kann und muss: Radio ist spontan. Radio ist emotional. Radio ist lokal. Radio hat Information und Musik. Plus: Es bedient mit seinen Webchannels Special Interests, es nutzt Smartspeaker für seine Reichweite und produziert Podcasts.

Das beeindruckende Wachstum von Online Audio bedeutet also: Radio lebt, mehr denn je! Klar ist gleichzeitig: Vor allem Sender, die Online-Audio-Trends erkennen und sich gut aufstellen, werden profitieren. Dabei machen sich die Morningshow, Alexa, Webchannels und Podcasts keine Konkurrenz, sondern ergänzen sich und gehören zum USP des Lieblingssenders.

Dazu ein Beispiel aus meiner Heimat:

Antenne Bayern hat eine Vielzahl an Webchannels – neu sind zum Beispiel „Radio Lina – nur für Frauen“ und „Radio Ludwig – nur für Männer“. Der Sender hat natürlich auch eine App für Alexa. Und er hat Podcasts – etwa „Dunkle Heimat“, in dem ein knapp hundert Jahre alter Mordfall neu aufgerollt wird. Auch darüber hinaus zeigt der Sender viel Online-Initiative: So ist Antenne Bayern gerade beim Online-Radio-Anbieter Laut AG eingestiegen, um sich im Bereich Audio-Streaming zu stärken.

Meine Damen und Herren, es bleibt mir nun nur noch, Sie jetzt in die Welt der Zahlen zu entlassen und an Herrn Dr. Ecke zu übergeben. Er wird uns die Ergebnisse des Online-Audio-Monitors im Detail vorstellen. Ich wünsche Ihnen einen spannenden Nachmittag! Vielen Dank.