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Positionen & Reden

Grußwort zur Eröffnung der 33. MEDIENTAGE MÜNCHEN am 23. Oktober 2019 - Von Siegfried Schneider, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) und Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Medien.Bayern GmbH

23.10.2019 | P&R 2019

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Teilnehmer der MEDIENTAGE MÜNCHEN!

Herzlich willkommen zu den 33. MEDIENTAGEN MÜNCHEN – diesmal nach einem Jahr Pause wieder im ICM der Messe München.

Unser Motto lautet dieses Jahr: NEXT DIGITAL LEVEL – Let’s build the Media we want!“

Auf gut Deutsch: Wir wollen darüber sprechen, wie Medien, wie Medienmacher, wie Menschen die Digitalisierung für sich nutzen und entsprechend gestalten können. Nicht die GAFAs, also Google, Amazon, Facebook, Apple aus dem Silicon Valley, und auch nicht mächtige chinesische Plattform-Player wie Alibaba dürfen zukünftig vorgeben, wie das neue digitale Mediensystem aussieht.

Die demokratische Gesellschaft, wir alle, müssen den Diskurs darüber suchen! Es gilt schließlich, den Rahmen für ein in Teilen neues, digitalisiertes Mediensystem zu schaffen.

Dabei tragen die Medien eine besondere Verantwortung. Schließlich bilden sie die Infrastruktur für die gesellschaftliche Debatte:

Eine Infrastruktur für Meinungsfreiheit – oder für Zensur. Für eine demokratische Öffentlichkeit – oder für Filterbubbles. Für Recherche und journalistische Sorgfalt – oder für Deep Fakes. Für digitale Selbstbestimmung – oder für Social Scoring, um hier einmal plakativ die Pole zu benennen.

Welches Mediensystem wollen wir? Welche Macht haben die Plattformen? Was für eine Rolle spielt die Technik, die vorgibt, welche Zielgruppen angesprochen und welche Inhalte den Nutzerinnen und Nutzern angeboten werden? Wie schaffen es Medien, das Vertrauen, das sie als Multiplikatoren verdienen, wieder zu stärken? Wie sollen die Medien der Zukunft aussehen? Und – nicht zuletzt: Welche Werte, welche digitale Ethik, bilden die nicht verhandelbare Basis unseres Mediensystems der Zukunft?

Das sind einige der Fragen, die wir u.a. in den kommenden drei Tagen diskutieren wollen. Lassen Sie mich an dieser Stelle nur ein paar Namen und Inhalte herausgreifen:

Ein herzliches Grüß Gott dem bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder. Nachdem er im vergangenen Jahr wegen laufender Koalitionsverhandlungen nicht dabei sein konnte, bin ich gespannt auf seine Grußworte zur Eröffnung der MEDIENTAGE MÜNCHEN 2019.

Mit seiner Regierungserklärung zur Hightech Agenda Bayern hat der Ministerpräsident politische Benchmarks gesetzt zu Digitalisierung, Machine Learning und Künstliche Intelligenz – nicht nur für Bayern. Wie groß die Bedeutung der Medien für die Zukunft des Wirtschafts- und Kulturstandorts Bayern ist, wird durch seine Anwesenheit deutlich unterstrichen. Herzlichen Dank dafür!

Des Weiteren freue ich mich auf unsere Keynote-Speakerin Zeynep Tufekci: Sie gilt als die Tech-Soziologin sowie als kompetente, konstruktiv-kritische Nutzerin der sozialen Medien. Als Wissenschaftlerin forscht sie an der University of North Carolina über die Auswirkungen neuer Technologien und Medien im Kontext von Politik, Medien und Verantwortung. Als Journalistin schreibt sie regelmäßig für Wired und für die New York Times.

Man sagt, keine durchschaut die Pläne des Silicon Valley besser als sie. Man sagt außerdem, keine könne diesen Durchblick besser auf Gesellschaft und Politik übertragen. Und: Als Kämpferin für Demokratie, Gleichberechtigung und eine bessere Social-Media-Welt nimmt sie kein Blatt vor den Mund. Wir freuen uns sehr, Sie heute hier auf den MEDIENTAGEN dabei zu haben, Frau Tufekci!

Soziale Medien und Verantwortung sind ein großes Thema. Natürlich auch auf den MEDIENTAGEN 2019. Viele Panels werden sich in den kommenden drei Tagen mit Fake News, mit Desinformation und Hate Speech beschäftigen. Eine Gefahr, die wir sehen und auch dagegen vorgehen müssen. Gerade aufgrund der enormen Reichweiten und der damit verbundenen Meinungsbildungsrelevanz vor allem bei jungen Nutzern.

In dem Zusammenhang lade ich Sie heute Nachmittag zur Vorstellung der Ergebnisse einer Studie zur politischen Werbung in sozialen Netzwerken ein. Gemeinsam haben die Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen, die Medienanstalt Berlin-Brandenburg, die Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz und die Bayerische Landeszentrale für neue Medien diese bei Prof. Dr. Simon Hegelich von der TU München in Auftrag gegeben. Ziel des Projekts war es, nähere Erkenntnisse zur Relevanz politischer Werbung in sozialen Medien während der Europawahl in Deutschland zu gewinnen. Im Social Web gibt es bisher keine Transparenz und keine Regeln – im Gegensatz zu den klassischen Medien.

Wir wollen, wir müssen unsere Werte auch und gerade im Internet verteidigen.

Zusammen mit Justizminister Georg Eisenreich habe ich deshalb vor wenigen Tagen die gemeinsame Initiative von Bayerischer Staatsregierung, BLM und bayerischen Medienhäusern „Justiz und Medien – konsequent gegen Hass“ gestartet.

Zu einem weiteren großen Thema: TV und Streaming – ein echter MEDIENTAGE-Klassiker! So war und ist 2019 nicht nur das Jahr, in dem sich die beiden großen privaten Sendergruppen personell und strukturell neu aufgestellt haben. Und in dem die Öffentlich-Rechtlichen per neuem Staatsvertrag – hoffentlich bald! – eine veränderte Grundlage für Auftrag und Finanzierung erhalten. Noch grundlegender aber ist eine Veränderung, die den gesamten deutschen TV-Markt erfasst: nämlich der Paradigmenwechsel von live zu on demand, von linear zu auf Abruf. Amazon, Netflix und Co. haben es vorgemacht, weitere werden demnächst folgen.

Wie die Streaming-Technologie ganze Märkte neu ordnet, ist daher ein wichtiger Schwerpunkt der diesjährigen MEDIENTAGE. Internationale Expertise dazu versprechen hochkarätige Speaker wie Amazon-Studios-Chef James Farrell oder Amazon-Music-Chef Steve Boom.

Auch das BLM-Fachmagazin Tendenz, das gerade neu erschienen ist und an unserem Messestand ausliegt, steht unter dem Motto „TV-Markt im Umbruch“.

Kein Zweifel, der Wettbewerb um die Aufmerksamkeit und das Zeitbudget der Medienkonsumenten ist hart. Aber nicht aussichtslos. Dass sich die großen Konzerne in Deutschland darauf bereits eingestellt haben, zeigen auch Streaming-Portale wie Joyn und RTL now.

Und damit bin ich bei einem dritten wichtigen TOP auf der MEDIENTAGE-Agenda:
Wir müssen eigene Infrastrukturen für unsere Medienangebote schaffen. Den Wettbewerb mit den internationalen Giganten wieder aufnehmen. Ein Stück Souveränität zurückgewinnen. Digitalangebote lokaler und regionaler Medienangebote in ihrer publizistischen Vielfalt online stützen und leichter auffindbar machen. Gedanken, die der Ministerpräsident vor etwa einem halben Jahr erstmals öffentlich äußerte – und die Landeszentrale mit in die Verantwortung nahm.

Wir wollen einen ersten Schritt gehen und eine lokale Medien- und Kultur-Plattform etablieren. Sie soll den lokalen Medien eine eigene Plattform, ein eigenes Schaufenster geben.

Aber wir müssen noch weiter denken. Eine solche lokale Medien- und Kultur-Plattform kann ein wirksamer Hebel sein – wenn sie als Grundlage genutzt wird, ein Ökosystem aufzubauen, das bei technischen und gesellschaftlichen Standards neue Wege geht. So könnten beispielsweise Infrastruktur-Komponenten, die für die digitale Souveränität besonders relevant sind, gezielt gefördert werden, um von den Angeboten der großen Plattformen unabhängiger zu werden.

Zugegeben, das sind große Visionen. In Bayern wollen wir jetzt konkret anfangen. Schließlich können wir gerade im Lokalen prototypisch Lösungen und Initiativen anstoßen. Weiter gedacht lassen sich solche Prototypen auch in eine unabhängige europäische Plattform-Infrastruktur, an der bereits in einigen Ländern gearbeitet wird, einspeisen.

Gerade als Regulierer kann man beim Thema Plattform die Rahmenbedingungen nicht aussparen.

Wir alle warten darauf, dass der neue Medienstaatsvertrag, über den wir bereits bei den MEDIENTAGEN 2017 und 2018 diskutiert haben, jetzt zum Abschluss kommt. Morgen tagt erneut die Rundfunkkommission – dann könnte der Entwurf für die Ministerpräsidentenkonferenz durch sein… Frau Staatssekretärin Heike Raab wird uns dazu bestimmt gleich mehr sagen können.

Ich will Folgendes nochmals unterstreichen:

Die Rundfunkzulassung zu verschlanken ist ein Ziel des Entwurfs, das die Medienanstalten ausdrücklich teilen.

Was die Regulierung von Medienplattformen, Medienintermediären und Benutzeroberflächen betrifft, begrüßen die Medienanstalten die geplanten Regulierungsvorhaben im Sinne von mehr Chancengleichheit und mehr Transparenz. Auch Smart Speaker mit ihrer Bedeutung für Audio sollte vergleichbaren Vorgaben unterliegen wie die Plattform-Regulierung.

Damit bin ich bei einem weiteren Schwerpunkt der MEDIENTAGE, auf den ich abschließend noch hinweisen möchte: Durch die Digitalisierung ist aus einem überschaubaren Hörfunkmarkt in kürzester Zeit ein globaler Audiomarkt geworden. Das bringt viele Chancen, aber auch neue Herausforderungen mit sich. So hat der Podcast-Hype zu einem Audio-Boom geführt. Gleichzeitig kommen Wettbewerber plötzlich nicht unbedingt mehr aus der Branche – Audio ist längst Teil der Marketing-Strategie vieler Unternehmen. Auch KI, Algorithmen und die Nutzung von Daten werden immer wichtiger. Das sind nur einige der Themen, mit denen sich auch Radioanbieter auseinander setzen müssen, um davon profitieren zu können. In den kommenden drei Tagen bieten wir dafür die beste Plattform.

Meine Damen und Herren, zuletzt ein paar Hinweise:

Unser Start-up-Bereich hat sich weiterentwickelt: Mit dem R U Ready Summit bieten wir dieses Jahr eine eigene Innovationskonferenz bei den MEDIENTAGEN an – organisiert vom Media Lab Bayern. Dort werden Strategien vorgestellt und diskutiert – etwa wie mit neuen Plattformen umzugehen ist, welche Erfolgsrezepte es bei Produktentwicklung und Digital Leadership gibt und wie man technische Kompetenz ins Unternehmen bringt. Parallel arbeiten Entwickler auf dem ersten MEDIENTAGE-Hackathon an innovativen Lösungen.

Neben der kongressbegleitenden Ausstellung gibt es auch dieses Jahr wieder den MedienCampus. Hier trifft und informiert sich vor allem der Nachwuchs der Branche. Talente für die Medienbranche zu finden und zu fördern ist eine wichtige Aufgabe, der sich die BLM in vielen Facetten widmet – vom klassischen Volontärs-Workshop bis zur Startup-Förderung. Hier auf den MEDIENTAGEN kann gibt es Informationen zu den vielfältigen Job-Möglichkeiten in der Branche – und die Gelegenheit, die entsprechenden Entscheider direkt anzusprechen.

Das MedienNetzwerk Bayern veranstaltet die „Immersive Media Area“. Mit dabei ist auch der neu gegründete XR HUB BAVARIA. Neben best cases aus den Medienhäusern wird die branchenübergreifende Vielfalt aktueller XR-Anwendungen gezeigt. Hier können Sie auch neuste Technologien und Formate ausprobieren.

Versprechen kann ich Ihnen: Auf den MEDIENTAGEN bekommen Sie – so geballt wie nirgendwo sonst – einen Überblick über den Status Quo der Medien in allen unterschiedlichen Kanälen. Innovationen in TV, Audio, Online-Publishing oder Video-on-Demand haben eine Bühne, genauso wie Künstliche Intelligenz, Marketing, Medien- und Netzpolitik sowie Aspekte der Regulierung.

Ich freue mich, wenn wir uns morgen Abend auf der „Nacht der Medien“ im Haus der Kunst persönlich austauschen – oder Sie Ihre persönliche MEDIENTAGE-Erfahrung via Social Media mit uns teilen.

Mir bleibt nun nur noch, dem gesamten MEDIENTAGE-Team ganz herzlich für die Organisation der Veranstaltung zu danken und an den Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder zu übergeben.

Ihnen allen noch einmal ein herzliches Grüß Gott auf den 33. MEDIENTAGEN 2019!
Vielen Dank.