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Bericht des Präsidenten zur 5. Sitzung des Medienrats am 16.02.2023

16.02.2023 | 05 2023

Beteiligungsveränderungen bei ProSiebenSat.1/MFE:
(Vorerst) keine Übernahme in Deutschland

Beginnen möchte ich mit einem Thema, zu dem ich in den vergangenen Sitzungen immer wieder berichtet habe. In Sachen Beteiligungsveränderungen bei ProSiebenSat.1 / Media for Europe (MFE) scheint zu einem – vorerst – guten Ende gekommen zu sein:

Aus den Medien konnten wir erfahren:

Die Übernahme von ProSiebenSat.1 durch MFE) findet in Deutschland – zumindest bis auf weiteres – nicht statt. Das erklärte zumindest MFE-Chef Pier Silvio Berlusconi, der Sohn des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten, auf einer Pressekonferenz. Eine engere Kooperation sei aber weiter möglich.

Noch kurz vor Weihnachten (nach der letzten Medienratssitzung vom 16.12.2022) hatte MFE gegenüber der Landeszentrale angezeigt, „nunmehr zu planen“, die derzeitige Beteiligung an der ProSiebenSat.1 Media SE durch Transaktionen auf bis zu 29,9 Prozent des Grundkapitals und der Stimmrechte zu erhöhen. Eine konkrete Höhe und ein bestimmter Zeitpunkt der geplanten Beteiligungsveränderung war der BLM aber weder von der Anbieterin noch von MFE beziffert worden.

Seit der vorausgegangenen Anzeige vom 11. März 2022 bei der BLM, als man plante, die derzeitige Beteiligung auf über 25 Prozent zu erhöhen, hatte MFE die Beteiligung an ProSiebenSat.1 nur geringfügig verändert. Und zwar reduziert: von gut 24 Prozent rund um die Hauptversammlung im Mai wieder auf derzeit 22,72 Prozent des Grundkapitals.

Die KEK hatte mit Beschluss vom 8.11.2022 bestätigt, dass die Beteiligung von 22,72 Prozent der Stimmrechte nach den Vorschriften des Medienstaatsvertrages über die Sicherung der Meinungsvielfalt im Fernsehen unbedenklich ist. Die KEK betonte jedoch: Wenn absehbar sei, dass MFE – durch Aktienzukauf oder Ausübung von Finanzinstrumenten in bestimmter Höhe – die Schwelle von 25 Prozent überschreiten werde, müsse das bereits vor Vollzug den zuständigen Landesmedienanstalten und durch sie der KEK angezeigt werden. Die Beteiligungserhöhung wäre dann erneut medienkonzentrationsrechtlich zu prüfen.

Die BLM ihrerseits hat den Beteiligten mehrfach Gelegenheit gegeben, sich zu erklären – zunächst um überhaupt festzustellen, ob überhaupt die Voraussetzungen für eine Prüfung nach dem Bayerischen Mediengesetz (BayMG) vorliegen (Überschreitung der 25-Prozent-Grenze). Hier war die BLM zu dem Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen für eine Prüfung bei 22,72% der Stimmrechte noch nicht gegeben sind.

Die aktuellen Verlautbarungen des Berlusconi-Sohnes lassen vermuten: Die Strategie der BLM, den Beteiligten in der Anhörung sehr deutlich zu machen, was eine Erhöhung der Anteile mit Blick auf BayMG-Vorgaben wie Informationsvielfalt oder Staatsferne bedeutet hätte, hat scheinbar Wirkung gezeigt. Die Unabhängigkeit von P7S1 scheint bis auf weiteres gesichert. 

Nachdem es in der Vergangenheit aber immer wieder überraschende Wendungen gegeben hat, wird die Landeszentrale die Aktivitäten von MFE auf jeden Fall auch weiterhin aufmerksam im Blick behalten.

Medienkonzentrationsrecht

Die Problematik ist den meisten von Ihnen bereits bekannt: Angesichts des zunehmend digitalen Medienkonsums und der fortschreitenden Medienkonvergenz ist der Bedarf für eine Neuorientierung im Bereich der Vielfaltssicherung offensichtlich. Für das derzeitige, fernsehspezifische Medienkonzentrationsrecht besteht kaum noch ein praktischer Anwendungsbereich. An einem grundsätzlichen Reformbedarf besteht kein Zweifel. In der Vergangenheit sind verschiedene Anläufe jedoch gescheitert: Denn man konnte sich über die Zielrichtung und über die künftige Rolle der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) nicht einigen.

Der nun vorliegende Vorschlag der Länder zielt darauf ab, die Bedeutung des Medienkonzentrationsrechts wiederherzustellen – durch einen Paradigmenwechsel von einer Ex-Ante-Betrachtung zu einer Ex-Post-Missbrauchsaufsicht. Der KEK soll danach neue, eigenständige Kompetenzen erhalten und zu Lasten der Landesmedienanstalten verselbständigt werden.

Das ist aus Sicht aller Medienanstalten klar abzulehnen. Die KEK ist keine Behörde, sondern eine den Landesmedienanstalten dienende Expertenkommission. Auch wenn die Reformvorschläge aus Schleswig-Holsteine mittlerweile nachgebessert wurden: An der nach meiner Ansicht grundsätzlich falschen Zielrichtung hat sich nichts geändert.

Die Rolle der KEK sollte weniger die einer Parallelbehörde zu den Medienanstalten sein. Vielmehr sollte die Expertise der Sachverständigen dazu genutzt werden, Gefährdungslagen zu ermitteln, vermuteten Defiziten punktuell nachzugehen und Empfehlungen an die Politik und die Medienanstalten auszusprechen. Im Bedarfsfall könnte sie auch eine Weiterentwicklung des vorhandenen Instrumentariums des Medienstaatsvertrags (MStV) zur Vielfaltssicherung anstoßen. Die Plausibilität von Thesen, wie die der „Filterblasen“ oder „Echokammern“, sollte hierzu wissenschaftlich überprüft und so gegebenenfalls zu einer belastbaren Regulierungsbasis aufgearbeitet werden.

Werden Vorkehrungen zum Schutz der Vielfalt passgenau im MStV getroffen, entspricht das nicht zuletzt auch dem Wesentlichkeitsgrundsatz und dient der Rechtssicherheit.

Sie sehen: Derzeit gibt es durchaus unterschiedliche Ansätze wie eine zeitgemäße, vielfaltssichernde Medienregulierung aussehen sollte. Einigkeit besteht aber zumindest in einem Punkt: An einer Reform führt kein Weg vorbei.

Audio-Strategie 2025

Wie Sie wissen, hat die Landeszentrale im vergangenen Jahr einen Audio Dialog mit den privaten Hörfunkanbietern in Bayern initiiert. Schließlich stehen 2025 wichtige Entscheidungen in Bayern an – inklusive der Entscheidung über Neuausschreibung oder Verlängerung der UKW-Frequenzen.

So waren die Ziele des Audio Dialogs: Gemeinsam mit Verbänden und Marktbeteiligten Bedürfnisse auszuloten. Entwicklungspotenziale zu skizzieren. Und – natürlich: mögliche Szenarien ab 2025 zu erörtern. Gerade hierzu haben wir sehr viele Einzelgespräche geführt. Diese Gespräche haben nicht zuletzt auch das breite Spektrum der unterschiedlichen Einschätzungen und die Heterogenität der Rundfunklandschaft in Bayern gezeigt. Hier müssen wir einen Ausgleich der unterschiedlichen Interessen finden. Aber auch Themen wie Digitalisierung und Auffindbarkeit, Wirtschaftlichkeit, Recruiting, Programmqualität und Kooperation wurden im Rahmen des Audio-Dialogs diskutiert.

Zum Zeitplan: Schon in der kommenden Ausschuss-Runde im März werden die Gremien erste Eckpunkte der Audio-Strategie 2025 unter rechtlichen, inhaltlichen, wirtschaftlichen und verbreitungstechnischen Aspekten diskutieren. Dank unserer neuen Ausschuss-Struktur, die gleich auf der Tagesordnung steht, können sich alle Mitglieder des Medienrats – also nicht nur die des früheren Hörfunk-Ausschusses – an der Diskussion beteiligen. Noch vor der Sommerpause soll dann die Audio-Strategie 2025 im Medienrat verabschiedet werden.

Selbstverständlich kann und darf ich den Beratungen in den Gremien nicht vorgreifen. Erlauben Sie mir dennoch eine Anmerkung:

Die Migration von UKW nach DAB+ findet bereits statt. Schon seit 2021 sind sämtliche privaten Programme im Freistaat auch in DAB+ zu empfangen. Damit bildet Bayern als erstes Bundesland sein UKW-Programmangebot auch vollständig auf DAB+ ab. Zur Vielfalt der Audio-Landschaft in Bayern tragen dabei auch die vielen neuen Digitalprogramme bei, die bisher nicht auf UKW angeboten werden konnten.

Im Hinterkopf sollte man auch haben: Die Befristung der UKW-Frequenzen bis 2025 war ursprünglich einmal so etwas wie ein Abschaltdatum. Ein Abschaltdatum kann und sollte aus meiner Sicht gerade nicht Kern der Audio-Strategie 2025 sein. Kern der Audio-Strategie müssen vielmehr die Wegmarken sein, die erreicht werden müssen, um die vollständige Migration von UKW nach DAB+ im Sinne aller Beteiligten zu ermöglichen.

Aufgabe der Landeszentrale ist es, diese Migration so zu begleiten, dass es möglichst wenige Verwerfungen gibt. Aber – und auch das sollte allen Beteiligten klar sein: Wie immer bei solchen Prozessen wird es auch hier nicht ohne Kompromisse gehen…

Schwerpunktstudie regionalisierte Werbung

Das im Medienstaatsvertrag (MStV) festgeschriebene Verbot regionalisierter Werbung ist ein wirksames Instrument zur Sicherung lokaler Meinungsvielfalt. Das hat eine Schwerpunktstudie der BLM auf Basis einer Marktbefragung ergeben. Sollten auch überregional ausgerichtete Angebote regionalisierte Rundfunkwerbung ausstrahlen dürfen, rechnen die lokalen Radio- und TV-Sender in Bayern mit empfindlichen Einbußen.

Die Ergebnisse der Studie bestätigen das Vorgehen der Landeszentrale, bislang keine regionalisierte Auseinanderschaltung von Werbung zu dulden. So zeigt die Marktbefragung: Die drohenden Einbußen bei den Werbeumsätzen im lokalen und regionalen Rundfunk überschreiten bei etwa Dreiviertel der Anbieter den Kosten­deckungs­grad. Eine Existenzbedrohung kann also nicht ausgeschlossen werden – zumal nach fast drei Jahren krisenbe­dingter Umsatzrückgänge die Reserven aufgebraucht sind.

Eine Folge der dauerhaften Rentabilitätsein­bußen: Sie gehen zu Lasten der Qualität. Damit gefährden sie langfristig Akzeptanz und Reichweite des lokalen Rundfunks. Mit 40 Prozent sind die prognostizierten Umsatz­einbußen im Lokal-TV wesentlich höher als im Hörfunk mit 30 Prozent. Eine Budget­abwanderung sehen die Anbieter im Zuge der Einführung regionalisierter Werbung vor allem bei Kunden aus dem Handel.

Angesichts der zunehmenden Bedeutung digitaler (Online-)Werbeformen ist auch eine weitere Erkenntnis aus der Befragung interessant: Online-Werbung kann derzeit sowie auch mittel- bis langfristig aus Sicht der lokalen Rundfunkanbieter die klassischen Werbespots nicht ersetzen und damit Rentabilitätseinbußen nicht auffangen.

Ausschreibung BLM-Preise läuft noch bis 10. März

Die Landeszentrale vergibt 2023 zum 36. Mal den BLM-Hörfunk-Preis für herausragende Leistungen in bayerischen Lokalradios. Der BLM-Lokalfernseh-Preis gibt es zum 32. Mal.

Alle eingereichten Beiträge müssen zwischen 28. Januar 2022 und 3. Februar 2023 bei einem in Bayern genehmigten privaten lokalen Hörfunk- oder Fernsehprogramm als Erstausstrahlung gesendet worden sein. Beiträge können noch bis Freitag, 10. März 2023, eingereicht werden.

Die Ausschreibungs- und Anmeldeformulare sind über www.blm.de abrufbar. Wir freuen uns schon auf die Verleihung auf den Lokalrundfunktagen am 4. Juli!

Aktivitäten von BLM und Stiftung Medienpädagogik Bayern zum SID

Letzte Woche am Dienstag war Safer Internet Day. Die BLM und ihre Stiftung Medienpädagogik Bayern haben den Tag zum Anlass genommen, zahlreiche neue medienpädagogische Initiativen zu kommunizieren:

Zum einen ist die BLM neuer Förderer des Projekts „Medien kindersicher“. Es wurde von von der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) initiiert. Das Online-Portal www.medien-kindersicher.de informiert über die Möglichkeiten technischer Schutzlösungen für unterschiedliche Geräte wie Smartphone oder Spielekonsolen, Dienste und Apps. Das bedeutet mehr Jugend­schutz. Denn mit technischen Mitteln lassen sich Inhalte, die Kinder im Digitalen konsumieren, altersgerecht eingrenzen. Ganz wichtig ist mir aber: Technik unterstützt Eltern. Sie ist jedoch kein Ersatz für Gespräche, Anleitung, Austausch zu Medienthemen in der Familie.

Zum zweiten haben die BLM und die Aktion Jugendschutz Bayern e.V. (aj) zum Safer Internet Day die neue Broschüre zu Desinformation, Verschwörungsmythen und Fake News in Leichter Sprache herausgegeben. Ich finde es großartig, dass wir dieses wichtige Thema nun auch Menschen mit Leseeinschränkungen zugänglich machen! Damit schließen BLM und aj eine wichtige Lücke. Umso mehr gilt mein Dank auch der Bayerischen Sozialministerin Ulrike Scharf für die Unterstützung. Grundlage für das neue Heft war die Publikation „Von der flachen Erde bis zur Lügenpresse: Warum Verschwörungsmythen ein Problem sind und was Eltern und Fachkräfte dagegen tun können“ von BLM und aj aus dem Jahr 2021. Für die Zielgruppe „Leichte Sprache“ wurden die Inhalte gekürzt und stark vereinfacht sowie die Gestaltung überarbeitet. Nehmen Sie sich gerne die Broschüre „Gefährliche Verschwörungs-Geschichten: Das können Sie dagegen tun“ mit. Sie liegt hier im Saal aus.

Zudem gibt es seit vorletzter Woche neue Unterrichtsmaterialien des Medienführerscheins Bayern zum Umgang mit der medialen Darstellung von Krisen. Das Erdbeben in der Türkei und Syrien oder der bald einjährige Ukraine-Krieg – Anlässe, auf solche für Kinder und Jugendliche schwer verdaulichen Nachrichten einzugehen, gibt es leider genug… Deshalb hat die BLM-Stiftung Medienpädagogik Bayern für Lehrkräfte von Grund- und weiterführenden Schulen Materialien entwickelt, um junge Menschen im Umgang mit der Berichterstattung rund um Katastrophen und Krieg zu unterstützen. Hier geht mein Dank an die Bayerische Staatskanzlei, die den Medienführerschein seit Beginn fördert.

Und, last but not least: Das medienpädagogische Referentennetzwerk Bayern initiierte rund um den Safer Internet Day 40 Elternabende (zehn davon finanziert durch die BLM) für rund 1.500 interessierte Eltern. Dabei ging es im Schwerpunkt um ausgewogene Mediennutzung und „digitales Wohlbefinden“. Auch diese Infoveranstaltungen fördert die Bayerische Staatskanzlei – herzlichen Dank!

Broschüre Selbstdatenschutz

Und noch ein letzter Hinweis: Schon ein paar Tage vor dem Safer Internet Day hat die BLM zum Europäischen Datenschutztag die neue Broschüre „Sicher Online unterwegs – Tipps & Tricks zum Selbstdatenschutz“ veröffentlicht. Auch diese Broschüre liegt heute aus. Wir freuen uns, wenn Sie sie mitnehmen.